Insolvenzgericht Leipzig und der hybride Rechtsstaat

Was habe ich durch die Vertreter des hybriden Rechtsstaats bereits alles erlebt. Sie ließen keine Gelegenheit aus, sich über rechtliche Rahmenbedingungen, die zum ureigensten Schutz eines jeden Bürgers dienen, hinwegzusetzen. Hemmungen kennen sie dabei nicht.

Besonders deutlich wird dies bei meinem Insolvenzverfahren. Von Anfang an zielten die Vertreter der juristischen Kaste darauf ab, mir die Restschuldbefreiung, die jeder Schuldner nach sechs Jahren erlangen kann, zu versagen. Sie schreckten nicht einmal davor zurück, Anträge meinerseits zu unterschlagen.

Der hybride Rechtsstaat – Teil 7 – Skandal um die Restschuldbefreiung

Es ist eigentlich so unglaublich, dass man den eigenen Augen nicht traut: Am 24.11.2010 reichte ich beim Insolvenzgericht Leipzig einen Antrag auf Gewährung der Restschuldbefreiung ein. Damit sollten mir nach einer sechsjährigen Wohlverhaltensphase meine Verbindlichkeiten, die auf einen mehr als fragwürdigen Insolvenzantrag des Finanzamtes Grimma zurückgingen, erlassen werden.

Finanzamt Grimma stellt „politischen“ Insolvenzantrag

Auf die einzelnen Umstände habe ich auch in meinem Buch, „Der hybride Rechtsstaat“, das demnächst erscheinen wird, hingewiesen.

Der hybride Rechtsstaat – Teil 4 meines Tagebuchs

Mein Antrag auf Gewährung der Restschuldbefreiung trägt sogar den Eingangsstempel des Insolvenzgerichts Leipzig. Daher war sein Eingang eigentlich nicht zu leugnen.

Restschuldbefreiung25.11.2015

Dennoch bestritt das Insolvenzgericht wider besseres Wissen mehrere Jahre die Existenz dieses Antrags. Von Seiten eines deutschen – offensichtlich hybriden – „Gerichts“ stellt dies einen absolut abenteuerlichen Vorgang dar.

Chaos im Insolvenzgericht Leipzig nach Auftauchen meines ersten Antrags auf Restschuldbefreiung

Denn nicht nur der Abteilungsleiter Insolvenzen Dr. Bittner im Leipziger Insolvenzgericht, auch der Präsident des Amtsgerichts Leipzig, der Präsident des höchsten sächsischen Zivilgerichtes, des Oberlandesgerichtes Dresden, sowie der damalige sächsische Ministerpräsident wussten um die Existenz meines Antrags, unternahmen jedoch nichts. So jedenfalls steht es eindeutig in der richterlichen Verfügung vom 11.11.2015.

Restschuldbefreiung25.11.2015

Eigentlich hätte mir nach Ablauf von sechs Jahren die Restschuldbefreiung gewährt werden müssen. Nichts dergleichen tat das Leipziger Insolvenzgericht. Zunächst weigerte es sich für die Dauer von sechs Monaten, die Sache zu entscheiden, weil die Akten angeblich beim Landgericht Leipzig lägen. Man machte nicht einmal Anstalten, die Akten zurück zu holen. Dieses Verhalten zielte klar darauf ab, meine Restschuldbefreiung zu torpedieren.

Insolvenzgericht Leipzig – ein Tollhaus

Insolvenzgericht Leipzig – ein Tollhaus 2

Erst im August 2017, also mit einer sechsmonatigen Verzögerung, machte man sich an die Arbeit. Trotz mehrfacher Nachfragen tat sich jedoch bis zum heutigen Tage nichts.

Insolvenzgericht Leipzig torpediert Restschuldbefreiung

Meiner Meinung liegt dies daran, dass das Insolvenzgericht Leipzig von Anfang an vorhatte, mir die Restschuldbefreiung zu verweigern, damit ich nie wieder in den Anwaltsberuf zurückkehren kann. Die Geschehnisse in all den Jahren sprechen eine klare Sprache. Man hat mir mein engagiertes Eintreten für Bürger in Sachsen gegen die dortige Staatsregierung nie verziehen.

Sachsens ehemaliger Ministerpräsident Milbradt ordnet staatliche Verleumdungskampagne an

Es ist offensichtlich sinnlos, das Insolvenzgericht zu einer Entscheidung anzuhalten. Also habe ich mal wieder die Angelegenheit auf höchster Ebene, beim sächsischen Justizminister Gemkow, sozusagen einem alten „Freund“, vorgetragen.

Schreiben an Justizminister Gemkow vom 27.03.2018

Daran, dass dies in der Sache weiterhilft, glaube ich nicht. So wird der erneute Gang zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte unvermeidbar.

Insolvenzgericht Leipzig torpediert Restschuldbefreiung

Fast sieben Jahre ist es her, dass das Insolvenzgericht Leipzig das Insolvenzverfahren über mein Vermögen eröffnet hatte. Vorausgegangen war ein entsprechender Antrag des Finanzamtes Grimma, das mich mit völlig überzogenen Vorauszahlungen auf die Einkommenssteuer zur Strecke bringen wollte.

Finanzamt Grimma stellt „politischen“ Insolvenzantrag

Wenn man sich überlegt, was ich in den vergangenen sieben Jahren erlebt habe, glaubt man, man befinde sich in einem schlechten Film. Schon der Insolvenzantrag des Finanzamtes Grimma war rein ergebnisbezogen. Man setzte die Vorauszahlungen so hoch an, dass ich sie beim besten Willen nicht begleichen konnte. Dies hatte mit einer ordnungsgemäßen Steuerfestsetzung nicht das Geringste zu tun.

In dieses Bild passt es dann, dass mein Antrag auf Gewährung der Restschuldbefreiung im Insolvenzgericht Leipzig „verloren ging“. Man tat von Seiten der sächsischen Justiz wirklich alles, um eine Restschuldbefreiung meinerseits und damit eine Rückkehr in den Anwaltsberuf zu verhindern.

Der hybride Rechtsstaat – Teil 7 – Skandal um die Restschuldbefreiung

Damit, dass dieser Antrag später wieder auftauchen würde, hat wohl niemand auf Seiten meiner Gegner gerechnet. Ebenso wenig mit der Tatsache, dass er den Eingangsstempel des Insolvenzgerichts Leipzig trug.

Das Insolvenzgericht Leipzig und die Restschuldbefreiung – Teil 3

Insolvenzgericht Leipzig – ein Tollhaus

Antrag auf Restschuldbefreiung taucht wieder auf

Offensichtlich lässt sich das Insolvenzgericht nicht von seinem Kurs abbringen. Eigentlich muss nach der Insolvenzordnung nach Ablauf der sechsjährigen Wohlverhaltensphase über die Restschuldbefreiung entschieden werden. Das war vor nun einem Jahr. Das Insolvenzgericht Leipzig leitete dieses Verfahren jedoch erst mit einer sechsmonatigen Verspätung ein. Angeblich lagen ihm meine Akten nicht vor. Vielleicht waren sie ja – ähnlich wie mein Antrag auf Restschuldbefreiung – verloren gegangen.

Amtsgericht Leipzig torpediert Restschuldbefreiung weiterhin

Bis heute habe ich nichts mehr vom Insolvenzgericht gehört. Eine Entscheidung über meine Restschuldbefreiung ist seit einem Jahr überfällig. Es sieht derzeit so aus, als wolle das Insolvenzgericht das Verfahren nach besten Gründen verzögern. Dazu passt auch, dass es sechs Monate nach der verspäteten Einleitung des Verfahrens immer noch nicht zu einer Entscheidung gelangt ist.

Mit Rechtstaatlichkeit hat dies sicherlich nichts zu tun.

Der hybride Rechtsstaat – Teil 10 – Die eigenwilligen Methoden der Staatsanwaltschaft Leipzig

siehe ferner Der hybride Rechtsstaat – Teil 9 – Der Kampf um die Berufsunfähigkeitsrente

Der hybride Rechtsstaat – Teil 9 – Der Kampf um die Berufsunfähigkeitsrente

Kapitel 1: Die Verfolgung geht weiter

Seit nun fast 20 Jahren verfolgen die sächsischen Staatsanwaltschaften nahezu jeden meiner Schritte. Sie überzogen mich mit Ermittlungsverfahren, unterstellten mir alle denkbaren Straftaten und ließen es dabei an jeglicher Objektivität fehlen. Sie wollen unter allen Umständen eine Verurteilung erreichen. Erfolg hatten sie mit ihrer Strategie bislang nicht.

Ich wünschte mir, dass sie Strafanzeigen, die ich selbst eingereicht hatte, von der Staatsanwaltschaft mit der gleichen Leidenschaft verfolgt werden.

Immer wieder erstattete ich in der Vergangenheit Strafanzeigen gegen Personen, die mich betrogen hatten. Auf eine nachhaltige Resonanz stießen diese nie. In den meisten Fällen, sogar bei Schäden im siebenstelligen Bereich, weigerte sich die Staatsanwaltschaft, überhaupt Ermittlungen aufzunehmen. Dabei verzichteten vor allem diejenigen Staatsanwälte, die bislang mit Akribie gegen mich vorgingen, auf die notwendige Aufarbeitung begangenen Unrechts. Für die Strafverfolgung galten unterschiedliche Maßstäbe, je nachdem, wer betroffen war.

Die bei mir entstandenen Schäden stellten somit meine Privatangelegenheit dar. So sehr mich die Staatsanwaltschaft auf der einen Seite verfolgte, so sehr ließ sie meine Gegner auf der anderen Seite gewähren. Die Aufarbeitung von Unrecht darf jedoch nicht von persönlichen Motiven abhängen. In jedem Fall muss die Staatsanwaltschaft ihrer Unabhängigkeit Rechnung tragen.

So mancher meiner Gegner wurde durch die spürbare Apathie von Seiten der Staatsanwaltschaft zu weiteren Straftaten angespornt. Sie wussten, dass sie nichts zu befürchten hatten.

Die Staatsanwaltschaft war mit ihrem eigenwilligen Vertriebsmodell – wie vertreibe ich einen Menschen aus Sachsen? – am Ende erfolgreich. Dass ich das Kapitel Leipzig tatsächlich abgehakt habe, scheint mir bis heute dennoch niemand in dieser Behörde zu glauben. Die Staatsanwaltschaft betreibt „business as usual“. Ihr Auftrag ist noch lange nicht erledigt.

Donnerstag, 1. Dezember 2011

Heute wollte die Staatsanwaltschaft Leipzig einen wichtigen Etappensieg erringen. Es stand die Hauptverhandlung in einem Strafverfahren an, welches auf die letzte Anklage der Staatsanwältin Eßer-Schneider zurückging.

Ich hatte Zahlungen für eine Mandantin einbehalten, weil mir diese ein Honorar in Höhe von 300.000 € schuldig blieb. Dies entsprach einer unter Anwälten normalen Vorgehensweise. In meinem Fall sah meine persönliche Staatsanwältin darin ein strafbares Verhalten.

Dass Eßer-Schneider in ähnlichen Fällen gegen Berufskollegen vorgegangen wäre, ist mir nicht bekannt. Genauso wenig interessierte sie sich für meine Mandantin, die mich um viel Geld geprellt hatte. Sofern mich Mandanten finanziell schädigten, sah sie hierin kein strafbares Verhalten.

Zur Überraschung der Staatsanwaltschaft Leipzig konnte die Hauptverhandlung nicht stattfinden. Vielmehr musste sie ihren Angriffen auf mich Tribut zollen. Denn meine Neurologin Dr. Mehnert hatte mir eine Verhandlungsunfähigkeit testiert.

Allerdings bot mir die Staatsanwaltschaft gleich einen Deal an, sollte ich trotzdem zur Hauptverhandlung erscheinen. Sie sei bereit, das Strafverfahren zu beenden, sollte ich einer Verurteilung zu 90 Tagessätzen zustimmen. Damit wäre ich nicht vorbestraft.

Dennoch lehnte ich ab. In der Sache hatte ich mir nichts vorzuwerfen. Ich bestand darauf, meine Sichtweise im Fall meiner Gesundung darzulegen.

Dienstag, 27. März 2012

Nun musste das Landgericht Leipzig ein Gutachten über meine Verhandlungsunfähigkeit einholen. Hierzu schaltete es Dr. Steinkirchner vom Landgericht Ingolstadt ein. Nach Auffassung der Staatsanwaltschaft Leipzig war meine Verhandlungsunfähigkeit nur vorgespielt. Von mir vorgelegte Gutachten wurden von ihr stets als reine Gefälligkeitsarbeiten abgetan.

Dr. Steinkirchner war jedoch anderer Meinung. Nach eingehender Untersuchung stellte er eine starke Bewusstseinsstörung, insbesondere schwere Depressionen, fest. Ich war seiner Meinung nach für mindestens ein Jahr nicht in der Lage, mich um meine Strafverteidigung zu kümmern. Damit bestätigte er die zuvor bereits von Dr. Mehnert diagnostizierte Verhandlungsunfähigkeit.

Freitag, 17. Mai 2013

Die ständigen ärztlichen Begutachtungen setzten mir stark zu. Erneut ließ mich die Staatsanwaltschaft Leipzig von Dr. Steinkirchner untersuchen. Seit seiner letzten Untersuchung blieb ich von belastenden Außenreizen weitgehend verschont. Mein Gesundheitszustand hatte sich etwas verbessert. Für Dr. Steinkirchner war dies Grund genug, nun meine Verhandlungsfähigkeit zu testieren.

Meine beiden Untersuchungen bei ihm hatten etwas Bizarres, Surreales. Richtig nachvollziehen kann ich den Zweck dieser Veranstaltungen bis heute nicht. Was hilft die Feststellung meines Gesundheitszustandes an einem bestimmten Tag, wenn sich dies aufgrund höherer Außenreize später ins absolute Gegenteil umkehren wird?

Die Begutachtung befasste sich nicht mit der Frage, ob ich aufgrund meiner psychischen Erkrankung während eines Hauptverhandlungstermins in der Lage war, mich angemessen zu verteidigen und mich den gegen mich erhobenen Vorwürfen zu stellen. Hierauf kommt es jedoch aus rechtsstaatlicher Sicht an.

Mein Strafverteidiger Curt-Mathias Engel sollte später einmal erklären, dass es eine Verhandlungsunfähigkeit ohnehin nur auf dem Papier gibt. In der Praxis komme diese nicht vor. Vielleicht liegt dies an dem Gutachterauftrag des jeweiligen Gerichts. Jedenfalls enthielt die Einschätzung von Dr. Steinkirchner keine zukünftige Prognose. Es handelte sich um eine reine Momentaufnahme.

Mittwoch, 14. Januar 2014

Wenig später wurde ich in meinen Zweifeln über die Sinnhaftigkeit dieser Untersuchungen bestärkt. Das Landgericht Leipzig setzte wieder einen Hauptverhandlungstermin an. Dank ihrer hohen medizinischen Expertise war die Staatsanwaltschaft von meiner Genesung überzeugt.

Doch wieder einmal sollte es anders kommen. In den Tagen vor dem Gerichtstermin verschlechterte sich mein Gesundheitszustand dramatisch. Meine Psyche, die besonders auf von der sächsischen Justiz ausgehende Reize reagierte, machte der Staatsanwaltschaft einen Strich durch die Rechnung. Seit Tagen hatte ich nichts mehr gegessen. Ich lag nur noch auf der Couch und reagierte nicht mehr. Die Außenwelt nahm ich nicht mehr wahr.

Zwei Tage zuvor noch hatte ich meine Neurologin Dr. Mehnert aufgesucht. Diese empfahl mir nachhaltig, mich stationär im Klinikum Ingolstadt behandeln zu lassen. Auch sie glaubte offensichtlich nicht mehr an einen außerhalb des Krankenhauses erzielbaren Behandlungserfolg.

Nachdem sich mein Gesundheitszustand weiter verschlechterte, fuhr mich meine damalige Lebensgefährtin in die Notaufnahme des Krankenhauses. Dort schlug man die Hände vor dem Gesicht zusammen. Mein Blutdruck war zwischenzeitlich auf über 200 angestiegen, die fehlende Nahrungsaufnahme hatte mich stark geschwächt, weshalb ich sogleich Infusionen bekam. Die Ärztin in der Notaufnahme verlegte mich auf die Intensivstation der Depressionsabteilung. Ohne diese Maßnahme hätte ich wahrscheinlich den morgigen Tag nicht mehr erlebt.

Damit musste der Gerichtstermin in Leipzig erneut abgesagt werden. Wieder einmal machte meine Erkrankung der Aufarbeitung der gegen mich gerichteten Vorwürfe einen Strich durch die Rechnung.

Freitag, 13. Februar 2014

Meine Ärzte im Klinikum Ingolstadt gaben ihr Bestes. Etwa zwei Wochen nach meiner Aufnahme gab es aufgrund der verabreichten schweren Psychopharmaka eine erste Stabilisierung meiner Gesundheit. Meine Ärzte ermöglichten mir nun sogar, meinem Hobby, dem Kampfsport nachzugehen.

Dreimal in der Woche durfte ich die Taekwondo-Schule von Claus Moos, die sehr familiär ausgelegt ist, besuchen. Für die Behandlung von Depressionen ist sportliche Betätigung wichtig. Vor allem meine Taekwondo-Schule trug zu einer Stabilisierung bei. Diese war längst zu meiner Heimat geworden. Ich erzählte meinem Trainer Claus einmal, er habe mir das Leben gerettet. Er glaubt zwar eher an einen Scherz. Ich meinte dies dagegen ernst. Vor allem der Umgang mit meinen Sportsfreunden tat meiner Seele gut.

Nun wurde ich entlassen. Mein Gesundheitszustand hatte sich weiter gebessert. Ich machte die ersten Schritte zurück in mein früheres Leben.

Eine Heilung war während meines einmonatigen Aufenthalts im Klinikum Ingolstadt dagegen nicht möglich. Zu tief hatten sich die Auslöser meiner Erkrankung in meine Psyche eingegraben. Die verabreichten Medikamente halfen so gut es ging. Die weitere Behandlung sollte ambulant erfolgen. Gegen Rückschläge wappnete mich dies jedoch nicht.

Mittwoch, 20. Mai 2015

Nun waren bereits sieben Jahre seit der Erstattung der Strafanzeige ergangen. Heute erhielt ich wieder Post von meinem Strafverteidiger Curt-Mathias Engel aus Leipzig.

Der Kontakt zu ihm war in den vergangenen Jahren fast verloren gegangen, denn die Korrespondenz und die ständige Konfrontation mit der Staatsanwaltschaft Leipzig lösten bei mir immer wieder schwere Rückfälle aus. Ich versuchte nach Kräften, mich diesen Einflüssen zu entziehen. Daher antwortete ich weder auf die Schreiben meines Strafverteidigers noch auf seine Anrufe. Es ist ihm hoch anzurechnen, dass er mich selbst unter den schwierigsten Rahmenbedingungen immer unterstützt hat.

Für meine Erkrankung ist dieses Verhalten typisch. Die Psyche blockt unerfreuliche Ereignisse nahezu vollständig ab. Im günstigsten Fall reagiert der Betroffene mit Flucht. In dieser Situation ist niemand in der Lage, sich belastenden Ereignissen zu stellen. Darunter leidet nicht nur die allgemeine Lebensführung, sondern natürlich auch die Verteidigungsfähigkeit.

Langsam verlor die Staatsanwaltschaft Leipzig die Lust auf das von ihr eingeleitete Strafverfahren. In all den Jahren zuvor war sie keinen Schritt weitergekommen. Mein Strafverteidiger teilte mir nun mit, die Staatsanwaltschaft sei bereit, das Strafverfahren gegen mich gegen Zahlung von 5.000 € für gemeinnützige Zwecke einzustellen. Von einer Verurteilung sprach dagegen niemand mehr.

Eigentlich waren das gute Nachrichten. Es bestand die Chance, die mit diesem Strafverfahren verbundenen psychischen Belastungen zu beenden. Dennoch sah ich in diesem Vorschlag den erneuten Versuch einer Erpressung. Schließlich war es nicht das erste Mal, dass die Staatsanwaltschaft Leipzig mich mit Vorwürfen konfrontierte, um im Ergebnis eine Geldzahlung zu verlangen. Ich verfolgte dagegen meine Rehabilitation.

Zudem wollte ich die Staatsanwaltschaft in einer Hauptverhandlung mit ihrer Ermittlungsarbeit konfrontieren. Schließlich hatte sie trotz meiner wiederholten Forderungen meinen Kronzeugen Holger Mißbach nicht vernommen. Seine Vernehmung war nun aufgrund seines Todes nicht mehr ermöglich.

Eine Entscheidung über die Geldzahlung musste ich allerdings nicht treffen. Der von der Staatsanwaltschaft geforderte Betrag überstieg meine wirtschaftlichen Möglichkeiten um ein Vielfaches. Anscheinend glaubte die Staatsanwaltschaft immer noch, dass ich über ein nachhaltiges Einkommen verfüge. Daher äußerte ich mich zum Vorschlag der Staatsanwaltschaft nicht.

Freitag, 28. Oktober 2016

Zum ersten Mal seit mehreren Monaten trat ich wieder die Reise nach Leipzig an. Lange zuvor dachte ich darüber nach, ob ich mich nicht wieder in ein Krankenhaus einweisen lassen soll. Bislang hatte ich die dringende Empfehlung meines Offenbacher Neurologen Dr. Wichmann, mich langfristig in einer auf Depressionen spezialisierten Klinik stationär behandeln zu lassen, ignoriert.

Am Ende siegte mein Wille, mich am Amtsgericht Leipzig zu verteidigen. Die Staatsanwaltschaft hatte mich auf eine Anzeige meines Insolvenzverwalters Rüdiger B. wegen Bankrotts angeklagt. Staatsanwalt Mörsfelder warf mir vor, ich hätte Teile meines Vermögens auf Dritte übertragen, um meine Gläubiger zu schädigen.

An den Vorwürfen war nichts dran. Allerdings verzichtete ich im Vorfeld darauf, mich überhaupt zu den Vorwürfen der Staatsanwaltschaft Leipzig zu äußern. Zu grenzenlos war mein Misstrauen gegenüber dieser Anklagebehörde. Nun verlas ich vier Stunden lang meine Aussage und stellte die Vorwürfe richtig. Staatsanwalt Mörsfelder erklärte, er kenne meine Darstellung, er halte sie jedoch für unrichtig.

Bezeichnenderweise hatte die Staatsanwaltschaft Leipzig zunächst auch meine damalige Lebensgefährtin wegen derselben Vorwürfen angeklagt. Für diese erarbeitete ich eine Stellungnahme, die sich mit meiner Aussage inhaltlich weitgehend deckte. Deshalb erzählte ich Staatsanwalt Mörsfelder in der Sache wirklich nichts Neues. Dass die von meiner ehemaligen Lebensgefährtin eingereichte Stellungnahme von mir verfasst worden war, wusste Staatsanwalt Mörsfelder dagegen nicht.

Bei völlig identischem Sachverhalt behandelte Staatsanwalt Mörsfelder meine frühere Lebensgefährtin jedoch anders als mich. Während er das Strafverfahren gegen diese einstellte, verfolgte er die gegen mich gerichteten Vorwürfe weiter.

Wieder einmal erfuhr ich eine Sonderbehandlung. Staatsanwalt Mörsfelder war nicht bereit, in meinem Fall entlastende Tatsachen, die bei meiner Lebensgefährtin zur Verfahrenseinstellung geführt hatten, ähnlich zu bewerten. Gewundert hat mich dies allerdings nicht.

Freitag, 4. November 2016

Es war der zweite Verhandlungstag in meinem Strafverfahren wegen Bankrotts. Heute wollte ich mich den Fragen des Gerichts stellen.

Doch es kam anders: Unmittelbar nach Beginn der Verhandlung erklärte das Amtsgericht, aufgrund meiner Stellungnahme, in der ich Aussagen zu meiner psychischen Erkrankung und zwei Suizidversuchen gemacht hatte, müsse ich erneut durch einen Gutachter untersucht werden. Es ging darum zu klären, ob ich überhaupt schuldfähig sei. Dies sei jedoch eine wesentliche Voraussetzung des Strafprozesses und gleich am Anfang zu prüfen. Wieder einmal eine gerichtlich angeordnete ärztliche Begutachtung.

Nach kurzer Zeit war die Verhandlung beendet und ich trat die Rückreise nach Offenbach an. Damit stand eine weitere nervenärztliche Evaluierung bevor.

Samstag, 27. Mai 2017

Am heutigen Tage untersuchte mich der vom Amtsgericht eingesetzte Gutachter, der Leipziger Hochschulprofessor Dr. Schönknecht, ein zweites Mal. Bereits drei Wochen zuvor hatte er sich intensiv mit mir befasst.

Im Gegensatz zu seinen Vorgängern gab sich Prof. Dr. Schönknecht deutlich mehr Mühe. Während diese glaubten, innerhalb von 90 Minuten meine Lebenssituation und meine Erkrankung aufarbeiten zu können, nahm sich Schönknecht deutlich mehr als 10 Stunden Zeit. Er blickte tief in meine malträtierte Seele und arbeitete insbesondere diejenigen Ereignisse auf, die eine deutliche Verschärfung meines Gesundheitszustandes ausgelöst hatten.

Nach seiner Auffassung konnte eine Schuldunfähigkeit in meinem Fall nicht ausgeschlossen werden. Dieses Ergebnis passte der Staatsanwaltschaft Leipzig überhaupt nicht. Sie verlangt nun, die früher gerichtlich bestellten Gutachter ebenfalls zu vernehmen, obwohl sich diese nur mit meiner Verhandlungsunfähigkeit, nicht dagegen mit meiner Schuldfähigkeit beschäftigt hatten.

Am Ende erwiesen sich die seit 20 Jahren andauernden Attacken der sächsischen Staatsanwaltschaften als kontraproduktiv. Ob es überhaupt zu einer Aufarbeitung der gegen mich gerichteten Vorwürfe kommen wird, bleibt abzuwarten.


 

Kapitel 2: Staatsanwaltschaft Leipzig – Straftaten bleiben ungesühnt

Die Ermittlungsarbeit der Staatsanwaltschaft Leipzig sehe ich nicht nur aufgrund der vehementen Verfolgung meiner Person kritisch. Dieselbe Vehemenz ließ die Staatsanwaltschaft an anderer Stelle vermissen, nämlich wenn es darum ging, Straftaten, die gegen mich gerichtet waren, aufzuarbeiten. Bezeichnenderweise tat sich dabei vor allem Staatsanwalt Mörsfelder, der die Staatsanwaltschaft in meinem Strafverfahren wegen Bankrotts vertrat, hervor.

Freitag, 30. Juli 2010

Ich stand im wahrsten Sinne des Wortes vor einem Scherbenhaufen. Was Jahre zuvor hoffnungsfroh begonnen hatte, schien nun zerstört. Vorbei war meine Hoffnung, mich von meinem Anwaltsberuf unabhängig zu machen.

Doch was war geschehen?

Vor fünf Jahren gewann mich mein damaliger Freund Lap K. für die Idee, Biogasanlagen zu errichten. Seine Geschichte hatte mir imponiert. Im Alter von 6 Jahren fischte ihn die Cap Anamur aus dem südchinesischen Meer, auf der Flucht vor dem sozialistischen Regime in Vietnam. Überprüfen konnte ich das natürlich nicht. Seitdem arbeitete er fleißig und betrieb eine Kartbahn in Grimma.

Der Bau von Biogasanlagen steckte damals noch in den Kinderschuhen. Sie waren ein wichtiger Teil der Energiewende, hin zu grünen Energieträgern. Da Lap K. über kein Kapital verfügte, kam mir die Aufgabe des Investors zu. Ich sollte die benötigten Gelder als Darlehen bereitstellen. In der Spitze investierte ich mehr als 1,3 Millionen € für drei verschiedene Anlagen. Im Gegenzug gehörten mir 50 % der Biogasanlagen und eröffneten mir die Aussicht auf die entsprechenden Erträge.

Leider spielte Lap K. falsch. Geblendet von den glänzenden Verdienstmöglichkeiten stellte er sich die Frage, warum er den Kuchen noch mit mir teilen sollte. Meine umfangreichen finanziellen Hilfen vergaß er von einem Tag auf den anderen. Weder zahlte er in der Folgezeit Gewinne aus dem Betrieb der Anlagen aus noch dachte er an die Rückzahlung meiner Darlehen.

Informationen des Buschfunks besagten seit 2009, er wolle mich aus den Anlagen herausdrängen und mir die Liquidität abschneiden. Er plante, mich in die Insolvenz zu treiben, zumal er meine auf die Investitionstätigkeit zurückgehenden steuerlichen Probleme kannte. Er rechnete fest damit, eine kostengünstige Einigung mit meinem Insolvenzverwalter erzielen zu können. Und genau dies geschah nun.

Die Anteile an den Biogasgesellschaften hatte ich bereits Anfang November 2009 auf meine Lebensgefährtin übertragen. Schon damals sah ich mein Verhältnis zu Lap K. mit Sorge und fürchtete, dass sich die Gerüchte bewahrheiten würden.

Mit der Übertragung der Anteile wappnete ich mich für einen späteren Rechtsstreit. Aufgrund der Anteilsübertragung stand ich in den bevorstehenden Gerichtsverfahren als Zeuge zur Verfügung. Gerade für meine Darlehen und die Absprachen mit Lap K., die bewiesen werden mussten, war dies wichtig. Während meiner früheren engen Freundschaft zu ihm hatte ich davon abgesehen, die Darlehensverträge schriftlich abzufassen. Das war ein kapitaler Fehler. Vor allem für einen Rechtsanwalt. Gegenüber „Freunden“ war ich einfach zu gutgläubig.

Anfang Mai 2010 gab mich Lap K. zum Abschuss frei und zeigte sich absolut kompromisslos. Wenig später zog er die Anteile meiner Lebensgefährtin an den Biogasanlagen ein. Meine Darlehen zahlte er auch in der Folgezeit nicht zurück. Somit war ich nicht in der Lage, die Steuerforderungen des Finanzamts Grimma, die dieses gegen mich festgesetzt hatte, zu bedienen. Die weitere Entwicklung ist dem Leser bekannt.

Jetzt lagen sie vor mir, die Trümmer meines Gutmenschentums. Warum gingen meine Warnlampen erst so spät an? Mir lief endgültig die Zeit davon. Also erstattete ich gegen meinen ehemaligen Freund eine umfangreiche Strafanzeige.

Wegen der offenen Zahlungen lag meiner Meinung nach ein hinreichender Tatverdacht für ein betrügerisches Handeln sowie Untreue vor. Dies galt insbesondere aufgrund der Tatsache, dass mein ehemaliger Freund seine Strategie zuvor eingehend geplant hatte.

Lap K. belastete zudem die Biogasgesellschaften massiv mit eigenen Kosten und schraubte diese ständig weiter in die Höhe. Außerdem ließ er sich hinter meinem Rücken für die Errichtung der Biogasanlagen eine Provision in Höhe von mehreren hunderttausend Euro auszahlen. Das empfand ich als ausgesprochen unschön, da ich gleichzeitig die Errichtung der Anlagen mit viel Geld finanziert hatte. Seinen gegen mich eingeschalteten Rechtsanwalt Götz aus Leipzig vergütete Lap K. ebenfalls über die Firmenkonten der Biogasanlagen.

Sehr ausführlich befasste ich mich in meiner Strafanzeige mit den gegen ihn gerichteten Vorwürfen. Gleich dreimal erweiterte ich diese in den Jahren 2010 und 2011 und machte die Staatsanwaltschaft auf weitere Straftaten aufmerksam.

Damit begann ein Wirtschaftskrimi. Für die Staatsanwaltschaft Leipzig gab es Einiges zu tun.

Dienstag, 20. Dezember 2011

Mehr als ein Jahr musste ich auf die Antwort der Staatsanwaltschaft warten. Unmittelbar vor Weihnachten teilte mir Staatsanwältin Siler mit, sie sehe keinerlei Anhaltspunkte für Straftaten meines ehemaligen Geschäftspartners und lehnte die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens ab.

Ich war wie vor den Kopf geschlagen. Lap K. war mir hohe Beträge schuldig geblieben. Und dies sollte nicht einmal Ermittlungen der Staatsanwaltschaft auslösen? Mit welchem Maßstab ging diese Behörde überhaupt vor? Während sie mich massiv verfolgte entgingen Personen, die mich finanziell vernichtet hatten, ihrer Strafverfolgung.

Die Staatsanwaltschaft Leipzig entschied nun einmal darüber, wen sie als Verbrecher ansah und wen sie entkommen ließ.

Freitag, 29. Juni 2012

Ein halbes Jahr später bestätigte Staatsanwältin Siler erneut die fehlende Ermittlungsbereitschaft der Staatsanwaltschaft. Dieses Mal hatte Lap K. in meinem Insolvenzverfahren Forderungen in Höhe von 750.000 € angemeldet, wahrscheinlich, um Verhandlungsmasse gegenüber meinem Insolvenzverwalter zu schaffen.

Seine Ansprüche waren frei erfunden. Ich hätte – so Lap K. – massiv in die Kasse gegriffen. In Wirklichkeit handelte es sich um die Rückzahlung eines Teils der ausgereichten Darlehen, die sämtlich von Lap K. veranlasst worden waren. Dieses Geld wollte er nun wiederhaben. Meiner Meinung nach ging es hierbei um Betrug. Denn er hatte gegenüber meinem Insolvenzverwalter den Sachverhalt falsch dargestellt.

Staatsanwältin Siler sah dies jedoch anders. Sie verweigerte erneut die Einleitung von Ermittlungen gegen Lap K. Am Ende überraschte mich nichts mehr. Gleich drei Strafanzeigen verliefen im Sand.

Freitag, 25. Oktober 2013

Meine bisherigen Versuche, die Staatsanwaltschaft zur Aufnahme von Ermittlungen gegen Lap K. zu bewegen, waren alle gescheitert. Es traf sich gut, dass zwischenzeitlich meine Schwester Charlotte die Anteile an den Biogasgesellschaften erworben hatte. Vielleicht würde die Staatsanwaltschaft in ihrem Fall unbefangener mit dem Sachverhalt umgehen.

Dieses Mal ließ ich meine Schwester die Strafanzeige unterzeichnen. Auf mehr als 100 Seiten aktualisierte ich meine gegen Lap K. gerichteten Vorwürfe. Nun ging es nicht nur um finanzielle Ansprüche. Auch das Verhalten meines ehemaligen Geschäftspartners vor dem Amts- sowie dem Landgericht Leipzig sollte aufgearbeitet werden. Dort hatte er mehrfach unwahr vorgetragen.

Mit meinen handbuchmäßigen Ausführungen hoffte ich, die Staatsanwaltschaft überzeugen zu können. Vielleicht würde sie ja ihre Vorgehensweise ändern, wenn nicht ich, sondern meine Schwester Charlotte als Anzeigenerstatter auftrat.

Ich bat meine Schwester darum, diese Strafanzeige direkt an den sächsischen Ministerpräsidenten Tillich zu versenden und diesen auf die bisherige Untätigkeit der Staatsanwaltschaft hinzuweisen. Sie kündigte in ihrem Brief an, den Freistaat gegebenenfalls auf Schadensersatz zu verklagen, sollten keine Ermittlungen aufgenommen werden.

Eine Reaktion auf dieses Schreiben blieb die sächsische Staatskanzlei schuldig.

Dienstag, 15. Juli 2014

Die Antwort der Staatsanwaltschaft auf die Strafanzeige meiner Schwester war ein weiterer Tiefschlag. Inzwischen hatte sich Staatsanwalt Mörsfelder eingeschaltet, eben jener Staatsanwalt, der mich mit Vehemenz wegen eines vermeintlich betrügerischen Bankrotts verfolgte. Staatsanwalt Mörsfelder besaß nun die Chance, die Dinge gerade zu rücken.

Welchen Maßstab Staatsanwalt Mörsfelder anlegte, stand nun schwarz auf weiß geschrieben. Er lehnte die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen meinen ehemaligen Geschäftspartner ebenfalls ab.

Mörsfelder sah im Hinblick auf die offenen Zahlungen keinerlei Straftat. Es handele sich um die bloße Nichtzahlung einer Forderung, so die Staatsanwaltschaft Leipzig. Dass diese Nichtzahlung auf strafbaren Motiven beruhte, interessierte ihn nicht. Gleiches galt hinsichtlich meiner Darlehen. Diese seien zwischenzeitlich verjährt – was falsch war – und müssten schon aus diesem Grund nicht zurückgezahlt werden. Mörsfelder weigerte sich auch, der Zahlung der Rechtsanwaltskosten über die Firmenkonten der Biogasgesellschaften durch Lap K. nachzugehen.

Damit verhinderte die Staatsanwaltschaft eine strafrechtliche Aufarbeitung der umfangreichen Vorwürfe. Sie ließ mich im Regen stehen.

Sonntag, 8. Februar 2015

Nicht nur die Staatsanwaltschaft Leipzig beschäftigte sich mit den Auseinandersetzungen um die Biogasgesellschaften. Aufgrund ihrer Untätigkeit war mein ehemaliger Geschäftspartner nun besonders mutig geworden.

Anfang Oktober 2011 hatten die von Lap K. geführten Biogasgesellschaften beim Amtsgericht Leipzig Klage erhoben und wollten feststellen lassen, dass die Einziehung der Geschäftsanteile an den Gesellschaften wirksam ist. Da Lap K. jedoch eine falsche Anschrift angegeben hatte, wurde die Klage meiner Lebensgefährtin nie zugestellt. Auch eine Ladung zum Termin zur mündlichen Verhandlung ging nie zu.

Trotz der fehlenden Zustellungen, insbesondere der Ladung zur mündlichen Verhandlung, erließ das Amtsgericht Leipzig am 9. Januar 2012 ein Versäumnisurteil und gab der Klage von Lap K. in vollem Umfang statt. An diesem Versäumnisurteil war rechtlich alles falsch, was falsch sein konnte.

Aufgrund des Streitwerts war das Amtsgericht bereits nicht zuständig. Geklagt hatten außerdem die Biogasgesellschaften anstatt meines ehemaligen Geschäftspartners, womit ein falscher Kläger die Bestätigung der Wirksamkeit der Einziehung verlangte. Nicht zuletzt scheiterte der Erlass eines Versäumnisurteils an der fehlenden Ladung zum Termin zur mündlichen Verhandlung.

Jeder dieser Gründe bringt eine derartige Klage normalerweise zu Fall. Das Amtsgericht machte sich die Sache jedoch einfach. Und nicht nur das: Auch das Versäumnisurteil wurde nicht zugestellt, so dass hiergegen nicht einmal Einspruch eingelegt werden konnte. Eklatanter konnten rechtsstaatliche Grundsätze nicht ausgehebelt werden. Wer nichts von einer Klage oder einem Urteil weiß, kann sich hiergegen nicht zur Wehr setzen.

Die Auseinandersetzung mit meinem ehemaligen Geschäftspartner belegt exemplarisch die hohen Hürden, auf die Rechtsschutzsuchende treffen. In Sachsen war die Kluft zwischen Recht haben und Recht bekommen besonders groß.

Als ich mehr als ein halbes Jahr später durch einen Zufall Kenntnis vom Versäumnisurteil des Amtsgerichts erhielt, schäumte ich vor Wut. Ich legte Einspruch ein und erzwang eine Wiederaufnahme des Verfahrens sowie eine Verweisung des Rechtsstreits an das Landgericht Leipzig. Dieses hob das Versäumnisurteil des Amtsgerichts wenig später auf und wies die Klage meines ehemaligen Geschäftspartners ab.

Ärgerlich war vor allem, dass Lap K. den Rechtsstreit immer noch von den Biogasgesellschaften bezahlen ließ. Um die Honorarrechnungen seines Rechtsanwalts Götz auszugleichen, griff er tief in die Kasse. Mehr als 350.000 € hatte er dafür aufgewandt, um meine Schwester aus den Biogasgesellschaften zu drängen. Dadurch reduzierte sich auch der Gewinn, der auf ihre Geschäftsanteile entfiel. Die Jahresabschlüsse der Biogasgesellschaften belegen diesen Vorwurf eindeutig.

Lap K. machte zudem aus dieser Praxis auf Nachfrage keinen Hehl. Bislang sah die Staatsanwaltschaft jedoch keinen Anlass, hiergegen zu ermitteln.

Also erstattete meine Schwester erneut Strafantrag gegen Lap K. sowie seine Anwälte wegen des Verdachts der Veruntreuung bzw. Betrugs. Nun allerdings geschah etwas: Meine Schwester wurde von der Staatsanwaltschaft als Zeugin geladen.

Dumm war nur, dass meine Schwester keinerlei Detailkenntnis besaß und demzufolge auch keine Angaben zur Sache machen konnte. Hierauf wies ich die Staatsanwaltschaft mehrfach hin und verlangte stattdessen meine Vernehmung. Schließlich hatte ich die Auseinandersetzungen mit Lap K. an vorderster Front betreut.

Der Ladung zur Zeugenvernehmung konnte meine Schwester krankheitsbedingt nicht folgen. Das von ihr vorgelegte Attest akzeptierte die Staatsanwaltschaft Leipzig allerdings nicht und verhängte wegen der Nichtwahrnehmung des Termins ein Bußgeld in Höhe von 500 €. Nachdem dieses nicht gezahlt wurde, erließ sie gegen meine Schwester einen Haftbefehl und befahl dessen Vollstreckung, worauf meine Schwester schließlich einlenkte. Für ihre Strafanzeige wurde meine Schwester daher von der Staatsanwaltschaft Leipzig empfindlich gemaßregelt.

Die Vernehmung meiner Person unterblieb dagegen bis zum heutigen Tage.

Damit machte die Staatsanwaltschaft Leipzig mehr als klar, gegen wen sie vorgehen wollte bzw. gegen wen nicht. Über einen Haftbefehl gegen Lap K. hat sie dagegen zu keinem Zeitpunkt nachgedacht, obwohl die Gefahr bestand, dass sich dieser in sein Heimatland Vietnam absetzt.

Bis zum heutigen Tag sind keine belastbaren Aktivitäten der Staatsanwaltschaft Leipzig feststellbar. Sie ließ meinen ehemaligen Geschäftspartner auch weiterhin gewähren. Und der ergriff die Gelegenheit beim Schopf. Was sollte ihm auch geschehen?

Alles was ich in der Vergangenheit unternommen hatte, war vergeblich. Normalerweise sollten Strafverfahren auch dazu dienen, dass Täter unter dem Druck der laufenden Ermittlungen ihre Vorgehensweise ändern. Bei Lap K. war das Gegenteil der Fall.

Das Ganze stellt ein Paradebeispiel dafür dar, wie wenig rechtsstaatliche Grundsätze bei der Verfolgung von Straftaten innerhalb der Staatsanwaltschaft Leipzig eine Rolle spielen. Selbstverständlich besaßen wir ein Recht darauf, von Straftaten verschont zu werden. Bei der Staatsanwaltschaft stießen wir jedoch auf taube Ohren.

Montag, 18. Januar 2016

Trotz all meiner negativen Erfahrungen im Umgang mit der sächsischen Justiz war für mich Aufgeben nie eine Option. Zugegeben, meine Gegner schlugen mich immer wieder nieder. Oft war ich während langer depressiver Phasen kampfunfähig und nicht in der Lage, meine Meinung vorzutragen. Am Ende stand ich allerdings wieder auf, obwohl dies eher auf ein Selbstmordkommando hinauslief.

Trotzdem drängte ich weiter auf eine strafrechtliche Aufarbeitung meiner Auseinandersetzungen mit Lap K. Zwischenzeitlich beschäftigte sich das Oberlandesgericht in Dresden mit der Einziehung der Geschäftsanteile an den Biogasgesellschaften. Mehrere Beweisaufnahmen führten für ihn zu einem desaströsen Ergebnis, da diese meine Rechtsauffassung bestätigten. Längst war klar, dass Lap K. hemmungslos gelogen hatte.

Je nach Verfahrensstand belegte ich Lap K.‘s Vorgehensweise mit einer neuen Strafanzeige. Für die Staatsanwaltschaft Leipzig ist dieser Arbeitsanfall zwar beschwerlich, vielleicht kann ich sie trotzdem noch zu einem Umdenken veranlassen. Eine Reaktion ihrerseits steht bislang immer noch aus.

Donnerstag, 26. Oktober 2017

Der Nachmittag brachte einen Paukenschlag. Und wieder war es ein Unerfreulicher. Über die beiden Biogasgesellschaften wurde das Insolvenzverfahren eröffnet, und der Leipziger Rechtsanwalt Axel Roth zum Insolvenzverfahren bestellt.

Aus dem Eröffnungsbeschluss konnte ich außerdem entnehmen, dass Lap K. seine Anschrift inzwischen nach England verlegt hatte. Offensichtlich plant er dort ein Insolvenzverfahren, um seine Gläubiger restlos zu prellen. Nach britischem Recht ist eine Restschuldbefreiung nach 1-2 Jahren möglich.

Genau diese Entwicklung hatte ich in meinen Strafanzeigen gegen Lap K. vorhergesagt und sogar den Erlass eines Haftbefehls wegen Fluchtgefahr angeregt. Geschehen ist allerdings nichts. Dabei wäre es ein Leichtes gewesen, seinen Reisepass sicherzustellen.

Damit sind meine deutlich im siebenstelligen Bereich liegenden Ansprüche wertlos. Ob Lap K. strafrechtlich zur Rechenschaft gezogen wird – nach Aussage des Insolvenzverwalters Axel Roth hat er die Gesellschaften ausgecasht – bleibt abzuwarten.

Bedanken kann ich mich hierfür vor allem bei der Staatsanwaltschaft Leipzig. Auch die Dauer der Gerichtsverfahren – das Verfahren vor dem Oberlandesgericht läuft immer noch an – spielte Lap K. in die Hände. Selbst nach sechs Jahren liegt noch eine rechtskräftige Entscheidung über die Unwirksamkeit der Einziehungsbeschlüsse vor. Ob diese überhaupt noch ergehen wird, ist bislang offen.

Von einem effektiven Rechtsschutz kann jedenfalls nicht gesprochen werden.

Dienstag, 28. November 2017

Es ist ein weiteres unwürdiges Kapitel über die hybride sächsische Justiz. Wieder einmal verweigert die Staatsanwaltschaft Leipzig die Aufklärung eines Wirtschaftskrimis trotz deutlicher Beweise für eine Vielzahl von Straftaten. Dieses Mal hatte ich eine Strafanzeige gegen meinen ehemaligen Geschäftspartner Lap K. wegen Beleidigung sowie des Verdachts der Untreue eingereicht.

  1. hatte mich anlässlich einer Verhandlung vor dem Oberlandesgericht Dresden massiv als Verbrecher beleidigt. Es störte ihn in keiner Weise, dass der gesamte Senat des Oberlandesgerichts, wie auch mein Rechtsanwalt Willemsen, ferner Lap K.s Anwalt Götz Zeugen dieser Attacke wurden.

Dies wollte ich mir nicht gefallen und erstattete Strafanzeige. Ferner ging es darum, dass Lap K. im deutlich siebenstelligen Bereich Gelder aus zwei Biogasgesellschaften entnommen hatte. Dies jedenfalls ging eindeutig aus den Jahresabschlüssen der Unternehmen hervor. Ermittlungstechnisch waren diese Vorwürfe leicht aufzuarbeiten.

Meiner Meinung nach handelte es sich um Betrug im großen Stil. Der von Kristiansen verursachte Schaden liegt insgesamt im achtstelligen Bereich. Für die Staatsanwaltschaft Leipzig ist dies jedoch kein Grund tätig zu werden. Sie weigerte sich in Person von Staatsanwältin Siler erneut, Ermittlungen gegen Lap K. einzuleiten und stellte das Verfahren ein.

Staatsanwältin Siler sah keinerlei Anhaltspunkte für verwirklichte Straftaten und verwies zudem darauf, früher bereits erfolgreich untätig geblieben zu sein. Die Verfolgung des Beleidigungsvorwurfs lehnte sie ab, weil der von Lap K. erhobene Vorwurf nicht im Protokoll der mündlichen Verhandlung vor dem Oberlandesgericht festgehalten war. Als Außenstehende urteilte sie jedenfalls, es fehle an Tatsachen, die den Beleidigungsvorwurf rechtfertigen.

Schon in der Vergangenheit hatte Staatsanwältin Siler sich hartnäckig geweigert, strafrechtlich relevante Sachverhalte aufzuarbeiten. Darin lag geradezu eine Aufforderung an meinen ehemaligen Geschäftspartner Lap K., mit seinen Aktivitäten weiterzumachen und den Schaden erheblich zu vergrößern. Dafür schulde ich der Staatsanwaltschaft Leipzig meinen Dank.

Natürlich hätte Frau Staatsanwältin Siler Zeugen darüber befragen können, ob mich Lap K. tatsächlich beleidigt hat. Immerhin können diese sich an seine Attacke nur zu gut erinnern. Aber warum sollte die Staatsanwaltschaft Leipzig selbst banalste Vorgänge aufklären?? Es ist doch einfacher, eine Einstellungsverfügung zu schreiben und die Akte ist vom Tisch.

Zumindest bei der Staatsanwaltschaft Leipzig haben Verbrecher freie Fahrt.

Für mich war dies absolut inakzeptabel. Also wandte ich mich an den sächsischen Justizminister Gemkow und erstattete gegen Staatsanwaltschaft Siler Strafanzeige wegen Strafvereitelung. Ferner stellte ich einen Antrag auf Einleitung eines Disziplinarverfahrens, um die Gründe für ihre Untätigkeit besser hinterfragen zu können.

Der Ausgang beider Aktionen ist offen. Hoffnungen habe ich dagegen keine mehr.

Der hybride Rechtsstaat – Teil 9 – Der Kampf um die Berufsunfähigkeitsrente

siehe ferner „Der hybride Rechtsstaat – Teil 8 – Finanzamt Grimma sucht radikale Lösung“

Der hybride Rechtsstaat – Teil 8 – Finanzamt Grimma sucht radikale Lösung

Kapitel 1: Das sächsische Rechtsanwaltsversorgungswerk

Donnerstag, 11. November 2010

Die ewigen Attacken der Staatsanwaltschaft Leipzig forderten ihren Tribut. Meine Psyche hielt den hohen Belastungen nicht mehr stand. Meine Gegner hatten mich gesundheitlich erledigt. Ich besaß nun ganz andere Sorgen, es ging um mein physisches Überleben, um meine Rolle als Vater von zwei wunderbaren Kindern.

Oft saß ich in meinem Büro herum, ohne produktiv zu sein, sofern ich überhaupt den Weg in meine Kanzlei geschafft hatte. Gezeichnet von meiner Erkrankung, der damit verbundenen deutlichen Herabsetzung meiner kognitiven Fähigkeiten und eine hohe Dosis Psychopharmaka konsumierend, verfiel ich immer mehr.

Ich bemerkte kaum noch, wie die Stunden des Tages langsam vergingen, bis ich nach Hause gehen konnte. Dort erwarteten mich noch mehr Psychopharmaka und ein großes Glas Wodka (oder mehr), mit dem ich versuchte, meine Erinnerungen auszulöschen und Ruhe zu finden. Ruhe, die nicht lange andauerte, weil sie von der Angst, schlafen zu gehen und den zu erwartenden Albträumen abgelöst wurde. Eine Angst, die am folgenden Morgen in die Angst aufzustehen umschlug. Jede Nacht suchten mich Albträume mit der Präzision eines Schweizer Uhrwerks heim. Es waren entsetzliche Träume, an deren Ende nur absolute Dunkelheit und Tod standen. Immer wieder, jede Nacht. Und oft gleich mehrfach. Bis zum nächsten Morgen.

Lange hatte ich das Unausweichliche hinausgezögert. Aber es ging einfach nicht mehr. Meine Dämonen verfolgten mich jeden Tag.

Seit mehr als einem Monat war ich meiner Kanzlei ferngeblieben. Meine Depressionen hatten dies verhindert. Schon die Wochen zuvor war ich die meiste Zeit nicht mehr ansprechbar. Ich konnte mich nicht mehr auf die einfachsten Dinge konzentrieren. Stattdessen befasste ich mich regelmäßig mit der Frage, wie ich dieses Leben, das mir schon lange zur Qual geworden war, beenden konnte.

Statt ins Büro zu gehen suchte ich am heutigen Tage meinen Neurologen Meridonov auf. Nach einer kurzen Wartezeit ließ mich die Sprechstundenhilfe zu ihm vor.

Ich erzählte ihm wieder einmal, was mich bedrückte, schilderte meine Lage, die sich in den letzten Monaten deutlich verschlechtert hatte. Vorsichtig wies er darauf hin, dass meine schweren Depressionen mit meinen Rahmenbedingungen und der bestehenden Perspektivlosigkeit zusammenhingen.

Dass sich daran in absehbarer Zeit etwas ändern würde, glaubte ich nicht. Zudem war ich gesundheitlich durch meine Erlebnisse in den vergangenen Jahren stark vorbelastet. Eine Stabilisierung meines Gesundheitszustandes war aus Sicht meines Neurologen jedoch zwingend erforderlich, um Schlimmeres zu verhindern. Aus diesem Grund, so seine Empfehlung, müsse ich die Belastungen insgesamt reduzieren. Dies schließe eine weitere Anwaltstätigkeit aus. Damit wiederholte er nur einen dringenden Ratschlag, den er mir schon zwei Jahre zuvor gegeben hatte.

Seine Worte überraschten mich nicht wirklich. Ich kannte sie ja bereits. Innerlich war das alles längst absehbar. Jeder hatte meinen psychischen Verfall in den vergangenen Jahren bemerkt. Die Zeiten meines Arbeitsausfalls nahmen ständig zu, meine Krankmeldungen bei Gericht summierten sich gewaltig. Gesundheitlich war ich schon lange ein absolutes Wrack.

Meridonov bekräftigte, ich sei definitiv berufsunfähig und empfahl mir zum wiederholten Mal, meine Kanzlei zu schließen. Finanziell müsse ich mich in diesem Fall zwar einschränken, mir werde jedoch mit Sicherheit eine Berufsunfähigkeitsrente gezahlt. Bei der Antragstellung werde er mich natürlich unterstützen.

Im Gegensatz zur gesetzlichen Rentenversicherung, welche für die Altersversorgung der meisten Arbeitnehmer zuständig ist, werden in die anwaltlichen Versorgungswerke nur Rechtsanwälte aufgenommen. Als Spartenversicherung regeln sie sämtliche Versicherungsfragen rund um die Tätigkeit dieser Berufsgruppe.

Einen Tag nach meinem Besuch bei Meridonov reichte ich beim sächsischen Rechtsanwaltsversorgungswerk einen Antrag auf Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente ein. Denselben Antrag stellte ich bei der Versorgungskammer Bayern, die für mich für die vorausgegangenen sieben Monate zuständig war. Ich hatte meine Anwaltszulassung wegen der vielen Anfeindungen in Leipzig zwischenzeitlich nach München verlegt.

Montag, 12. September 2011

Es war viel Zeit vergangen, bis ich mich beim sächsischen Rechtsanwaltsversorgungswerk über den Bearbeitungsstand meiner Berufsunfähigkeitsrente erkundigte. Natürlich vertraute ich darauf, bald die ersehnte Rentenzahlung zu erhalten.

Lange musste ich nicht auf eine Antwort warten. Die Geschäftsführerin des Versorgungswerks Piekara teilte mir mit, es läge bislang kein Antrag auf Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente vor.

Meinem Ansinnen stand sie zudem mehr als skeptisch gegenüber. Nach der Satzung des Versorgungswerkes könnten lediglich Mitglieder der sächsischen Rechtsanwaltskammer eine Berufsunfähigkeitsrente beanspruchen. Meine Mitgliedschaft dort habe jedoch aufgrund der Verlegung meiner Anwaltszulassung nach München geendet. Daher gehe mein Antrag inhaltlich „ins Leere“. Sportlich erklärte die Geschäftsführerin, sie könne mir gerne einen förmlichen Ablehnungsbescheid zukommen lassen, wenn ich dies wünsche.

So richtig überzeugte mich diese Begründung nicht. Der gesamte Vorstand des sächsischen Rechtsanwaltsversorgungswerks setzte sich aus Rechtsanwälten zusammen. Da musste man eigentlich wissen, wie mein Antrag zu beurteilen war.

Rechtlich ist der Sachverhalt nicht sonderlich kompliziert, dachte ich mir. Natürlich kann das sächsische Rechtsanwaltsversorgungswerk die Voraussetzungen, unter denen Rechtsanwälten ein Anspruch auf Zahlung der Berufsunfähigkeitsrente zusteht, genauer festlegen. Es befindet sich dabei allerdings nicht in einem rechtsfreien Raum; denn es muss bestimmte Rahmenbedingungen, insbesondere die Vorgaben des Grundgesetzes, beachten. Dieses Rechtsproblem, auch als sogenannte Drittwirkung der Grundrechte bekannt, war anscheinend nicht bis zu den Juristen im Anwaltsversorgungswerk vorgedrungen.

Es handelte sich hier um alles andere als eine Banalität. Jeder Jurastudent macht bereits frühzeitig mit der Drittwirkung der Grundrechte Bekanntschaft. Mir waren diese Grundsätze an der Universität Saarbrücken von Prof. Dr. Burmeister eingebläut worden. Burmeister trat als engagierter Verfechter der Grundrechtsgeltung in der mittelbaren Staatsverwaltung auf, zu der auch das sächsische Rechtsanwaltsversorgungswerk als Anstalt des öffentlichen Rechts zählt.

Man muss im Grundgesetz nicht lange suchen, um die Haltlosigkeit der Auffassung des sächsischen Rechtsanwaltsversorgungswerks aufzuarbeiten. Zu dem Kern der Grundrechte zählen die Berufsausübungsfreiheit (Art. 12 GG), die Eigentumsgarantie (Art. 14 GG), die Freizügigkeit (Art. 11 GG) sowie das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 2 Abs. 1 GG). Diese Grundrechte sind von Anstalten des öffentlichen Rechts zwingend zu berücksichtigen.

Wo kämen wir denn hin, wenn staatliche und halbstaatliche Organisationen den Kernbestand unserer verfassungsrechtlichen Freiheiten einfach ignorieren? Nach dem Grundgesetz durfte ich in jedem Teil der Bundesrepublik einschränkungslos arbeiten, ohne Nachteile befürchten zu müssen. Tätig war ich bis zuletzt allerdings nur in Leipzig.

Dass die Satzung des sächsischen Rechtsanwaltsversorgungswerks verfassungsrechtlichen Ansprüchen nicht gerecht wurde, ist für jeden Laien verständlich. Mehr als 15 Jahre lang hatte ich meine Beiträge an das Versorgungswerk gezahlt. Dieses weckte in mir das Vertrauen, dass es mich im Fall einer Berufsunfähigkeit unterstützen wird.

Das sächsische Rechtsanwaltsversorgungswerk sah dies jedoch anders. Es sanktionierte die Verlegung meiner Anwaltszulassung nach München mit einer kalten, entschädigungslosen Enteignung. Für meine Beiträge sollte ich keine Gegenleistung, erst Recht keine Berufsunfähigkeitsrente, erhalten.

Da war sie wieder: Die mehr als eigenwillige Beziehung von Vertretern der öffentlichen Hand zu rechtsstaatlichen Grundsätzen. Hier bildete das sächsische Rechtsanwaltsversorgungswerk keine Ausnahme.

Die Zahlung der Berufsunfähigkeitsrente hätte zu zusätzlichen Ausgaben des Versorgungswerks geführt. Dies war in meinem Fall wohl nicht opportun. Lieber entschied man sich dazu, elementare Regelungen unseres Rechtssystems nicht anzuwenden.

Ein Umdenken des Rechtsanwaltsversorgungswerks konnte ich in den folgenden Monaten nicht erreichen. Es wies meine Ansprüche ab und erließ ein Jahr später einen Widerspruchsbescheid. Es verwundert schon, dass das Versorgungswerk hierfür ein Jahr benötigte, zumal seine Rechtsauffassung von Anfang an feststand.

Für meinen Gesundheitszustand war diese Entscheidung verheerend. Bis zuletzt hatte ich mir Hoffnungen gemacht. Außerdem war ich auf das Geld dringend angewiesen. Nun musste ich beim Verwaltungsgericht Dresden Klage einreichen. Ich vertraute darauf, dass das Gericht diesem Unfug ein Ende setzt.

Donnerstag, 22. September 2011

Vorher machte ich meine Ansprüche auf Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente noch bei der Bayerischen Versorgungskammer geltend. Diese ist für die bayerischen Rechtsanwälte zuständig.

Die bayerische Versorgungskammer erwies sich als deutlich professioneller und kooperativer. Es gab weder bei der Antragstellung noch bei der Abwicklung irgendwelche Probleme. Allerdings betonte die Kammer zu Recht, dass meine Mitgliedschaft in der Versorgungskammer nur sieben Monate angedauert hatte. Daher stünden mir nur geringe Rentenleistungen zu. Meine höheren Ansprüche müsse ich gegenüber dem sächsischen Rechtsanwaltsversorgungswerk geltend machen.

Anstatt einer monatlichen Rente entschied ich mich für eine Kapitalabfindung. Jedenfalls ging die Bayerische Versorgungskammer ganz anders mit meinem Anliegen um.

Die Tatsache, dass die Bayerische Versorgungskammer meine Ansprüche auf Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente anerkannte und das Sächsische Rechtsanwaltsversorgungswerk dagegen nicht, habe ich bis heute nicht verstanden. Nach meiner Meinung waren hierfür eher persönliche Motive ausschlaggebend.

Persönliche Motive sollten nie über die Anwendung rechtsstaatlicher Grundsätze entscheiden.

Kapitel 2: Rechtsschutz in Sachsen

Montag, 26. November 2012

Die Tage und Wochen zuvor hatte ich mit einer wahren Fleißarbeit verbracht. Die Zeit drängte, um meine Ansprüche auf Zahlung der Berufsunfähigkeitsrente gerichtlich durchzusetzen.

Das Abfassen der Klageschrift bedeutete Stress, diese Tätigkeit war mit unschönen Erinnerungen verbunden, die ständig nach Aufmerksamkeit schrien. Wie konnte es sein, dass meine Kollegen im sächsischen Rechtsanwaltsversorgungswerk mir meine Berufsunfähigkeitsrente vorenthielten? Und das noch zu einem Zeitpunkt, wo ich das Geld am dringendsten benötigte? Immer wieder gingen mir diese Fragen durch den Kopf.

Die juristische Arbeit war Öl auf die Mühlen meiner posttraumatischen Belastungsstörungen. Akribisch trug ich in meiner Klage die rechtlichen Rahmenbedingungen zusammen. Die juristische Datenbank „Juris“ war eine große Hilfe. Es gab zwar keinen einschlägigen Fall, was mich eigentlich wunderte. Vielleicht lag dies aber auch daran, dass die Anwaltsversorgungswerke in anderen Bundesländern die Ansprüche ihrer Mitglieder akzeptierten.

Das Bundesverwaltungsgericht hatte sich in der Vergangenheit mit ähnlichen Fällen herumschlagen müssen. Dort ging es zwar um die normale Rente. Seine Rechtsgrundsätze waren allerdings auf meinen Fall übertragbar. Das Gericht hatte die Ansprüche von Rentenempfängern ausschließlich bejaht. Diese dürften nicht entschädigungslos enteignet werden.

Natürlich kennen auch die Anwälte im sächsischen Versorgungswerk diese Rechtsprechung. Über das Verbot einer Enteignung von Versicherungsansprüchen musste man auf dem Boden unseres Grundgesetzes nicht lange diskutieren.

Nun war meine Klageschrift fertig. Zu diesem Zeitpunkt lebte ich von Hartz-IV und war nicht in der Lage, den Rechtsstreit zu finanzieren. Meine Klage verband ich daher mit einem Prozesskostenhilfeantrag.

Prozesskostenhilfe wird nur gewährt, wenn man selbst nicht in der Lage ist, für die Kosten eines Rechtsstreits aufzukommen und die Angelegenheit Erfolgsaussichten besitzt. Mit dieser Regelung ermutigt der Gesetzgeber Bürger ohne ausreichende finanzielle Mittel, Ansprüche vor Gericht geltend zu machen, anstatt darauf zu verzichten. Hierbei handelt es sich um einen rechtsstaatlichen Aspekt unseres Prozessrechts. Viele Gerichte gehen deshalb großzügig mit diesen Anträgen um.

Ich rechnete trotz meiner schlechten Erfahrungen mit der sächsischen Justiz fest mit einer Gewährung der Prozesskostenhilfe. Mit der Verlegung meiner Anwaltszulassung nach München konnte ich meine beim sächsischen Versorgungswerk angesparten Ansprüche unmöglich verlieren. Vielleicht gingen in Sachsen die Uhren aber auch anders.

Rückblickend betrachtet ist es mehr als verwunderlich, wieso ich immer noch an rechtsstaatliche Verhältnisse in der sächsischen Justiz glaubte. Hatte ich denn in den vergangenen Jahren nichts dazugelernt? Wieso sollte es dieses Mal anders werden? Es gibt Dinge, die sich nicht ändern, weil die Menschen, welche die Entscheidungen treffen, nicht an einer Änderung interessiert sind.

Und so sollte es auch dieses Mal sein.

Montag, 14. Januar 2013

Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Dresden, die ich nun in Händen hielt, ließ mir das Blut in den Adern gefrieren. An einem kühlen Montagmorgen stürzte mich das Gericht in ein eisiges Nirwana. Es lehnte meinen Antrag auf Prozesskostenhilfe ab und nahm mir damit die Möglichkeit, meine Rechte mit staatlicher Unterstützung zu verfolgen.

Auch dies besaß meiner Meinung nach Tradition. Die Probleme der Justiz liegen meistens in der Rechtsanwendung. In der Praxis kommt es immer darauf an, wie man mit geltendem Recht umgeht, was man also aus den rechtlichen Regelungen herausliest. Wenn man einem Bürger nicht Recht geben oder ihn davon abhalten will, seine Rechte durchzusetzen, so wird man hierfür einen Weg finden und diesen entsprechend begründen.

Im Fall des Verwaltungsgerichts Dresden geschah dies wie folgt: Man sah keine Erfolgsaussicht für meine Klage. Zum Zeitpunkt meines Antrags auf Zahlung meiner Berufsunfähigkeitsrente war ich nicht mehr Mitglied der sächsischen Rechtsanwaltskammer. Damit setzte sich das Verwaltungsgericht Dresden über sämtliche grundrechtlichen Bindungen sowie die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hinweg.

Was war also mit meinen langjährigen Beitragszahlungen, mit denen ich Ansprüche auf eine Berufsunfähigkeitsrente begründet hatte? Waren diese nichts wert? Durften mir diese einfach genommen werden? Anscheinend ja. Mit meiner verfassungsrechtlichen Kritik setzte sich das Verwaltungsgericht gar nicht erst auseinander.

Wir leben nicht mehr in einem Land, in dem Bürger, welche aus nachvollziehbaren Gründen wegzogen, einfach enteignet werden konnten. Hatte sich das etwa im Freistaat Sachsen nicht herumgesprochen? Und was war mit meiner Freiheit, meinen Beruf dort auszuüben, wo ich dies für sinnvoll hielt? In Sachsen galt all dies alles nicht. Dass Richter es nach einer so langen Berufsausbildung nicht besser wissen, war für mich nicht nachvollziehbar.

Es geht hier nicht um hemmungslose Richterschelte. Ich bin fest davon überzeugt, dass das Verwaltungsgericht Dresden sehr wohl in der Lage war, den Sachverhalt sauber zu beurteilen. Dass es dies am Ende nicht tat, macht mich nachdenklich.

Mir platzte beim Lesen der Kragen. Eine derartige Katastrophenentscheidung wollte ich nicht auf mir sitzen lassen. Ich legte Beschwerde beim sächsischen Oberverwaltungsgericht in Bautzen ein. Vielleicht war dieses ja geneigt, sich mit meiner verfassungsrechtlichen Kritik auseinanderzusetzen.

Auf eines durfte ich sicherlich hoffen: Richter in höheren Instanzen weisen regelmäßig eine deutlich größere Erfahrung auf. Sie sind ferner unabhängiger vor einer politischen Einflussnahme, zumal sie einen wesentlichen Teil ihres Karrierewegs schon hinter sich haben.

Donnerstag, 4. April 2013

Es war etwas Zeit seit meiner Niederlage vor dem Verwaltungsgericht vergangen. Dass es nicht bei dieser Niederlage bleiben sollte, überraschte mich dann doch. Das Oberverwaltungsgericht Bautzen gab meiner Beschwerde in vollem Umfang statt.

Was ich lesen konnte, war Öl auf meine rechtsstaatlichen Wunden. Natürlich bestünde für meine Klage eine Erfolgsaussicht, so das Oberverwaltungsgericht. Aufgrund meiner langjährigen Beitragszahlungen habe ich Ansprüche auf eine Berufsunfähigkeitsrente erworben. Diese unterfallen der Eigentumsgarantie des Grundgesetzes (Art. 14 GG).

Das Oberverwaltungsgericht begründete meinen Anspruch auf Zahlung der Berufsunfähigkeitsrente genauso, wie ich dies in meiner Klage getan hatte. Es zitierte auch dieselben Urteile des Bundesverwaltungsgerichts.

Für das Verwaltungsgericht Dresden war dies eine schallende Ohrfeige, die nicht nur aufhorchen ließ, sondern mir auch noch Mut machte. Denn damit deutete das Oberverwaltungsgericht an, wie es über meinen Fall in einem Berufungsverfahren entscheiden würde.

Jedenfalls stand mir nun die Prozesskostenhilfe zu. Der Kampf um die Sache konnte beginnen. Ich hatte einen wichtigen Punktsieg errungen. Und natürlich hoffte ich, dass das Verwaltungsgericht Dresden sich an der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts orientieren wird. Danach waren meine Chancen, meine Berufsunfähigkeitsrente erfolgreich geltend zu machen, deutlich gestiegen.

Mittwoch,12. November 2014

Das Verwaltungsgericht Dresden nahm sich Zeit für seine Entscheidung. Zwei Jahre waren seit Einreichung meiner Klage vergangen. Zwei Jahre, in denen ich immer wieder bei Gericht nachfragte, wann ich mit einem Verhandlungstermin rechnen kann. Zwei Jahre, in denen die einsilbige Antwort des Gerichtes lautete, man sei völlig überlastet. Es waren aber auch zwei Jahre, in denen das sächsische Rechtsanwaltsversorgungswerk nicht die Spur eines Entgegenkommens zeigte.

Auch so lassen sich rechtsstaatliche Grundsätze aushebeln. Die Gerichte sind – aus welchen Gründen auch immer – nicht in der Lage, zeitnah Entscheidungen zu treffen. Dies gilt insbesondere für die Sozialgerichte, wo ein Rechtsstreit in einer Instanz durchaus fünf Jahre dauern kann.

Dort, wo Rechtsschutzsuchende auf ein schnelles Urteil angewiesen sind, werden sie hingehalten. Betroffene schrecken daher oft vor der Geltendmachung ihrer Rechte zurück. Unseren Herren an den Schalthebeln der Macht scheint diese Entwicklung egal zu sein. Gegenmaßnahmen, etwa in Gestalt einer besseren personellen Ausstattung der Gerichte, haben sie nicht ergriffen.

Natürlich war die Angelegenheit für mich dringend. Ich musste schließlich meinen Lebensunterhalt irgendwie finanzieren. Der tägliche Kampf ums Überleben stellte eine immense Belastungsprobe dar. Meine Gegner profitierten dagegen von der Verzögerung des Rechtsstreits. Da half meine rechtliche Überzeugung wenig.

Also entschied ich mich dazu, das Ganze zu beschleunigen. Ich reichte beim Verwaltungsgericht Dresden einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ein und verband diesen erneut mit einem Antrag, mir Prozesskostenhilfe zu bewilligen. Damit wollte ich eine schnellere Entscheidung des Gerichts erzwingen. Nun musste sich das Verwaltungsgericht zeitnah mit meiner Berufsunfähigkeitsrente befassen.

An die Erfolgsaussichten meines Antrags glaubte ich irgendwie schon. Das Oberverwaltungsgericht hatte schließlich deutlich den bestehenden Rechtsrahmen aufgezeigt und die Erfolgsaussichten meiner Klage bejaht. Ich wusste, dass Richter es nicht gerne sehen, wenn ihr Entscheidungen von der nächst höheren Gerichtsinstanz aufgehoben werden. Daher orientieren sie sich gerne an deren Rechtsprechung.

Mittwoch, 18. Februar 2015

Wie heißt es so schön? „Wer sich in die Fänge der Justiz begibt, kommt darin um!“ Nach diesem Sprichwort geht es nicht darum, Recht zu haben, sondern dieses auch zu bekommen.

Der Grundtenor des Sprichwortes ist eindeutig pessimistisch. Man wird vielleicht alles verlieren, wenn man sich überhaupt auf ein Gerichtsverfahren einlässt. Das Sprichwort zeugt von der Bitterkeit vieler Betroffener, die vor Gericht ergebnislos ihr Recht gesucht, dieses nicht gefunden und später resigniert haben.

Wieder einmal war der Tag der Entscheidung gekommen. Heute befasste sich das Verwaltungsgericht mit meiner Berufsunfähigkeitsrente. Meine Hoffnungen hatten schon vorher einen herben Dämpfer erhalten, da für meinen Antrag dieselbe Kammer des Verwaltungsgerichts zuständig war, die bereits meinen vorherigen Prozesskostenhilfeantrag abgelehnt hatte.

Das Verwaltungsgericht blieb seiner Linie treu und beschied sowohl meinen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, als auch meinen Prozesskostenhilfeantrag negativ. Mit keinem Wort beschäftigte es sich mit der Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts.

Damit konnte ich nicht auf einem schnelleren Wege die Zahlung meiner Berufsunfähigkeitsrente erzwingen. Wenigstens den Prozesskostenhilfeantrag hätte man mir genehmigen können.

Leider steht die sächsische Justiz nur selten auf der Seite Schutzsuchender. Oft wurden Ansprüche der Betroffenen abgewiesen. Aus dieser Praxis folgt tiefe Resignation. Sie führt zu einem Verzicht der Betroffen auf jegliche Rechtsverfolgung. Und das selbst dort, wo sie das Recht eigentlich auf ihrer Seite haben.

Damals glaubte ich, auf einer schwarzen Liste zu stehen. Anders waren all diese „Zufälle“ nicht zu erklären. Mein langjähriger Kampf um das Recht schien bei meinen Gegnern nie in Vergessenheit geraten zu sein.

Unser Rechtsstaat krankt außerdem daran, dass Richter Karriere machen wollen. Am Ende entscheidet das Justizministerium darüber, ob sie in der Hierarchie aufsteigen, also zu höheren Weihen befähigt sind. Da liegt es auf der Hand, dass es sich einige Richter nicht mit ihren Vorgesetzten verscherzen wollen.

Sofort dachte ich wieder an den ehemaligen sächsischen Justizminister Heitmann, der es sich zur Aufgabe gemacht hatte, gerichtliche Entscheidungen zu korrigieren und so darüber entschied, welcher Richter beförderungsfähig war und welcher nicht[1].

Sachfremde Motive des Verwaltungsgerichts Dresden vermute ich bis heute. Beweisen kann ich dies natürlich nicht. Überrascht hat mich allerdings, dass sich das Verwaltungsgericht seiner Sache doch nicht so sicher zu sein schien. Denn es begründete nun, warum meine langjährigen Beitragszahlungen nicht von der Eigentumsgarantie des Grundgesetzes (Art. 14 GG) geschützt werden.

Für den juristischen Laien ist diese Begründung mehr als unverdaulich. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts besaß meine Berufsunfähigkeitsrente nur Versicherungscharakter, der durch die grundgesetzliche Eigentumsgarantie nicht geschützt wird. Das mag verstehen, wer will. Am Ende war diese richterliche Spitzfindigkeit entscheidend.

Überzeugt hat mich diese Meinung bis heute nicht. Denn selbst wenn meine Berufsunfähigkeitsrechte Versicherungscharakter besitzen würde, ändert dies nichts daran, dass ich mit meinen Beitragszahlungen Ansprüche auf eine Berufsunfähigkeitsrente begründet habe. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts Dresden traf daher nicht den Kern des Rechtsproblems.

Das Verwaltungsgericht versuchte zu rechtfertigen, was in der Sache nicht zu rechtfertigen war.

Natürlich musste ich die Kosten des Rechtsstreits tragen. Hier sorgte das Gericht für eine maximale Belastung, indem es den Streitwert hoch ansetzte. Dementsprechend heftig fielen die von mir zu zahlenden Gerichtskosten aus. Ich sah das Ganze als eine Bestrafung meiner Hartnäckigkeit.

Aus Sicht der Justiz macht eine derartige Kostenfolge durchaus Sinn. Sie besitzt disziplinierende Wirkung und führt dazu, dass Betroffene von weiteren Klagen Abstand nehmen. Es wird für sie einfach zu teuer, die eigenen Rechte geltend zu machen. Billiger dagegen ist es, von vornherein auf den Weg zum Gericht zu verzichten.

Mittwoch, 4. November 2015

Für mich war dieser Tag ein Tag wie jeder andere. Ich ging meiner Arbeit nach und erstellte Betriebsvereinbarungen für meinen neuen Arbeitgeber, die Standard Life Ltd. in Frankfurt-Niederrad.

Während ich mir in meinem Großraumbüro den Kopf zerbrach, tagte fast 500 Kilometer entfernt das Verwaltungsgericht Dresden. Es verhandelte meine Klage auf Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente, das sogenannte Hauptsacheverfahren, auf das ich so lange gewartet hatte.

Die Sache besaß nur einen Haken: Ich kannte den Gerichtstermin nicht. Damit ging es wieder um meinen Anspruch auf rechtliches Gehör, den jedes Gericht in der Bundesrepublik beachten muss. Die Ladung zu einem Gerichtstermin stellt eine absolut grundlegende Voraussetzung dieses Anspruchs dar. Wer nicht geladen wird, kann seine Meinung nicht äußern und sich verteidigen.

Dennoch erschien mir das Ganze nicht weiter schlimm. Das Verwaltungsgericht Dresden hatte mir noch nie Recht gegeben. Seine Vorstellungen über die Anwendung meiner Grundrechte lagen weit von meiner Auffassung entfernt. Warum sollte ich also nach Dresden fahren, wenn ich an der Meinung des Gerichts ohnehin nichts ändern konnte? Über meine Hauptsacheklage entschied zudem dieselbe Kammer, die zuvor bereits meinen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt hatte.

Es war nicht das erste Mal, dass ich keine Kenntnis von einem Gerichtstermin besaß. Ähnliche Erfahrungen machte ich zuvor bereits beim Amts- sowie beim Landgericht Leipzig. Für mich galt da eher das Gesetz der Serie. Vielleicht war das Zynismus, vielleicht war meine Anwesenheit ja wirklich nicht erwünscht.

Dennoch stellte das Verwaltungsgericht Dresden meine ordnungsgemäße Ladung fest, obwohl mir diese nie zugegangen war. Damit sah das Gerichtsprotokoll so aus, als hätten die Richter alles richtiggemacht. Dem Verwaltungsgericht spielte meine Abwesenheit in die Hände. Es machte kurzen Prozess, schloss die Verhandlung nach nur neun Minuten und hatte damit ausreichend Zeit für das tägliche Mittagessen. Wenigstens dieses Bedürfnis konnte zeitnah befriedigt werden.

Donnerstag, 21. November 2015

Dass das Verwaltungsgericht Dresden über meinen Fall verhandelt hatte, wusste ich immer noch nicht. Umso überraschter war ich, als ich Post bekam. Wieder einmal fiel ich aus allen Wolken. Entgegen meiner Hoffnung ließ es sich nicht von der gegenteiligen Meinung des Oberverwaltungsgerichts beeindrucken.

Nein, ich habe keinen Anspruch auf Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente, so das Gericht. Diese werde zwar jedem Mitglied schon nach einer einmaligen Beitragszahlung gewährt. In meinem Fall wären meine Ansprüche jedoch nicht geschützt.

Das verstand ich immer noch nicht. Gerade wenn der Anspruch auf Zahlung der Berufsunfähigkeitsrente bereits nach einer einmaligen Beitragszahlung entsteht, muss er dem Eigentumsschutz des Grundgesetzes unterfallen. Dann waren meine Ansprüche sogar noch stärker, als ich angenommen hatte. Wieso konnte ich mich dann nicht auf sie berufen? Diese Frage wollte mir das Verwaltungsgericht Dresden nicht beantworten. Das war meine Schuld, denn schließlich hatte ich die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung versäumt.

War denn alles falsch, was ich während meines Jurastudiums über die Reichweite des Grundgesetzes gelernt hatte? Wie war es möglich, dass das Gericht erneut alle verfassungsrechtlichen Grundsätze über Bord warf? Oder unterlag ich einem permanenten rechtlichen Irrtum?

Wie wenig rechtsstaatliche Forderungen in meinem Fall eine Rolle spielten, musste ich auch aus einem anderen Grund feststellen: Denn das Verwaltungsgericht Dresden ließ eine Berufung gegen sein Urteil nicht zu. Damit war dieses rechtskräftig. Das Verwaltungsgericht war sich seiner Sache also ganz sicher. Und es betrachtete die Angelegenheit als abgeschlossen.

Zu den ehernen rechtsstaatlichen Prinzipien zählt der Anspruch jedes Bürgers auf ein faires Verfahren. Dieses beschränkt sich nicht nur auf eine gerichtliche Instanz, sondern eröffnet die Möglichkeit, ein Urteil durch ein höheres Gericht überprüfen zu lassen.

Bei einer derart wichtigen Frage wie der Reichweite der Grundrechte bei der Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente hätte das Verwaltungsgericht meiner Meinung nach die Berufung zulassen müssen. Oder wollte man verhindern, dass das Oberverwaltungsgericht sich der Sache annimmt?

Es fiel mir schwer, diese erneute Niederlage zu verarbeiten. Je mehr man einstecken muss desto größer ist die Bereitschaft, in einem See der Tränen zu versinken und endgültig loszulassen. Zuerst natürlich den Glauben an den Rechtsstaat.

Mittwoch, 16. Dezember 2015

Lange grübelte ich über das Urteil des Verwaltungsgerichts. Zum wiederholten Mal stellte sich die Sinnfrage. Die endlos anmutende Kette gerichtlicher Niederlagen hatte sich um eine weitere Episode verlängert. Wofür noch Kraft und Energie in ein aussichtsloses Unterfangen investieren?

Am Ende wollte ich mich wieder einmal nicht so abspeisen lassen. Es war ja nicht nur mein Kampf, redete ich mir ein. Auch andere Menschen befanden sich in einer vergleichbaren Lage. Die Frage musste also abschließend geklärt werden.

Ich weiß nicht, was am Ende den Ausschlag gab. Ich nahm ein weiteres Mal meine Kräfte zusammen und verfasste einen Antrag auf Zulassung der Berufung. Diesen wies das Verwaltungsgericht ab und übergab die Angelegenheit an das Oberverwaltungsgericht zur endgültigen Entscheidung. Dort war nun derselbe Senat zuständig, der schon einmal meinen Prozesskostenhilfeantrag positiv beschieden hatte.

Dienstag, 23. August 2016

Viel Zeit war vergangen. Nun hielt ich die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts in meinen Händen. Mein Antrag auf Zulassung der Berufung wurde abgelehnt. An dieser Entscheidung wirkte der Präsident des Oberverwaltungsgerichts Künzler mit. Was für eine schallende Ohrfeige!

Das Oberverwaltungsgericht setzte sich nicht einmal mit meiner Rechtsauffassung auseinander. Mein Antrag wurde allein deshalb zurückgewiesen, weil ich vor dem Oberverwaltungsgericht keinen Anwalt hinzugezogen hatte. Dies sei für ein Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht zwingend notwendig.

Ich traute meinen Augen kaum, denn ich hatte mich gegenüber dem Oberverwaltungsgericht gar nicht geäußert. Mein Antrag auf Zulassung der Berufung gelangte nur deshalb nach Bautzen, weil dieser zuvor vom Verwaltungsgericht Dresden abschlägig beurteilt worden war.

In diesem Fall bin ich meiner Meinung nach nicht auf die Unterstützung eines Anwalts angewiesen. Weder habe ich vor dem Oberverwaltungsgericht verhandelt noch irgendwelche Anträge gestellt. Nur dann wäre die Hinzuziehung eines Anwalts notwendig gewesen.

Es muss möglich sein, seine Rechtsauffassung bei einem Antrag auf Zulassung der Berufung auch ohne anwaltliche Unterstützung zu äußern. Für die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts fehlten mir zudem die notwendigen finanziellen Mittel. Das Oberverwaltungsgericht Bautzen sah dies jedoch anders und verurteilte mich dazu, die Kosten des Verfahrens zu tragen. Wieder einmal wurde der hierfür maßgebliche Streitwert ausgereizt.

Der Kampf um meine Berufsunfähigkeitsrente nahm sieben Jahre in Anspruch. Am Ende stand nur endlose Ohnmacht. Soviel Energie hatte ich in diese Auseinandersetzung gesteckt, allen Depressionen zuwider. Es war alles umsonst. Zwar überlegte ich mir, gegen den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Bautzen Verfassungsbeschwerde einzulegen, ich entschied mich letztendlich dagegen. Mir fehlte einfach die Kraft.

Für mich war mein Kampf um die Berufsunfähigkeitsrente kein normaler Kampf. Es ging mir vor allem um die Einhaltung grundgesetzlicher Vorgaben. Meine (Wunsch-)Vorstellungen scheiterten in dramatischer Weise an der harten Realität. Offensichtlich machte es im Freistaat Sachsen keinen Sinn, weiter für seine Rechte zu kämpfen.

Dienstag, 24. Oktober 2017

Zu meiner Überraschung war der Kampf um meine Berufsunfähigkeitsrente wohl doch noch nicht vorbei. Nachdem der Leipziger Universitätsprofessor Dr. Schönknecht mich untersucht hatte, legte er sein Gutachten vor. Danach konnte ich seit dem Jahre 2008 nicht mehr meinen Beruf als Rechtsanwalt ausüben und war damit berufsunfähig.

Da ich erst zwei Jahre später meine Anwaltszulassung nach München verlegt hatte, musste sich nun das sächsische Rechtsanwaltsversorgungswerk mit meiner Berufsunfähigkeitsrente befassen. Also wandte ich mich erneut an das Versorgungswerk und bat um eine Neubewertung meines Antrags.

Die Antwort, die ich aufgrund einer Nachfrage erhielt, war wenig überraschend. Das Versorgungswerk berief sich auf die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts sowie darauf, ich sei in Wirklichkeit erst drei Jahre später berufsunfähig geworden. Da besitzt das Versorgungswerk wohl eine höhere ärztliche Expertise als Prof. Dr. Schönknecht.

Wie dem auch sei. Ich werde nun erneut beim Verwaltungsgericht Dresden auf Zahlung meiner Berufsunfähigkeitsrente klagen müssen. Das Rennen geht also in die Verlängerung. Allerdings gebe ich mich gar nicht erst dem Trugschluss hin, vor einem sächsischen Gericht gewinnen zu können. Die endgültige Entscheidung wird daher erst vor dem Bundesverfassungsgericht bzw. dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte fallen. Bis die Angelegenheit endgültig entschieden wird, dürften noch 10 Jahre vergehen. Und das bei einer Rentenzahlung, auf die ich aufgrund meiner miserablen wirtschaftlichen Situation dringend angewiesen bin. Ach du mein schauriges Vaterland.

[1]              Siehe www.spiegel.de/politik/deutschland/sachsen-justizminister-heitmann-zurueckgetreten-a-92979.html; www.handelsblatt.com/impressum/nutzungshinweise/blocker/?callback=%2Farchiv%2Funertraeglichen-angriffe-fuehren-zum-ruecktritt-sachsens-justizminister-heitmann-gibt-auf%2F2004406.html; http://www.rp-online.de/politik/sachsens-justizminister-zurueckgetreten-aid-1.2268419

Der hybride Rechtsstaat – Teil 8 – Finanzamt Grimma sucht radikale Lösung

siehe ferner Der hybride Rechtsstaat – Teil 7 – Skandal um die Restschuldbefreiung

Der hybride Rechtsstaat – Teil 7 – Skandal um die Restschuldbefreiung

Freitag, 20. Dezember 2013

Es war Weihnachtszeit, Zeit der Ruhe und der Besinnung. Es ist eine Zeit, in der man normalerweise den Begehrlichkeiten der Finanzämter aus dem Wege geht. Leider galt dies im Fall meiner Exfrau nicht.

Das Finanzamt Grimma dachte nicht an die Einhaltung des Weihnachtsfriedens. Zugegeben, mit seinem gegen mich gestellten Insolvenzantrag hatte es einen wichtigen Etappensieg errungen. Dieser führte jedoch auch dazu, dass das Finanzamt den größten Teil der von ihm schön aufgehübschten Steuerforderungen ausbuchen musste.

Für eine deutliche Befriedigung meiner Gläubiger wurde in meinem Insolvenzverfahren zu wenig Geld eingetrieben. Also sann das Finanzamt nach anderen Möglichkeiten, um sich schadlos zu halten. Nun ging es auf meine Exfrau los, um ihr und meinen Kindern die Lebensgrundlage zu entziehen.

Rücksichtslos machte das Finanzamt gegenüber dieser eine Steuerforderung in Höhe von 33.000 € für das Jahr 2005 auf. Es handelte sich um einen Zeitraum, in dem wir trotz unserer Trennung steuerlich noch gemeinsam veranlagt wurden. Bis dahin ließ das Finanzamt meine Exfrau in Ruhe.

Die nun auf dem Tisch liegende Steuerforderung konnte meine Exfrau unmöglich ausgleichen. Seit mehreren Jahren war sie nicht mehr berufstätig und kümmerte sich um die Kinder. Sie verfügte daher über kein pfändbares Einkommen. Das musste auch dem letzten Mitarbeiter des Finanzamtes Grimma klar gewesen sein. Nur sollte meine Exfrau dennoch für meine Steuerzahlungen einstehen. Ich empfand diese Attacke als völlig überzogen.

Meine Exfrau wehrte sich nach besten Kräften. Wenige Wochen später führte ihre massive Kritik zu einer „Neuberechnung“. Am Ende standen nicht die geforderten 33.000 € Steuern, sondern nur noch 3.500,00 €, die nachzuzahlen waren. Das waren knapp 10 % des ursprünglich geltend gemachten Betrags. Anscheinend hatte sich das Finanzamt um mehrere hundert Prozent verrechnet. Galt das nur im Fall meiner Exfrau oder vielleicht auch bei mir? Diese Frage drängte sich förmlich auf.

Als ob dem Finanzamt Grimma seine überzogenen Steuerforderungen nicht bereits vorher klar gewesen sein mussten. Das Finanzamt führte jedoch seinen eigenen Vernichtungsfeldzug. Und dieser betraf die ganze Familie.

Für meine Exfrau war die verbliebene Steuerforderung dennoch nicht zu stemmen. Am Ende übernahm ihr zweiter Ehemann die Zahlung.

Mittwoch, 18. März 2015

Wenn man denkt, es müsse langsam genug sein, sieht man sich getäuscht. Das Finanzamt Grimma zeichnete sich durch einen unbändigen Appetit und die Unfähigkeit zu Vergessen aus. Nicht einmal 18 Monate später ging es noch einmal auf meine Exfrau los und zeigte sich unerbittlich. Dieses Mal ging es um Einkommenssteuern aus dem Jahr 2006, welche das Finanzamt aufgrund meiner Insolvenz ausbuchen musste.

Das Finanzamt forderte meine Exfrau dieses Mal auf, Steuern in Höhe von 18.000,00 € nachzuzahlen. Zu Recht platzte dieser nun endgültig der Kragen. Sie hatte gehofft, es werde endlich Frieden einkehren. So etwas wie Friedensabsichten sind im Finanzamt Grimma allerdings völlig unbekannt.

Meine Exfrau wusste sich zur Wehr zu setzen: Sie rief kurzerhand die Sachbearbeiterin des Finanzamtes an und beschwerte sich massiv über ihre Vorgehensweise. Dabei redete sie ihr lange ins Gewissen, was meine Exfrau ziemlich gut beherrscht. Sie stellte der Sachbearbeiterin unter anderem die Frage, ob es dem Finanzamt nicht ausreicht, mich beruflich vernichtet und mir meine Lebensgrundlage genommen zu haben.

Ich kann mir gut vorstellen, wie die Sachbearbeiterin während des Telefonats nervös auf ihrem Stuhl hin und her rutschte und am Ende immer kleiner wurde. Nachdem meine Exfrau ihren Unmut losgeworden war, erklärte die Sachbearbeiterin, sie wolle die Steuern noch einmal nachrechnen.

Dies geschah dann drei Wochen später. Für meine Frau führte die „Neuberechnung“ zu einem glücklichen Ausgang. Das Finanzamt Grimma schickte ihr einen neuen Steuerbescheid. Danach musste sie für das Jahr 2006 nur noch 55,00 € Steuern zahlen.

So sehr mich dies für meine Exfrau gefreut hatte, so fassungslos war ich auf der anderen Seite. Das Finanzamt Grimma hatte wieder einmal gezeigt, wie beliebig seine Steuerfestsetzung war. Die Steuerfestsetzung folgte dort anscheinend persönlichen Motiven.

Der Weg von 18.000,00 € zu zahlender Steuern zurück auf 55,00 € war weit, eine ordnungsgemäße Steuerfestsetzung damit reines Glücksspiel. Glück, auf das ich jedenfalls nicht hoffen konnte.

Der hybride Rechtsstaat – Teil 7 – Skandal um die Restschuldbefreiung

siehe ferner Der hybride Rechtsstaat – Teil 6 – Die Staatsgewalt schlägt zurück

Der hybride Rechtsstaat – Teil 6 – Die Staatsgewalt schlägt zurück

Donnerstag, 27. November 2014

Heute platzte mir endgültig der Kragen. Ich reichte beim Landgericht Leipzig Klage gegen meinen ehemaligen Rechtsanwalt Gunnar Sch. ein. Dieser hatte mich im vorläufigen Insolvenzverfahren vertreten. Das Mandat legte er im Zeitpunkt der Eröffnung des Verfahrens gegenüber dem Insolvenzgericht Leipzig sowie meinem Insolvenzverwalter nieder, natürlich ohne mich hierüber zu unterrichten. Dabei handelte es sich um eine sehr eigenwillige Vorgehensweise.

Auch den Beschluss des Insolvenzgerichts Leipzig vom 22. Februar 2011, mit welchem mir die Restschuldbefreiung verweigert worden war, behielt er für sich. Aus diesem Grund wurde er rechtskräftig. Eine Restschuldbefreiung war damit unmöglich.

Meiner Meinung nach handelte es sich hier um einen klaren Beratungsfehler. Gunnar Sch. hätte mich entweder zeitnah über den Versagungsbeschluss des Insolvenzgerichts Leipzig informieren oder zur Schadensbegrenzung sofortige Beschwerde einlegen müssen.

Warum er Beides nicht tat, wo doch so viel für mich auf dem Spiel stand, ist mir bis heute nicht klar. Immerhin forderte er für seine katastrophale Arbeit auch noch ein fürstliches Honorar in Höhe von fast 15.000 € ein. Damit befriedigte er meine gegenüber der Leipziger Anwaltschaft bestehenden Vorurteile.

Bereits in den letzten drei Jahren hatte ich mich mit ihm außergerichtlich gestritten. Für Beratungsfehler müssen Anwälte eine Haftpflichtversicherung abschließen. Ihre Anwaltszulassung hängt hiervon ab. Normalerweise melden Anwälte Schäden schnell ihrem Versicherer, um nicht den Deckungsschutz zu riskieren.

Nicht so Gunnar Sch. aus Leipzig. Er verweigerte mir bereits die Auskunft über seinen Haftpflichtversicherer. Diese Angabe musste ich über die Sächsische Rechtsanwaltskammer erzwingen. Sch. erwies sich in einer Wiese unkooperativ, wie ich das selten erlebt habe.

Da die Verjährung meines Schadensersatzanspruchs drohte, blieb mir nichts Anderes übrig, als meine Forderung gerichtlich geltend zu machen. Ich verlangte von ihm, mich so zu stellen, als würde ich eine Restschuldbefreiung erhalten. Meiner Ansicht nach war der Fall klar.

Dienstag, 3. Februar 2015

Überraschend schnell kam es zu einer mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht Leipzig. Mein Gesundheitszustand verschlechterte sich vor diesem Termin wieder einmal. All meine schlechten Erfahrungen an die sächsische Justiz, kamen in den letzten zwei Wochen vor diesem Termin wieder hoch. Meine posttraumatischen Belastungsstörungen zeigten sich von ihrer hässlichsten Seite.

Dennoch half all dies nicht. Der Rechtsstreit war wichtig. Für mich ging es um die Chance, vielleicht irgendwann doch noch einmal ohne Schulden zu leben. Ich nahm meine Kräfte zusammen, schluckte doppelt so viele Antidepressiva wie in normalen Zeiten und machte mich auf den Weg. Je näher ich Leipzig kam, umso schlechter fühlte ich mich. Ich war nun ein Fall für die Fachklinik, aber nicht für den Gerichtssaal.

Hinzu kamen die panischen Ängste: Immer, wenn ich nach Sachsen fuhr, rechnete ich mit meiner Verhaftung. Dafür gab es zwar keinen tragfähigen Grund. Längst traute ich der sächsischen Justiz aber alles zu. Auf dem Weg nach Leipzig dachte ich jedenfalls lange daran, die Flucht zu ergreifen und einfach umzukehren.

Der Gang ins Gerichtsgebäude wurde zu einer entsetzlichen Qual. Noch schlimmer war das Warten, bis die Verhandlung endlich begann. Wie sehr meine Erkrankung mir zusetzte, bemerkte ich, als Richter H. anfing, in finsterstem Sächsisch auf die Probleme des Rechtsstreits aufmerksam zu machen. Seine von mir so empfundene unfreundliche Art und sein Dialekt gaben mir den Rest. Ich hielt es nicht mehr aus.

Unter dem Vorwand, ein dringendes Bedürfnis befriedigen zu müssen, verließ ich schon nach wenigen Sätzen des Richters den Gerichtssaal und flüchtete aus dem Gebäude. Panikartig lief ich zur Tiefgarage im Petersbogen, wo ich geparkt hatte. Nicht ohne mich mehrfach umzudrehen. Überall vermutete ich Polizisten, die mich suchten. Nein, ich hätte nie nach Leipzig zurückkehren dürfen.

Wieder einmal war ich auf der Flucht.

Meine Ängste ließen erst nach, als ich die Grenze zu den alten Bundesländern überquert hatte. Zwar rechnete ich damit, dass der Besuch in Leipzig mir gesundheitlich starke Probleme bereiten würde. Dass es so schlimm kommt erwartete ich jedoch nicht.

Montag, 27. April 2015

Das Landgericht Leipzig lud mich zu einem Fortsetzungstermin am 28. April 2015. Meine Vernehmung als Zeuge war geplant. Wieder plagten mich schwere Depressionen.

Am vergangenen Freitag suchte ich meinen Hausarzt auf, um mich krankschreiben zu lassen. Sein Attest reichte mein Rechtsanwalt beim Landgericht ein. Kurze Zeit später erhielt dieser einen wütenden Anruf von Richter H., der ihm mitteilte, er werde die Krankschreibung nicht anerkennen. Er forderte ein amtsärztliches Attest. Sofern ich dieses nicht beibringe, werde er in der Sache gegen mich entscheiden.

So viel zu rechtsstaatlichen Gepflogenheiten. Unbefangenheit sieht jedenfalls anders aus.

Derartige Drohungen waren alles andere als gesundheitsfördernd. In Leipzig wusste nahezu jeder Richter über meine psychische Erkrankung Bescheid. Schon in der Vergangenheit waren zahlreiche Termine an meinem schlechten Gesundheitszustand gescheitert. Dennoch tat so mancher Richter meine Erkrankung als Schauspielerei ab.

Die Androhung von H. bestätigte meine schlimmsten Befürchtungen. Also machte ich mich auf den Weg zum Gesundheitsamt. Der zuständige Psychiater stufte mich als derzeit verhandlungsunfähig ein. Wieder einmal dieselbe Diagnose. Damit fand der Gerichtstermin nicht statt.

Dienstag, 16. Juni 2014

Das Landgericht Leipzig gab mir kaum Zeit zur Genesung. Es setzte wenige Wochen später einen neuen Verhandlungstermin an.

Die Tage davor hatte ich mit dem Gedanken verbracht, mich erneut vom Amtsarzt verhandlungsunfähig schreiben zu lassen. Allerdings wollte ich die Angelegenheit endlich hinter mich bringen. Vollgestopft mit schweren Psychopharmaka fuhr ich in die bei mir so unbeliebte Stadt.

Während der Verhandlung musste ich mir so Einiges von Richter H. anhören. Mehrfach machte er sich über meinen Gesundheitszustand lustig. Es war einfach unerträglich. Zwar kannte ich ihn nicht. Aus seinen Worten glaubte ich jedoch offene Abneigung zu hören, so, als sei er beauftragt, alte Rechnungen für alle mir weniger geneigten Richter zu begleichen. Für meine Klage besaß er trotz des eindeutigen Sachverhalts kein Verständnis.

Entgegen aller Animositäten muss ich H. eines hoch anrechnen: Während der mündlichen Verhandlung zeigte er mir diverse Schriftstücke aus meiner Insolvenzakte, die er zuvor beigezogen hatte. Darunter befand sich zu meiner völligen Überraschung auch mein Antrag auf Gewährung der Restschuldbefreiung vom 24. November 2010.

Es war genau der Antrag, der angeblich nie beim Insolvenzgericht Leipzig angekommen war. Ich spürte förmlich, wie eine Druckwelle entstand, die sich schon bald in einer Explosion auflösen würde. Der Antrag fiel wie Manna vom Himmel.

Der Eingangsstempel des Insolvenzgerichts Leipzig vom 25. November 2010 bewies eindeutig den Zugang meines Antrags, so wie ich das mehrfach behauptet hatte, u. a. in meiner Dienstaufsichtsbeschwerde an den Ministerpräsidenten Tillich sowie meiner Petition zum sächsischen Landtag. Nach wiederholten Aussagen des Insolvenzgerichts Leipzig gab es diesen Antrag jedoch nicht.

Ich konnte es nicht glauben. Wie war es möglich, dass ein Richter am Landgericht Leipzig diesen Antrag problemlos in meiner Insolvenzakte findet, die Richter am Insolvenzgericht dagegen nicht? Ging es hier überhaupt noch mit rechten Dingen zu? Handelte es sich um ein Versehen oder steckte mehr dahinter?

Ein Versehen halte ich für ausgeschlossen. Es lag näher, dass es diesen Antrag nicht geben durfte, weil er bestimmten Leuten nicht ins Konzept passte.

Damit steckte plötzlich ein Ass in meinem Ärmel. Und zwar eins, das für den weiteren Verlauf meines Insolvenzverfahrens entscheidend sein konnte.

Sonntag, 20. September 2015

Mein Rechtsanwalt bat das Landgericht um eine Kopie dieses Antrags. Nach deren Erhalt leitete ich sie an das Insolvenzgericht weiter. Gleichzeitig erklärte ich im Hinblick auf meinen zweiten Antrag auf Erteilung der Restschuldbefreiung vom 12. Februar 2011 die Anfechtung aus allen in Betracht kommenden Gründen, insbesondere wegen arglistiger Täuschung durch das Insolvenzgericht Leipzig.

Wir erinnern uns: Im Februar 2011 machte mich das Insolvenzgericht Leipzig auf den fehlenden Antrag auf Erteilung der Restschuldbefreiung aufmerksam, weshalb ich einen zweiten Antrag eingereicht hatte. Da sich mein erster Antrag vom November jedoch in der Insolvenzakte befand, lag eine arglistige Täuschung des Gerichts zumindest nahe.

Leider konnte ich nicht sehen, welche Reaktion mein Schreiben bei der Rechtspflegerin M. und dem Insolvenzrichter H. hervorrief. Sie dürften zumindest für ein paar Sekunden ihr seelisches Gleichgewicht verloren haben. Damit hatte sich mein Brief schon einmal gelohnt.

Nun war der Kampf um meine Restschuldbefreiung neu eröffnet.

Mittwoch, 25. November 2015

In meinem Briefkasten fand ich Post vom Insolvenzgericht. Normalerweise verhieß dies nichts Gutes. Allerdings stand die Antwort auf meinen Brief vom 20. September 2015 stand noch aus. Mehr als zwei Monate hatte sich das Gericht Zeit gelassen.

Und dieses Mal gab es erfreuliche Nachrichten. Noch nie wurde ich Zeuge einer vergleichbaren richterlichen Verzweiflung. Nun bestätigte das Insolvenzgericht den Eingang meines ersten Antrags auf Erteilung der Restschuldbefreiung. Immerhin! Nach genau fünf Jahren war dies eine starke Leistung! Die Existenz dieses Antrags war nun auch nicht mehr zu bestreiten.

Plötzlich erinnerte sich das Insolvenzgericht auch an meine Dienstaufsichtsbeschwerde vom 26. Oktober 2012, die ich direkt an den sächsischen Ministerpräsidenten Tillich gerichtet hatte. Darin machte ich meinem Unmut über meinen verloren gegangenen Antrag lautstark Luft. Auch in meiner Petition an den sächsischen Landtag aus dem gleichen Jahr hatte ich die Schlamperei des Insolvenzgerichts Leipzig heftig kritisiert.

Aber es kam noch dicker. Nun erfuhr ich, dass der Abteilungsleiter für Insolvenzen am Insolvenzgericht Leipzig, Dr. Büttner, bereits Ende 2012 meinen Antrag auf Erteilung der Restschuldbefreiung vom 24. November 2011 in meiner Insolvenzakte entdeckt hatte. Denn er bestätigte seine Existenz in seiner dienstlichen Stellungnahme an die Präsidenten des Amtsgerichts Leipzig sowie des Oberlandesgerichts Dresden, die unter dem 14. Mai 2013 erfolgt war.

Meine Insolvenzakte enthält sogar Abschriften dieser dienstlichen Stellungnahme und beweist damit, dass gleich mehrere Richter in einer Führungsposition sowie Rechtspfleger in der sächsischen Justiz von der Existenz meines ersten Antrags auf Erteilung der Restschuldbefreiung wussten. Nur handelten sie nicht entsprechend. Nach ihrem Willen sollte der Antrag verschollen bleiben.

Kein Richter korrigierte die Entscheidung des Insolvenzgerichts Leipzig, mit der mir die Restschuldbefreiung versagt worden war. Das stellt einen unerhörten Vorgang dar. Doch nicht nur das: Auch der ehemalige sächsische Ministerpräsident wurde mit Sicherheit vom Präsidenten des Oberlandesgerichts Dresden über meinen ersten Antrag auf Gewährung der Restschuldbefreiung informiert. Trotzdem bestätigte er wenig später, bei meiner Behandlung sei alles mit rechten Dingen zugegangen. Anlass zu einer Korrektur sah auch Tillich nicht.

Dies führt berechtigterweise zu der Frage, warum dies nicht geschah. Nun erwiesen sich die in meiner Dienstaufsichtsbehörde sowie meiner Petition erhobenen Vorwürfe als zutreffend. Ein Einschreiten hielt dagegen niemand dieser in hohen Staatsämtern arbeitenden Personen für geboten. Stattdessen bescheinigte sich die herrschende Kaste in Sachsen wohlwollend ein rechtlich einwandfreies Vorgehen.

An eine Schlamperei glaube ich nicht. Zu akribisch ist die Arbeitsweise der meisten Richter. Dies gilt insbesondere dort, wo die Justiz auf Weisung des sächsischen Ministerpräsidenten tätig wurde.

Die Antwort ist daher sehr viel einfacher: Man wollte meinen Antrag nicht finden und mir die Restschuldbefreiung gewähren. Hierfür waren sicherlich keine rechtlichen Gründe maßgebend. Es handelte sich ausschließlich um eine politische Entscheidung. Die juristische und politische Kaste in Sachsen wollte unter allen Umständen verhindern, dass ich nach dem Ablauf von sechs Jahren von meinen Schulden befreit werde und wieder als Rechtsanwalt arbeiten kann. Hierbei handelt es sich um einen geradezu unglaublichen Skandal.

Aufgrund der klaren Beweislage stellte das Insolvenzgericht nun die Existenz meines früheren Antrags fest räumte mir die Restschuldbefreiung ein. Damit war es möglich, nach sechs Jahren schuldenfrei zu leben, sofern die Restschuldbefreiung nicht noch von anderer Seite torpediert wird.

Mittwoch, 9. Dezember 2015

Das Wiederauftauchen meines ersten Antrags besaß gravierende Auswirkungen für meine Klage gegen Rechtsanwalt Gunnar Sch. Dieser haftete im Ergebnis nicht mehr für seine Pflichtverletzung, da mir nun die Restschuldbefreiung nach Ablauf von sechs Jahren gewährt wurde. Juristen sprechen in diesem Zusammenhang von einer überholenden Kausalität. Dafür, dass mein erster Antrag verloren ging, traf Gunnar Sch. keine Schuld.

Oftmals haben wir es in der Rechtsprechung mit paradoxen Situationen zu tun. An einem Beratungsfehler von Rechtsanwalt Sch. bestand zwar kein Zweifel. Er war nun jedoch nicht mehr entscheidend. Er war nicht mehr „kausal“. Meine Klage gegen ihn besaß aufgrund der neuen Entwicklung keine Aussicht auf Erfolg mehr.

Nur wusste ich das im Zeitpunkt der Klageerhebung nicht. Die Schuld lag eindeutig bei der sächsischen Justiz und damit beim Freistaat Sachsen. Nun musste ich mit einer Abweisung meiner Klage gegen Sch. rechnen. Also nahm ich diese zurück. Dies führte jedoch dazu, dass ich nicht nur die Kosten des eigenen Anwalts tragen musste, sondern auch die meines Gegners.

Die Gesamtkosten beliefen sich auf 3.500 €. Das wollte ich nicht auf mir sitzen lassen. Schließlich handelte es sich um einen Fehler des Leipziger Insolvenzgerichts. Aus diesem Grund schrieb ich den sächsischen Justizminister Gemkow an und forderte ihn zur Zahlung der Prozesskosten auf. Wieder einmal handelte es sich um einen Staatshaftungsfall.

Außerdem dachte ich mir, dass der sächsische Justizminister die Arbeitsweise seiner Gerichte kennen sollte. Große Hoffnungen auf eine Schadensersatzleistung des Freistaates machte ich mir natürlich nicht. Bislang hatte die sächsische Justiz nie ihre Bereitschaft erkennen lassen, in meiner Sache objektiv zu entscheiden.

Mittwoch, 30. Dezember 2015

Damit war die Angelegenheit noch nicht beendet. Unter der Versagung der Restschuldbefreiung hatte ich gesundheitlich stark gelitten. Die berufliche und finanzielle Perspektivlosigkeit, die mit dieser Entscheidung verbunden war, hinterließ schwere Spuren.

Seitdem begleiteten mich ständig schwere Depressionen. An vielen Tagen war ich überhaupt nicht mehr ansprechbar. Meine Gesundheit verschlechterte sich soweit, dass ich Mitte Januar 2014 auf die Intensivstation des Klinikums Ingolstadt eingeliefert werden musste.

Erst nach über einem einmonatigen Aufenthalt trat eine Stabilisierung ein. Heilen lässt sich meine Erkrankung dagegen kaum. Bereits minimale Reize lösen schwere Rückfälle aus.

Daher schrieb ich den sächsischen Justizminister Gemkow ein zweites Mal an. Ich forderte Schmerzensgeld. Auf ein Entgegenkommen des Freistaats hoffte ich nicht. Interessant war für mich eigentlich nur noch die Begründung, mit der man mein Anliegen ablehnen wird.

Dienstag, 26. Januar 2016

Heute erhielt ich Post vom Oberlandesgericht Dresden, also dem Gericht, das seit Jahren Kenntnis von meinem ersten Antrag auf Erteilung der Restschuldbefreiung besaß, ohne etwas unternommen zu haben. Die Richterin am Oberlandesgericht Wetzel antwortete auf meine Schmerzensgeldforderung.

Sie könne im Ergebnis ihrer Prüfung meinem Begehren nicht entsprechen. Was für eine Überraschung! Ich lasse mir gerne meine Vorurteile bestätigen! Wetzel drehte den Spieß einfach um: Nicht die sächsische Justiz sei schuld daran, dass mein erster Antrag auf Erteilung der Restschuldbefreiung verloren ging, sondern ich selbst. Denn ich hätte diesen Antrag nicht weiterverfolgt. Woraus die Richterin dies bei einem derart bedeutenden Antrag schloss, war mir rätselhaft.

Das war wieder einmal eine ganz starke richterliche Leistung. Seit wann muss ich ein Gericht daran erinnern, über wichtige Anträge zu entscheiden? Ist ein Antrag einmal gestellt, hat das Gericht auch davon ausgehen, dass ich es ernst meine. Das entsprach jedenfalls meiner anwaltlichen Erfahrung. Es wäre ja noch schöner, wenn ich jedes Mal gegenüber einem Gericht klarstellen muss, dass ich auch weiterhin zu meinen Anträgen stehe.

Dennoch – so Wetzel – begründe die unterbliebene Bearbeitung meines Antrages keine Staatshaftungsansprüche. Der hybride Rechtsstaat lässt grüßen.

Die Begründung belegt exemplarisch die Einstellung der sächsischen Justiz zu rechtsstaatlichen Mindeststandards. Wahrscheinlich war die Richterin Wetzel selbst nicht von ihrer Begründung überzeugt. Näher liegt jedenfalls, dass sie bei der Bearbeitung meines Falles klare Vorgaben besaß.

Natürlich steht mir dieser Schmerzensgeldanspruch zu. Von der sächsischen Justiz konnte ich jedoch keine unabhängige Bearbeitung meiner Ansprüche erwarten. Einmal mehr erfolgte die Entscheidung ergebnisbezogen.

Mittwoch, 24. Februar 2016

Wie man mit berechtigten Ansprüchen seiner Bürger umgeht, belegt ein weiterer Brief der sächsischen Justiz vom 24. Februar 2016. Er beinhaltet die Antwort auf die Forderung nach Erstattung der Kosten für den gegen Gunnar Sch. geführten Rechtsstreit.

Erneut antwortete mir die Richterin am Oberlandesgericht Wetzel. Erwartungsgemäß sah sie keine Verpflichtung, die Kosten des Rechtsstreits zu ersetzen. So falsch dies auch war, sie folgte damit einer Tradition. Zwar stehen diese Haftungsregelungen im Gesetz (§ 839 Bürgerliches Gesetzbuch). Die sächsische Justiz wendet sie jedoch nicht auf Schadensersatzbegehren ihrer Bürger an.

Rechtsstaatlich ist dies mit Sicherheit nicht.

Wieder einmal sah die Richterin Wetzel den Fehler bei mir. Eine Haftung des Freistaates Sachsen käme nur dann in Betracht, wenn ich wegen des Verschwindens meines Antrags zur Klage gegen Rechtsanwalt Gunnar Sch. gezwungen gewesen wäre. Dies sei nicht der Fall, denn ich hätte das Insolvenzgericht an die Bearbeitung des verlorengegangenen Antrags erinnern müssen. Hätte sich in diesem Fall wirklich etwas geändert? Obliegt es mir, dafür zu sorgen, dass Richter ihrer Arbeit ordnungsgemäß nachgehen? Bin ich für die Prüfung der Akten des Insolvenzgerichts zuständig? Und was war mit meiner Dienstaufsichtsbeschwerde sowie meiner Petition? Enthielten diese nicht sogar eine Beschwerde auf höchster Ebene?

Das war Rechtsakrobatik auf höchstem Niveau. Während jeder Bürger für sein Fehlverhalten haftet, gilt dies nicht für die Vertreter des Freistaates Sachsen. Aus rechtsstaatlicher Sicht ist diese Doppelmoral nicht hinnehmbar.

Natürlich muss es eine praktische Möglichkeit geben, den Freistaat Sachsen auf Schadensersatz zu verklagen. Große Lust dazu habe ich allerdings keine mehr. Ich ahne bereits, mit welchem Einfallsreichtum diese Klage behandelt würde. Was nicht sein kann darf im Freistaat eben nicht sein. Gewinnchancen hätte ich allenfalls vor dem Bundesverfassungsgericht oder dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Dort gehört mein Fall eigentlich hin. Nur wäre der Weg dahin lang und beschwerlich.

Am Ende hat der Freistaat Sachsen sein Ziel erreicht. Das damit in der Praxis umgesetzte Zweiklassenrecht ist zwar unbefriedigend, weitere negative Erfahrungen brauche ich aber keine mehr.

Zu Beginn meines Jurastudiums Mitte der 80er Jahre gab mir der Saarbrücker Volkswirtschaftsprofessor Dr. Stützle eine wichtige Entscheidungshilfe auf den Weg. Er sprach in der Vorlesung über allgemeine Volkswirtschaftslehre davon, jeder Marktteilnehmer habe grundsätzlich zwei Möglichkeiten, um auf Ereignisse zu reagieren, nämlich „exit“ oder „voice“. Er könne selbst darüber entscheiden, ob er sich auf bestimmte Spielregeln einlässt, oder dem Marktgeschehen den Rücken kehrt.

Ähnlich ist es im Fall der sächsischen Justiz. Ich besitze keine realistische Chance, auf deren Gepflogenheiten Einfluss zu nehmen. Also bleibt mir nur der Exit. Und den hatte ich mit meinem Wegzug aus Leipzig vollzogen.

Dienstag, 21. Februar 2017

Eigentlich ist heute ein guter Tag. So sollte es wenigstens sein. Denn die sechsjährige Wohlverhaltensphase in meinem Insolvenzverfahren ist abgelaufen. Sechs lange Jahre hatte mein Insolvenzverwalter Zugriff auf mein Einkommen, soweit dies die Pfändungsfreigrenzen überschritt. Aufgrund meiner Erkrankung war ich jedoch die meiste Zeit arbeitsunfähig.

Nun war ein Neustart möglich. Ich überlegte sogar, mir wieder eine Zulassung als Rechtsanwalt zu besorgen. Auch reservierte ich im Internet Adressen für meine künftige Homepage. Da ich vom Insolvenzgericht nichts gehört hatte, ging ich von einer Gewährung der Restschuldbefreiung aus.

Beim Insolvenzgericht sah man dies anders. Von dort erhielt ich die Mitteilung, dass derzeit nicht über meine Restschuldbefreiung entschieden werden könne. Denn die Insolvenzakte liege dem Gericht derzeit nicht vor.

Samstag, 1. Juli 2017

Nun waren bereits mehrere Monate vergangen. Eigentlich genug Zeit, um das Verfahren zur Gewährung der Restschuldbefreiung einzuleiten. Geschehen war leider immer noch nichts.

Nachdem ich bei den Mitarbeitern des Insolvenzgerichts zuvor bereits auf Granit gestoßen war, wandte ich mich direkt an den Abteilungsleiter für Insolvenzen, Herrn Richter am Amtsgericht Dr. Büttner. Es handelte sich um eben denjenigen Richter, der Ende 2012 meinen ersten Antrag auf Gewährung der Restschuldbefreiung in meiner Insolvenzakte entdeckt, dies jedoch nicht zum Anlass genommen hatte, in der Sache tätig zu werden.

Und so sollte es auch dieses Mal sein: Auf seine Antwort wartete ich vergeblich.

Mittwoch, 15. August 2017

Es sollten noch weitere sechs Wochen vergehen, bis das Insolvenzgericht schließlich handelte. Bislang hatte das Gericht keinen Grund zur Eile gesehen, zumal – so das Gericht –in meinem Fall mit Einwendungen von Gläubigern gegen die Gewährung der Restschuldbefreiung zu rechnen sei.

Ein halbes Jahr nach Ablauf der Wohlverhaltensphase teilte mir das Gericht nun allerdings mit, das Verfahren könne jetzt betrieben werden. Meine Insolvenzakte sei vom Landgericht an das Insolvenzgericht zurückgesandt worden. Es bat meinen Insolvenzverwalter Rüdiger B., einen außerplanmäßigen Bericht darüber zu erstatten, ob ich meinen Pflichten als Insolvenzschuldner während der Wohlverhaltensphase nachgekommen war.

Freitag, 17. November 2017

Die vergangenen Wochen verbrachte ich grübelnd. Erneut waren dunkle Wolken aufgezogen und dämpften meine Stimmung. Hierzu passte die Post, die ich heute vom Insolvenzgericht erhielt. Darin enthalten waren Einwendungen, welche einige Gläubiger, darunter die Finanzämter in Leipzig und Grimma sowie die Landesbank Baden-Württemberg, gegen die Gewährung meiner Restschuldbefreiung erhoben. Auch zwei Leipziger Rechtsanwälte hatten das Insolvenzgericht aufgefordert, mir die Restschuldbefreiung zu versagen. Das waren nun wirklich keine guten Nachrichten.

Noch schlechter wurde meine psychische Verfassung, nachdem ich mir diese Einwendungen genau durchlas. Meine Gläubiger beriefen sich auf den Bericht meines Insolvenzverwalters Rüdiger B. Dieser beschwerte sich offensichtlich über eine nachhaltige Verletzung meiner Kooperationspflichten und empfahl, mir die Restschuldbefreiung zu verweigern. Es sah also ganz so aus, als hätte Rechtsanwalt Rüdiger B. kräftig vom Leder gezogen.

Insolvenzverwalter B. bestätigte noch zwei Jahre zuvor, ich sei meinen Kooperationspflichten nachgekommen. Daher empfahl er einen Insolvenzplan zur Beendigung meines Insolvenzverfahrens. Dies war nun Schnee von gestern. Rüdiger B. legte seine Karten auf den Tisch. Und danach besaß ich ein schlechtes Blatt. Vielleicht wollte er es sich auch nicht mit dem Insolvenzgericht verscherzen und die Erteilung neuer Aufträge riskieren.

Ich bat das Insolvenzgericht mehrfach darum, mir seinen Bericht zur Verfügung zu stellen, damit ich mich inhaltlich dazu äußern kann. In einem Rechtsstaat ist dies selbstverständlich. Rechtliches Gehör kann nur dem gewährt werden, der über die gegen ihn erhobenen Vorwürfe informiert wird. Aus den Einwendungen der Gläubiger konnte ich nicht entnehmen, was mir mein Insolvenzverwalter Rüdiger B. wirklich vorwarf.

Meine Bitte blieb jedoch unbeantwortet. Das Insolvenzgericht Leipzig tat alles, um meine Anhörung zu hintertreiben. Es wollte mich dar nicht erst in die Lage versetzen, mich mit den Einwendungen meiner Gläubiger auseinander zu beschäftigen.

Glücklicherweise war es Rechtsanwalt Rüdiger B., der mir seinen Bericht auf Nachfrage meines Rechtsanwalts Reinhard Willemsen zur Verfügung stellte. In der Tat machte er darin Ausführungen zur Verletzung meiner Kooperationspflichten. Dabei stützte er sich auf nicht näher genannte Informanten aus Leipzig. Leider sah mein Insolvenzverwalter keinen Grund, mich aufzufordern, zu deren Behauptungen Stellung zu beziehen. Rechtsanwalt Rüdiger B. schloss mit dem Hinweis, ich habe meine Kooperationspflichten zumindest grob fahrlässig verletzt.

Positive Worte fand er dagegen keine.

Am Ende spielte all dies nun keine Rolle mehr. Er hatte seinen außerplanmäßigen Bericht erstellt und diesen den Gläubigern zukommen lassen.

Das Insolvenzgericht Leipzig wird nun eine sehr spannende Frage beantworten müssen: Bin ich überhaupt zur Kooperation verpflichtet, wenn das Insolvenzgericht meinen ersten Antrag auf Erteilung der Restschuldbefreiung unterschlägt? Immerhin hatte das Gericht mir zu Beginn meines Insolvenzverfahrens die Restschuldbefreiung verweigert.

Nach der Insolvenzordnung stellt die Restschuldbefreiung eine notwendige Voraussetzung der Kooperationspflicht dar. Sie steht daher am Beginn jedes Insolvenzverfahrens. Man bietet dem Insolvenzschuldner die Restschuldbefreiung an und erwartet im Gegenzug seine Kooperation.

Wie kann ich zu einer Kooperation verpflichtet sein, wenn ich meine Kooperationspflicht aufgrund der Versagung der Restschuldbefreiung zu Beginn meines Insolvenzverfahrens nicht einmal kannte? Immerhin warf mir Rüdiger B. grob fahrlässiges Verhalten vor.

Mit derartigen Überlegungen wird sich das Insolvenzgericht jedoch mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht befassen. Es wird das machen, was es von Anfang an vorhatte, und was ich bereits in seinem Beschluss vom 21. Februar 2011 nachlesen musste: Ich soll, so der Wille der sächsischen Justiz, bis ans Ende meiner Tage auf meinen Schulden sitzen bleiben. Was jedem Einzelnen zusteht, wird mir verweigert.

Für mich handelt es sich bei der Angelegenheit um eine politische Entscheidung, die nur rechtlich begründet werden muss. Nur die Begründung bleibt spannend, nicht das Ergebnis.

Leider ist mit der Entscheidung des Insolvenzgerichts über die Gewährung bzw. Verweigerung meiner Restschuldbefreiung die Angelegenheit noch lange nicht vorbei. Sollte mir die Restschuldbefreiung verweigert werden, muss ich wieder einmal den Rechtsweg ausschöpfen und notfalls beim Bundesverfassungsgericht sowie dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte klagen. Bis zu einer endgültigen Entscheidung werden noch Jahre ins Land gehen. Damit ist eine Rückkehr in den Anwaltsberuf ausgeschlossen.

Der hybride Rechtsstaat – Teil 6 – Die Staatsgewalt schlägt zurück

siehe ferner Der hybride Rechtsstaat – Teil 5 – Die Untätigkeit politischer Entscheidungsträger

Der hybride Rechtsstaat – Teil 5 – Die Untätigkeit politischer Entscheidungsträger

Montag, 8. April 2013

Den heutigen Tag hatte ich mit Spannung erwartet. Voll innerlicher Unruhe suchte ich die Buchhandlung Hugendubel im Westpark in Ingolstadt auf. Nun hielt ich es in den Händen: Es war das neue Buch des investigativ tätigen Journalisten Jürgen Roth, mit dem Titel „Spinnennetz der Macht“.

Vor mehreren Jahren lernte ich Jürgen Roth kennen. Eines Nachmittages saß er in meinem Wohnzimmer, damals noch in Leipzig. Er war ein schmächtiger Mann mit scharfer, schneller Intelligenz, der eine Auseinandersetzung mit unseren Staatsvertretern nicht scheute und sich nicht einschüchtern ließ[1]. Als einer der wenigen Journalisten war er bereit, Betroffene in ihrem Kampf zu unterstützen. Er verlieh diesen eine Stimme. Diese war mahnend und fordernd zugleich. Missstände deckte er konsequent auf.

Jürgen Roth fragte mich damals nach meinen Erfahrungen im Umgang mit den Vertretern der herrschenden Kaste in Sachsen. Man merkte schnell, dass es ihm auch ein persönliches Anliegen war, staatliche Willkür aufzuarbeiten. Er selbst hatte unter den Attacken der sächsischen Justiz ebenfalls gelitten. Seitdem ging der Kontakt zu ihm nicht verloren. Jürgen Roth ermunterte mich dazu, meine Erlebnisse niederzuschreiben und diese der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Schnell entfernte ich die Schutzhülle des Buches und begann zu lesen. Gierig überflog ich die Zeilen. Da stand er nun: mein Name und ein großer Teil meiner Erfahrungen in Sachsen. Ich nahm das Objekt meiner Begierde, ging zur Kasse und zahlte. Jürgen Roth berichtete über meine Erlebnisse als „Kampf eines Aufrechten“. Dies ging runter wie Öl. Immerhin war er eine der wenigen Personen, die diesen Kampf unterstützten und den Betroffenen Mut machte.

Mir bedeuteten seine Ausführungen viel. Immerhin bildeten sie den Anfang meiner längst fälligen Rehabilitation. Das war zwar eigentlich eine sächsische Aufgabe, dort sah man die Dinge jedoch anders. Um mir nichts vorwerfen zu müssen unterrichtete ich sowohl meinen Insolvenzverwalter als auch das Insolvenzgericht Leipzig über das Buch. Das war natürlich ein Fehler.

Nach der Lektüre seiner Ausführungen fühlte ich mich das erste Mal seit langem besser. Vielleicht war mein Kampf gegen die Windmühlen der Justiz doch nicht so aussichtslos, wie ich dies immer gedacht hatte. Vielleicht würden sich nun auch andere Journalisten meiner Sache annehmen und dafür kämpfen, dass sich diese Erfahrungen nicht wiederholen.

Doch ich sollte mich wieder einmal irren. Außer Jürgen Roth interessierte sich niemand für diesen Kampf.

Montag, 15. April 2013

Natürlich haben die Vertreter an den Schaltstellen der Macht in Sachsen das Buch von Jürgen Roth mit Unwillen gelesen. Mit einer Reaktion musste ich also rechnen. Gleiches gilt für meine Petition zum sächsischen Landtag, die ich kurz zuvor eingereicht hatte.

Leider fiel die Reaktion der sächsischen Justiz wieder einmal nicht so aus, wie ich es mir erhofft hatte. Stattdessen zeigte mir der Freistaat wieder einmal sein wahres Gesicht.

Erneut wurde früh morgens stürmisch an der Hauseingangstür in Ingolstadt geklingelt. Es erschienen mehrere Kriminalbeamte und legten mir einen Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts Leipzig vom 16. November 2012 vor. Vorausgegangen war eine Strafanzeige meines Insolvenzverwalters Rechtsanwalt Rüdiger B. vom Juni 2011.

Das Timing überraschte nun doch. Oder etwa nicht?

Fast zwei Jahre nach Erstattung einer Strafanzeige meines Insolvenzverwalters ordnete das Amtsgericht Leipzig zum wiederholten Mal die Durchsuchung meiner Wohnung an. Bezeichnenderweise wurde die Staatsanwaltschaft erst nach Veröffentlichung des neuen Buchs von Jürgen Roth tätig. Was für eine kuriose zeitliche Übereinstimmung! Der wievielte Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts lag nun eigentlich vor? Inzwischen hatte ich den Überblick verloren.

Mein Insolvenzverwalter B. beschuldigte mich, einen betrügerischen Bankrott begangen zu haben. Ich soll erhebliche Gelder von meinen Anwaltskonten abgezweigt und meine Beteiligungen an den Biogasgesellschaften in strafbarer Weise auf ein Unternehmen übertragen haben.

Das waren wirklich heftige Vorwürfe. Noch im Mai 2011 hatte ich mich den Fragen meines Insolvenzverwalters anlässlich unseres Treffens in Frankfurt am Main gestellt. Es gab anlässlich dieses Gesprächs keinen Hinweis darauf, dass noch irgendwelche Fragen offen wären.

Getreu seiner bisherigen Linie machte sich mein Insolvenzverwalter anlässlich dieser Strafanzeige dennoch nicht die Mühe, den Sachverhalt aufzuklären und sich hinsichtlich der Details bei mir rückzuversichern. Dass meine Einnahmen ausschließlich in den Kanzleibetrieb geflossen waren, ich mir zudem die letzten 18 Monate vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht einmal ein Gehalt gezahlt hatte, interessierte ihn nicht. Gleiches galt für die Gründe, die zur Übertragung meiner Geschäftsanteile an den Biogasgesellschaften führten. Rüdiger B. wusste es wieder einmal besser. Für ihn war es nicht erforderlich, mich vorher anzuhören.

Meinem Insolvenzverwalter war es jedoch wichtiger, seinen eigenen Weg zu gehen, auch wenn er damit die Gegebenheiten auf den Kopf stellte. Seine Strafanzeige, über die ich erst anlässlich der erneuten Durchsuchung erfuhr, ist für mich auch heute noch nichts anderes als eine massive Denunziation mit schwerwiegenden Folgen.

Vorteile für das Insolvenzverfahren erzielte er auf diese Weise allerdings nicht, denn er setzte mich gesundheitlich wieder dauerhaft schachmatt. Damals war es der achte Durchsuchungsbeschluss, den das Amtsgericht Leipzig gegen mich erlassen hatte. Nun versank ich wieder in tiefen Depressionen.

Montag, 9. September 2013

Meine Gesundheit hatte sich etwas gebessert, wenn auch in kleinen Schritten. Vor vier Wochen wandte ich mich an den Leipziger Rechtsanwalt Dr. Stapper, ein Spezialist im Insolvenzrecht. Dieser hatte mich schon vor der Eröffnung meines Insolvenzverfahrens auf die Möglichkeit verwiesen, das Verfahren durch einen sogenannten Insolvenzplan vorzeitig zu beenden. Ein Insolvenzplan beinhaltet eine Einigung mit meinen Gläubigern. Diese müssen den Insolvenzplan mittragen, ihm also positiv gegenüberstehen. Dr. Stapper sollte dessen Erfolgsaussicht prüfen.

Hierzu beantragte er Einsicht in meine Insolvenzakte. Diese enthielt u. a. die Berichte meines Insolvenzverwalters an die Gläubigerversammlung, also an die Gemeinschaft aller Gläubiger. Meine Gläubiger hatten von mir seit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nichts mehr gehört. Ich wusste daher nicht, ob sie einen Insolvenzplan befürworten würden.

Eigentlich ist jeder Insolvenzverwalter verpflichtet, dem Schuldner die Berichte an die Gläubigerversammlung zu übermitteln. Mehrfach hatte ich meinen Insolvenzverwalter hierzu aufgefordert. Eine Antwort blieb er mir stets schuldig.

Vielleicht lag der Grund hierfür auch in der Art, wie er über mich berichtete. Mehrfach teilte er meinen Gläubigern mit, ich sei nicht kooperationswillig, wodurch die Arbeit des Insolvenzverwalters deutlich erschwert würde. Nicht akzeptabel war für mich, dass dies hinter meinem Rücken geschah und ich damit keine Möglichkeit besaß, die Vorwürfe richtig zu stellen.

Aufgrund meiner Kooperationsunwilligkeit – so führte mein Insolvenzverwalter aus – solle mir die Möglichkeit eines Insolvenzplans versagt werden. Was mein Insolvenzverwalter den Gläubigern verschwieg war die Tatsache, dass ich jede seiner Anfragen, sofern es welche gab, ausführlich beantwortet hatte. Vielmehr war es Rüdiger B., der nur selten Zuarbeiten von mir verlangt hatte. Aber Papier ist bekanntlich geduldig.

Natürlich wollte ich von Rechtsanwalt Dr. Stapper wissen, ob meine Gläubiger von meinem Insolvenzverwalter über meine psychische Erkrankung informiert worden waren. Dies war jedoch nicht der Fall. Meine Gläubiger mussten daher annehmen, dass ich eine Kooperation im Insolvenzverfahren willkürlich verweigerte.

Dr. Stapper kam zu dem Ergebnis, dass ein Insolvenzplan derzeit keine Aussicht auf Erfolg besitzt. Meine Gläubiger würden sich der Auffassung meines Insolvenzverwalters anschließen und gegen einen Insolvenzplan sowie die damit verbundene Restschuldbefreiung stimmen.

Damit hatte mein Insolvenzverwalter vollendete Tatsachen geschaffen. Es sollte bei der gegen mich verhängten Höchststrafe, also dem sechsjährigen Insolvenzverfahren und der Verweigerung der Restschuldbefreiung bleiben. Ich würde auch nach sechs Jahren auf meinen Schulden sitzen bleiben.

Das waren ausgesprochen bittere Nachrichten.

Mittwoch, 24. September 2014

Beruflich gelang mir vor ein paar Wochen ein kleiner Durchbruch. Ich trat beim Institut für Fortbildung von Betriebsräten (IfB) aus Murnau am Staffelsee eine Stelle als Referent an. Ich hatte die Hoffnung auf einen neuen Job schon fast aufgegeben.

Ich sollte Betriebsräte im Arbeits- und Betriebsverfassungsrecht unterrichten. Für mich stellte diese Referententätigkeit eine enorme finanzielle Entlastung dar. Da meine Vergütung unterhalb der Pfändungsfreigrenze lag, besaß mein Insolvenzverwalter hierauf keine Zugriffsmöglichkeit.

Die ersten beiden Seminare in Frankfurt und Dresden hielt ich mit gutem Erfolg. Die Kritiken der Seminarteilnehmer waren positiv. Daher bestand die Chance, künftig öfter Betriebsräte schulen zu können.

Aber es sollte anders kommen. Wieder einmal hatte ich die Rechnung ohne den Wirt gemacht.

Mein Insolvenzverwalter erfuhr durch eine Indiskretion aus meinem „Freundeskreis“ von meiner neuen Tätigkeit und setzte zu einer Blutgrätsche an. Ohne mich zu informieren bzw. vorherige Auskünfte bei mir einzuholen wandte er sich direkt an das IfB. Außerdem beantragte er beim Insolvenzgericht Leipzig eine Postsperre, welches ihm diese umgehend gewährte. Fortan würde Rüdiger B. die an mich gerichtete Post vor mir lesen.

Seine Vorgehensweise hatte sich seit seiner Attacke gegenüber dem Jobcenter Ingolstadt, wo er die Einstellung meiner Hartz-IV-Zahlungen erreichen wollte, nicht geändert. Mein Insolvenzverwalter berichtete dem IfB von meinen „kriminellen Machenschaften“. Es ginge mir nur darum, Einnahmen an den Gläubigern vorbei zu erzielen.

Er forderte die Zahlung meiner gesamten Vergütung an ihn selbst. Die Pfändungsfreigrenzen akzeptierte er nicht. Und das, obwohl meine Referentenvergütung den Pfändungsfreibetrag nicht einmal überschritt.

Wenig später erfuhr ich die Konsequenzen wieder einmal am eigenen Leibe. Aufgrund des Briefs meines Insolvenzverwalters beendete das IfB die Zusammenarbeit mit mir. Damit ging mir das Referentengehalt verloren. Ich stürzte einmal mehr vollständig ab.

Die Vorgehensweise meines Insolvenzverwalters war alles andere als zielführend. Nach der Beendigung meiner Zusammenarbeit mit dem IfB konnte er nicht mehr auf eine höhere Referentenvergütung meinerseits hoffen und einen Teil davon einfordern. Damit schädigte er meine Gläubiger zum wiederholten Mal.

Die Kaltschnäuzigkeit meines Insolvenzverwalters musste ich darüber hinaus auch anlässlich eines Besuchs bei meiner Bank an diesem Tag feststellen. Nachdem ich meine EC-Karte in den Schlitz des Bankautomaten eingeführt hatte, wurde diese einbehalten. Auf meinem Konto befand sich ein nur geringes Guthaben. Das IfB hatte kurz vorher meine Spesen für mein Vorstellungsgespräch überwiesen.

Nach Auskunft der Volksbank Greven ließ mein Insolvenzverwalter mein Konto pfänden und veranlasste die Zahlung der Spesen an sich. Nach den einschlägigen Regelungen der Zivilprozessordnung dürfen derartige Spesen allerdings nicht gepfändet werden. Meinen Insolvenzverwalter interessierte dies wenig. Die Spesen aus meinem Vorstellungsgespräch sah ich nie wieder.

Daran änderten meine Beschwerden bei ihm sowie beim Insolvenzgericht Leipzig nichts. Während mein Insolvenzverwalter Rüdiger B. seiner Linie treu blieb und meine Schreiben ignorierte, erhielt ich vom Insolvenzgericht Leipzig nur die kurze Antwort, der Insolvenzverwalter habe alles richtiggemacht. Auch eine hinter meinem Rücken erfolgte Denunziation sah das Insolvenzgericht nicht. Immerhin hatte B. von meinen „kriminellen Machenschaften“ gesprochen.

Längst war beim Leipziger Insolvenzgericht alles erlaubt. Seine Vorgehensweise deckte sich zwar nicht mit der Rechtslage. Es entsprach aber der üblichen Marschrichtung in der Leipziger Justiz. Ähnlich hatte das Insolvenzgericht Leipzig bereits auf frühere Beschwerden meinerseits reagiert. Diese Praxis ermutigte meinen Insolvenzverwalter zu noch konsequenterem Vorgehen.

Nachvollziehen kann ich das Verhalten meines Insolvenzverwalters sowie des Insolvenzgerichts bis heute nicht. Wozu nutzen rechtliche Rahmenbedingungen, wenn man sich bei der Anwendung selbst die Absolution erteilt.

Dass gerade Vertreter der öffentlichen Hand, zu denen Insolvenzverwalter und das Insolvenzgericht gehören, verpflichtet sind, rechtliche Mindeststandards einzuhalten, stellt eine Binsenwahrheit dar. Immerhin geht es hier um nichts Geringeres als die Rechtsstaatlichkeit, deren Bedeutung und Reichweite ich aufgrund meiner Doktorarbeit genau zu kennen glaubte.

Mein rechtstheoretisches Wissen deckte sich jedoch nicht mit der im Freistaat Sachsen gelebten Rechtspraxis. Mein Kampf um die Einhaltung rechtsstaatlicher Regelungen in der sächsischen Justiz war längst verloren. Sämtliche Verfassungsgrundsätze helfen dem Betroffenen nicht, wenn die Bereitschaft zu ihrer Einhaltung fehlt.

Montag, 22. Juni 2015

Wieder einmal befasste ich mich mit Überlegungen, mein Insolvenzverfahren durch einen Insolvenzplan zu beenden. Inzwischen stand sogar mein Insolvenzverwalter diesem Vorhaben positiv gegenüber.

Mein Rechtsanwalt hatte die aktuelle Gläubigerliste von Rüdiger B. abgefordert. Gleichlautende Bitten von mir gab es zwar bereits früher. Eine Antwort blieb mir B. jedoch stets schuldig. Er brauchte meine Zuarbeit offensichtlich nicht.

Die Gläubigerliste gibt Auskunft darüber, welcher Gläubiger im Insolvenzverfahren Forderungen erfolgreich angemeldet hat. Sie dokumentiert den exakten Schuldenstand. Es ist daher wichtig, diese Liste möglichst fehlerfrei zu erstellen. Gerade aus diesem Grund hatte ich meinem Insolvenzverwalter B. in den vergangenen Jahren immer wieder meine Unterstützung angeboten. Schließlich wusste ich am besten, welche Forderungen existierten und welche nicht.

Rüdiger B., der sich so gerne über meine fehlende Kooperationswilligkeit beklagte, ging auf mein Angebot leider nie ein. Nun sah ich das Ergebnis seiner Tätigkeit. Mein Insolvenzverwalter hatte in erheblichem Umfang Forderungen von Gläubigern bestätigt, die in Wirklichkeit nicht bestanden. Teilweise widersprachen diese sogar gerichtlichen Entscheidungen.

Eine Änderung der Gläubigerliste war nun allerdings nicht mehr möglich. Mein Schuldenstand hatte sich aufgrund der einseitigen Tätigkeit meines Insolvenzverwalters um mehrere hunderttausend Euro erhöht.

Natürlich machte ich Rüdiger B. auf diese Fehler aufmerksam. Auf eine Antwort verzichtete er.

[1]              www.juergen-roth.com/blog/tag/sachsensumpf-2/; www.berliner-zeitung.de/der-mafia-experte-juergen-roth-sieht-in-sachsen-eine-herrschaftsjustiz-am-werk–jetzt-ermittelt-die-chemnitzer-polizei-wegen-verunglimpfung-des-staates-gegen-den-journalisten-der-staatsfeind-15606154?originalReferrer=https://www.google.de/; http://www.gomopa.net/Pressemitteilungen.html?id=384&meldung=Sachsensumpf-Kritiker-Juergen-Roth-droht-Gefaengnis

Der hybride Rechtsstaat – Teil 5 – Die Untätigkeit politischer Entscheidungsträger

siehe ferner Der hybride Rechtsstaat – Teil 4 meines Tagebuchs – Die Gepflogenheiten des sächsischen Insolvenzverfahrens

Der hybride Rechtsstaat – Teil 4 meines Tagebuchs – Die Gepflogenheiten des sächsischen Insolvenzverfahrens

Freitag, 26. Oktober 2012

Am heutigen Tag ging es mir etwas besser. Es gab auch diese Tage, an denen meine Depressionen nachließen und ich in der Lage war, mich meinen Problemen zu stellen.

Nun ging ich erstmals daran, meine Erlebnissen niederzuschreiben und dafür zu sorgen, dass sich diese nicht wiederholen. Handelte es sich wirklich um eine Aktion, die von meinen Gegnern in der sächsischen Justiz gesteuert wurde, oder um eine Vielzahl von Zufällen? Zugegebenermaßen glaubte ich an Letzteres nicht mehr. Meine Fragen forderten jedenfalls eine Antwort.

Ich würde mir später einmal große Vorwürfe machen, wenn ich nicht wenigstens den Versuch unternommen hätte, die Dinge aufzuarbeiten und bekannt zu machen. Zudem wollte ich eine Hintertür für die politische Kaste in Sachsen schließen, für den Fall, dass deren Vertreter später einmal auf die Ereignisse angesprochen werden. Politiker behaupten zum Selbstschutz gerne, keine Kenntnis von einem bestimmten Sachverhalt zu besitzen. So einfach wollte ich es meinen Gegnern jedoch nicht machen. Sie sollten gar nicht erst die Chance bekommen, sich später einmal herauszureden.

Also fasste ich in einer 20seitigen Dienstaufsichtsbeschwerde meine Erfahrungen in Sachsen zusammen und sandte diese an den sächsischen Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich persönlich. Ich schilderte meine Auseinandersetzungen mit den sächsischen Spielbanken, die Attacken der Staatsanwaltschaften in Leipzig und Dresden, die Vorgehensweise der Finanzämter in Leipzig und Grimma sowie das Zustandekommen und den Ablauf meines Insolvenzverfahrens. Vor allem das Verschwinden meines ersten Antrags auf Erteilung der Restschuldbefreiung hatte ich noch nicht verkraftet. Auch auf die enge Kooperation zwischen der sächsischen Justiz und der BILD kam ich zu sprechen. Daraus ergab sich für den sächsischen Ministerpräsidenten ein umfassendes Bild. Er konnte nun selbst entscheiden, ob sich eine Intervention oder gar eine Aufarbeitung lohnen.

Hoffnungen darauf, dass etwas geschehen würde, besaß ich keine. Ich konnte lediglich den Ministerpräsidenten veranlassen, die ganze Angelegenheit zu überprüfen, sei es auch nur, um sich selbst aus der Schusslinie zu bringen. Mein Schreiben leitete Tillich an die jeweiligen Fachressorts weiter. Das war wenigsten etwas. Damit gelangte es unter anderem an den Justizminister sowie die Präsidenten des Amtsgerichts Leipzig sowie des Oberlandesgerichts Dresden Hagenloch.

Samstag, 19. Januar 2013

Mit der Dienstaufsichtsbeschwerde allein begnügte ich mich allerdings nicht. Mein nächster Schritt galt dem sächsischen Landtag. Hierzu verfasste ich eine Petition.

Das Petitionsrecht steht in der Verfassung. Jeder Bürger kann sich bei seinem Landesparlament über seine Behandlung durch die öffentliche Hand beschweren und auf eine Abhilfe hinarbeiten. Es handelt sich hierbei allerdings nur um ein Placebo. Der Betroffene folgt meist seinem Gewissen, das es ihm nicht erlaubt, einfach einen Schlussstrich unter seine Erlebnisse zu ziehen.

Mit der Petition ist es wie mit einer Dienstaufsichtsbeschwerde. Sie kann formlos, ohne eine bestimmte Frist, also fristlos eingereicht werden und verläuft am Ende zwecklos.

Hiervon ging ich auch in meinem Fall aus. Meine Erwartungshaltung war zudem deshalb gering, weil mein ehemaliger Parteikollege aus der sächsischen FDP, der Landtagsabgeordnete Tino Günther, Vorsitzender des Petitionsausschusses war. Argwöhnisch fragte ich mich, ob meine Petition unter diesen Voraussetzungen überhaupt beim Landtag eingehen wird. Vielleicht war ich auch einfach nur ein gebranntes Kind.

Wegen meiner Zweifel versandte ich meine Petition außerdem an den Vertreter der Partei DIE LINKE im sächsischen Landtag, Klaus Bartl, der mich wenig später davon unterrichtete, die Petition erhalten zu haben. Bei dem Landtagsabgeordneten Bartl handelt es sich um einen der wenigen Politiker in Sachsen, der Betroffene in ihrem aussichtslosen Kampf gegen staatliche Willkür unterstützt.

Mittwoch, 27. Februar 2013

Es ist alles andere als schön, wenn sich böse Befürchtungen bestätigen. Nachdem ich über einen Monat nichts von meiner Petition gehört hatte – nicht einmal deren Eingang wurde mir bestätigt – wandte ich mich nicht mehr an den Vorsitzenden des Petitionsausschusses, sondern an den damaligen Präsidenten des sächsischen Landtags Dr. Rößler. Ich bat diesen darum, den Eingang meiner Petition zu bestätigen. Zu meinem Bedauern teilte mir der Landtagspräsident wenig später mit, meine Petition sei beim sächsischen Landtag nie eingegangen.

Das passte mal wieder hervorragend zu meinen Erfahrungen mit der herrschenden Kaste in Sachsen. Verlorengegangen war meine Petition mit Sicherheit nicht. Vielleicht wollte mein ehemaliger Parteikollege mir auch nicht weiterhelfen. Jedenfalls zweifle ich nicht daran, dass er die Petition erhalten hatte.

Freitag, 15. März 2013

Also wandte ich mich erneut an den sächsischen Landtag. Dieses Mal versandte ich meine Petition per Einschreiben, um den Zugang nachweisen zu können. Wenig später erhielt ich die Nachricht, meine Petition liege dem Petitionsausschuss vor. Er werde sich in den kommenden Wochen mit ihr befassen.

Das geschah dann sogar. Die Antwort, die ich erhielt, überraschte mich in ihrer Schärfe allerdings doch. Es sei bei meiner Behandlung alles mit rechten Dingen zugegangen. Vor allem Prof. Dr. Milbradt habe sich nichts vorzuwerfen, wie dieser selbst in einer Landtagsrede – die man mir gleich übermittelte – ausgeführt hatte.

Nun ja. Wenn Prof. Dr. Milbradt sich ein fehlerfreies Handeln bescheinigt, gab es daran für die Vertreter der CDU im Petitionsausschuss nichts zu zweifeln. Also wies der Ausschuss meine Petition mit den Stimmen der CDU ab.

Auf meine Dienstaufsichtsbeschwerde erhielt ich eine ähnliche Antwort. Sowohl die sächsische Justiz als auch die beteiligten Finanzämter hätten in meinem Fall nur geltendes Recht angewendet. Dies mag aus deren Sicht sogar stimmen.

Wovon träumten diese Herren eigentlich sonst?

Der hybride Rechtsstaat – Teil 4 meines Tagebuchs – Die Gepflogenheiten des sächsischen Insolvenzverfahrens

siehe ferner Der hybride Rechtsstaat – Teil 3 meines Tagebuchs – Finanzämter als Steigbügelhalter des Obrigkeitsstaates

Der hybride Rechtsstaat – Teil 3 meines Tagebuchs – Finanzämter als Steigbügelhalter des Obrigkeitsstaates

Kapitel 1: Der Anfang vom Ende

In meiner Systemkritik darf ein Abschnitt über mein Insolvenzverfahren nicht fehlen. Auch dieses zeigt exemplarisch, wie wenig rechtsstaatliche Grundsätze in der sächsischen Justiz Anwendung finden.

Aus internen Quellen geht hervor, dass mein Insolvenzverfahren im sächsischen Finanzministerium genau beobachtet wurde. Daher verwundert es nicht, wenn die Vertreter der sächsischen Justiz besonders konsequent vorgingen. Sie wollten sich keine Blöße geben. Eine zentrale Steuerung liegt auch in diesem Fall nahe.

Meine Kritiker mögen dies als Verschwörungstheorie abtun. Eine belastbare Erklärung für meine Behandlung haben auch sie nicht zu bieten. In Sachsen bescheinigt sich die herrschende politische und juristische Kaste ohnehin gerne ihre eigene Gesetzestreue. Nur scheinen sie darunter etwas völlig anderes zu verstehen als der gemeine Bürger. Die Frage war hier nur, wer in einer Parallelwelt lebte.

Für jedes Insolvenzverfahren bildet die Insolvenzordnung den rechtlichen Rahmen. Der Betroffene, Insolvenzschuldner genannt, wird zwar seiner finanziellen Handlungsmöglichkeiten weitgehend beraubt, rechtlos ist er damit aber nicht. Die den Insolvenzschuldner schützenden Mindeststandards ergeben sich nicht zuletzt aus dem Grundgesetz. Nur dass die sächsische Justiz über dessen Geltung andere Vorstellungen besitzt als ich selbst.

Wenn man glaubt, dass sich der gesetzliche Rahmen auch hier nicht ausdehnen lässt, irrt man sich gewaltig. Nichts von den mir zustehenden Rechten erwies sich als belastbar. Die sächsische Justiz ließ keine Gelegenheit aus, mir zu zeigen, wer der Chef im Ring ist. Im Ergebnis drängte man mich in die Rolle eines wertlosen Objekts, mit dem man verfahren konnte, wie es einem beliebt.

Sowohl das Insolvenzgericht Leipzig als auch der von ihm bestimmte Insolvenzverwalter übertrafen sich in ihren Anstrengungen. Die Zahl der Rechtsbrüche nahm ständig zu. So verweigerte man mir gleich zu Beginn die Restschuldbefreiung, gab außerdem Informationen an die BILD weiter und sorgte so für eine bundesweite Stigmatisierung meiner Person, welche sich auf mein berufliches Fortkommen verheerend auswirkte. Dass man zudem nicht einmal bereit war, Pfändungsfreigrenzen zu respektieren und mir das verfassungsrechtliche Mindesteinkommen zu belassen, geriet eher zu einer Nebenerscheinung.

Samstag, 14. August 2010

Heute war Rückreisetag. Mit meinen Kindern Carmen und Daniela sowie meiner damaligen Lebensgefährtin hatte ich 14 erholsame Tage in der Toskana verbracht. Den Urlaub hatte ich dringend nötig. Wir schwelgten nicht im Luxus, sondern achteten genau auf die Kosten.

Im Mittelpunkt unseres Urlaubs stand die kulturelle Vielfalt Italiens, die wir in wunderschönen Städten wie Florenz, Volterra und Siena fanden. Die Toskana half mir, etwas abzuschalten, meinem Hobby zu frönen und mehr als 2.000 Fotos zu schießen. Daraus wollte ich später ein Fotobuch erstellen.

Trotz aller Bemühungen verließen mich meine Sorgen auch im Urlaub nicht. Ich musste mich über die Ereignisse in Deutschland auf dem Laufenden halten. Immerhin war der Streit mit meinem Geschäftspartner Lap K. eskaliert, nachdem mich dieser von den Einnahmen der Biogasanlagen abgeschnitten und die Rückzahlung der Darlehen verweigert hatte. Damit trug er seinen Teil zu meiner Insolvenz bei. Gegen ihn hatte ich mehrere Strafanzeigen erstattet und auf die Hilfe der Staatsanwaltschaft Leipzig gehofft.

Nun fuhren wir zurück nach Deutschland, in das Land, das ich schon lange nicht mehr als meine Heimat ansah. Innerlich hatte ich meine schlechten Erfahrungen in Sachsen auf den Rest der Republik übertragen.

Glücklicherweise war ich während meines Italienurlaubs von meinen Emails abgeschnitten. Dies versprach wenigstens etwas Ruhe. Auch gelang es meinen Kindern, mich aufzuheitern. Sie zählen zu den wenigen Personen, die mich zum Lachen bringen können. In meinem Urlaub wurde mir immer mehr bewusst, dass sie der einzige Grund waren, weshalb ich noch lebte. Ohne ihre Liebe, die ich jeden Tag spürte, hätte mich jeder Lebensmut längst verlassen.

Wir waren morgens in Italien gestartet und durchquerten die Schweiz. Als wir Zürich erreichten, war es längst dunkel geworden. Es war eine Dunkelheit, die sich düster auf meine Seele legte und umso stärker anwuchs, je näher wir der deutsch-schweizerischen Grenze in Konstanz/Kreuzlingen kamen. Mit jedem Kilometer verstärkten sich meine aufkommenden Depressionen.

Gegen 21:30 Uhr erreichten wir Allensbach. In trauriger Stimmung übergab ich meine Kinder ihrer Mutter und verabschiedete mich von ihnen. Ich nahm sie fest in die Arme, küsste sie und bedankte mich für die wunderschöne gemeinsame Zeit.

Von meinen Kindern aus ging es in unser Hotel, den Landgasthof Mindelsee. Wir waren zu müde, um sofort zurück nach Leipzig weiterzufahren. Mit Sorge schaute ich auf mein Handy und stellte den Eingang von mehr als 130 Emails fest. Mit wachsender Angst vor der Rückkehr in mein anwaltliches Leben blätterte ich diese durch. Hoffentlich gab es keine schlechten Nachrichten.

Ich hoffte vergeblich und spürte, wie sich die im Urlaub gewonnene Erholung schlagartig in Luft auflöste.

Auf meinem Handy erschien eine E-Mail von Rechtsanwalt Rüdiger B. aus Leipzig. Er hatte ergebnislos versucht, mich in meinem Büro zu erreichen. B. teilte mir mit, er sei vom Insolvenzgericht Leipzig zu meinem vorläufigen Insolvenzverwalter bestimmt worden. Vorausgegangen war der Insolvenzantrag des Finanzamtes Grimma.

Ich war völlig schockiert und zitterte am ganzen Leib wie Espenlaub. Zwar hatte ich schon Einiges erlebt, aber mich selten so schlecht gefühlt. Was war nun wieder geschehen? Stand gar die Vernichtung meiner Existenz bevor? War alles, wofür ich all die Jahre gekämpft hatte, nun etwa umsonst? Nun kam es wirklich knüppeldick.

Mit dem Insolvenzantrag des Finanzamtes Grimma rechnete ich damals nicht. Mein Rechtsanwalt und guter Freund, Frank V., der mich gegenüber dem Finanzamt vertrat, verwies mehrfach auf seine guten Beziehungen zum Amtsleiter des Finanzamtes Grimma und verneinte die Gefahr eines Insolvenzantrags. Schließlich sei man auf einem guten Weg. Dass er seine Einflussmöglichkeiten gründlich überschätzt hatte, stand nun schwarz auf weiß in der Email meines vorläufigen Insolvenzverwalters.

Die Nacht verbrachte ich weitestgehend schlaflos, grübelnd. In den wenigen Minuten, die ich Schlaf fand, quälten mich entsetzliche Albträume. In diesen wurde ich – wie so oft – brutal gejagt und am Ende vernichtet.

Ich war nicht in der Lage, meine Gedanken zu ordnen. Der Insolvenzantrag des Finanzamtes Grimma hätte mir doch zugestellt werden müssen, um meinen verfassungsrechtlichen Anspruch auf rechtliches Gehör zu wahren! So jedenfalls forderte es unser Rechtsstaatsprinzip. Wieso wusste ich nichts davon?

Es half alles nichts. Ich kam nicht weiter. Die ganze Nacht wälzte ich mich hin und her. Verzweiflung und Panik hatten von mir vollständig Besitz ergriffen.

Gleich morgens früh rief ich meine Sekretärin an und fragte sie, ob sie etwas von einem Insolvenzantrag des Finanzamtes Grimma gehört habe. Sie hielt während meines Urlaubs im Büro die Stellung. Ein Insolvenzantrag war jedoch nicht eingegangen.

Bis heute hat mir das Insolvenzgericht Leipzig diesen Antrag nicht zugestellt. Offensichtlich wollte man gar nicht erst, dass ich mich hierzu äußere oder versuche, ihn mit einer einstweiligen Verfügung abzuwehren. Das war ein klarer Verstoß gegen elementarste rechtsstaatliche Prinzipien.

Die Rückfahrt von Allensbach nach Leipzig lief wie in einem Film an mir vorbei, ein Film, in dem ich apathisch nicht einmal eine einzige Szene wahrnahm. Ich dämmerte nur vor mich hin. Wegen meiner schlechten psychischen Verfassung hatte meine Lebensgefährtin das Steuer meines Audis übernommen. Ohne einen Funken Hoffnung stand für mich fest, dass mein langer Kampf gegen die sächsische Justiz und das Finanzamt Grimma verloren war. Ich besaß einfach keine Kraft mehr.

Meine Gegner sollten am Ende gewinnen und das erreichen, was sie seit mehr als 10 Jahren versuchten. Gleichzeitig erhob ich massive Vorwürfe gegen mich selbst. Warum hatte ich Leipzig nicht schon früher verlassen und war ins Ausland gegangen? Ich kämpfte in Sachsen auf verlorenem Posten, ohne Verbündete und echte Freunde.

Je näher wir der sächsischen Grenze kamen, desto schlechter wurde meine Stimmung. Ansprechbar war ich schon lange nicht mehr. Meine Lebensgefährtin versuchte mich aufzuheitern. Wir würden das schon schaffen, sagte sie. Das Ganze sei ein Irrtum, denn sonst hätte ich längst etwas von diesem Insolvenzantrag gehört.

Nur gibt es diese Art von Irrtümern in Sachsen nicht.

Mittwoch, 25. August 2010

Lange hatte ich diesen Termin vor mir hergeschoben. Nun war er nicht länger aufzuhalten, ich musste mich mit meinem vorläufigen Insolvenzverwalter Rüdiger B. treffen. Nach wie vor wartete ich auf die Zustellung des Insolvenzantrags.

In der Besprechung war ich nicht ansprechbar. Mich plagten schwerste Depressionen und verhinderten, dass ich auch nur einen klaren Gedanken fassen konnte. Aus diesem Grund begleitete mich mein langjähriger Freund Frank V.

Das Treffen verlief unspektakulär. B. übergab mir Unterlagen und forderte mich auf, mein Vermögen aufzulisten. Er müsse ein Gutachten für das Insolvenzgericht schreiben und darlegen, ob für eine Insolvenzeröffnung eine ausreichende Vermögensmasse vorhanden sei.

Ich stammelte etwas davon, dass die Steuerforderungen des Finanzamtes Grimma nicht bestehen. Das Finanzamt hatte schließlich keine meiner Steuerabschreibungen berücksichtigt. Warum auch, denn dann wäre ein Insolvenzantrag von Anfang an aussichtslos gewesen.

  1. empfahl mir, dies auf dem kurzen Dienstweg mit dem Finanzamt zu klären. Mein Freund V. sagte zu, dieser Empfehlung nachzukommen. Daneben werde er auch mit meinem Geschäftspartner Lap K. verhandeln, der mir die Rückzahlung von Darlehen über 670.000 € schuldig geblieben war. Auch hier wäre eine Lösung möglich, so dass Forderungen des Finanzamtes notfalls sogar in voller Höhe ausgeglichen werden könnten. Jedenfalls wäre ich bereits mit einem Teil dieser Darlehen in der Lage gewesen, die Steuerforderungen des Finanzamtes Grimma zu tilgen. Das wusste auch Lap K. – und verweigerte die Rückzahlung.

Im Zeitpunkt größter Not ließ mich dann jedoch mein langjähriger Freund Frank V. von heute auf morgen hängen. Seit 15 Jahren kannte ich ihn. Durch mich hatte er seine Frau aus Ekuador kennengelernt, diese war Patin meiner ältesten Tochter Carmen.

Frank V. stellte seine Tätigkeit ohne vorherige Ankündigung ein. Er war von heute auf morgen nicht mehr für mich erreichbar. Mit dem Insolvenzantrag des Finanzamtes hatte ich für ihn jegliche Bedeutung verloren. In den folgenden Wochen rief ich zwar ständig in seinem Büro an und schrieb zahllose Emails, in denen ich ihn bat, mich über den Stand seiner Bemühungen zu unterrichten. Wegen meiner schlechten gesundheitlichen Verfassung war ich auf jede Unterstützung angewiesen. Ich dachte, unsere langjährige Freundschaft sei wenigsten ein Rückruf wert. V. antwortete jedoch nicht. Seitdem sind wir uns nicht mehr begegnet.

Eines habe ich in dieser düsteren Phase meines Lebens gelernt: Ich besaß in Leipzig keine wirklichen Freunde. Und was noch viel schlimmer war: Diejenigen, die Jahre lang als meine Freunde auftraten, traten nun, da ich krank am Boden lag, noch einmal richtig zu. Dies zählt allerdings wohl eher zu den normalen Begleiterscheinungen einer Insolvenz.

Einigen Freunden hatte ich damals Geld geliehen, als sie in Schwierigkeiten waren. Ich half immer gerne. Das war Teil meines antiquierten humanistischen Weltbildes, das den Praxistest nie bestanden hat. Keiner meiner Freunde zahlte jedoch seine Schulden zurück. Schon gar nicht, als ich das Geld am dringendsten brauchte. Fortan wandten sie mir den Rücken zu.

Freitag, 17. September 2010

Was ich längst vermutet hatte, wurde nun zur Gewissheit. Die Leipziger Volkszeitung bekam Wind vom Insolvenzantrag des Finanzamtes und berichtete groß auf Seite 1 ihres Regionalteils. Gottseidank blieb mir wenigsten ein Bericht in der BILD erspart.

Die Schlagzeile fiel moderat aus („Rechtsanwalt Ulrich Keßler in Nöten: Amt hat Insolvenzantrag gestellt“)[1]. Nachdem ich den Bericht nicht verhindern konnte, unterhielt ich mich lange mit der Redakteurin Sabine Kreuz. Über all die Jahre war mein Verhältnis zur Leipziger Volkszeitung ungetrübt.

Dennoch stellte sich die Frage, wie die Leipziger Volkszeitung Kenntnis von meinem vorläufigen Insolvenzverfahren erlangt hatte. Nur wenige Menschen wussten hierüber Bescheid. Damals vermutete ich, dass ein Angehöriger des Leipziger Insolvenzgerichts der Zeitung diese Informationen zukommen ließ.

Meine persönliche Lage und meine Gesundheit verschlechterten sich durch den Bericht natürlich weiter. Denn welcher Mandant ist bereit, sich von einem Rechtsanwalt vertreten zu lassen, gegen den ein Insolvenzverfahren anhängig ist?

Fortan machten sich auch meine Anwaltskollegen aus Leipzig über meine Lage verstärkt lustig, natürlich ohne die Hintergründe zu kennen. Es kam dazu, dass sie mich im Gerichtssaal verhöhnten. Ich bekam das, was ich aus ihrer Sicht seit langem verdiente.

Freitag, 12. November 2010

Früh am Morgen, kurz vor acht Uhr, klingelte es an der Haustür. Es war einer der Tage, an denen ich mich lange quälen musste, um überhaupt aufzustehen. Meistens dauerte dieser Prozess mehr als zwei Stunden. Meine Depressionen forderten ihren Tribut. Von der Wirkung der Psychopharmaka völlig benebelt, versuchte ich, aus dem Bett zu kriechen. Es hatte alles keinen Sinn mehr. Wozu also das Bett verlassen?

Meine Lebensgefährtin öffnete die Wohnungstür. Sie sprach gedämpft, ich konnte vom Schlafzimmer aus nicht verstehen, worum es ging. Sofort dachte ich an eine von der Staatsanwaltschaft Leipzig veranlasste Hausdurchsuchung, nur, dass ich nicht wusste, was ich dieses Mal wieder verbrochen haben sollte. Jedenfalls stieg sofort Panik in mir hoch, es gab die üblichen Fluchtreflexe. Ich wollte schon im Schlafanzug aus dem Fenster springen. Aber wohin sollte ich fliehen?

Meine Lebensgefährtin kam ins Schlafzimmer und erklärte mir, vor der Haustür stehe der Obergerichtsvollzieher Lux und Frank Fester, seines Zeichens Verwerter des vorläufigen Insolvenzverwalters Rüdiger B. Sie hatten ihr einen Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts Leipzig vom 12. November 2011 vorgelegt, worin die Durchsuchung meiner Wohnung und meiner Kanzlei angeordnet wurde.

Drei Tage vorher wurde von meinem vorläufigen Insolvenzverwalter B. der Erlass des Durchsuchungsbeschlusses beantragt. Die Mühlen in der sächsischen Justiz liefen heiß, wenn es darum ging, Durchsuchungsbeschlüsse gegen mich auszufertigen. Mein vorläufiger Insolvenzverwalter begann also scharf zu schießen.

Obergerichtsvollzieher Lux hatte ich noch wenige Monate vorher unentgeltlich beraten, nachdem er selbst in die Fänge der sächsischen Justiz geraten war. Er sei gekommen, um sämtliche Vermögenswerte für den vorläufigen Insolvenzverwalter sicherzustellen, teilte er energisch mit.

Gegen den gerichtlichen Durchsuchungsbeschluss konnte ich nichts unternehmen. Im Fall meiner Weigerung wären die Herren mit der Polizei wiedergekommen.

Für mich war dieser unangekündigte Besuch ein weiterer Tiefschlag. Einmal mehr fühlte ich mich der Staatsgewalt hilflos ausgeliefert. Da wäre sicherlich auch eine andere Lösung möglich gewesen, dachte ich mir. Nur trat die sächsische Justiz mir gegenüber in der Vergangenheit nicht besonders zimperlich auf.

Obergerichtsvollzieher Lux legte besonderes Engagement an den Tag. Eigentlich hatte ich gehofft, dass er an die Sache einigermaßen objektiv herangehen würde. Schließlich kannten wir uns. Dennoch erteilte er mir eine bittere Lektion. Nun war der „Payday“ für den Freistaat gekommen, der Tag, endlich einmal alte Rechnungen zu begleichen. Hier sahen meine Gegner offensichtlich noch Nachholbedarf.

Lux nahm mir u. a. meine Bankkarte sowie die Kreditkarte weg. Ich berief mich ihm gegenüber auf den mir zustehenden Pfändungsfreibetrag, worauf er mich nur höhnisch angrinste. Es ging also bei der ganzen Aktion schon einmal nicht um die Einhaltung rechtsstaatlicher Mindeststandards.

Meine Fotoausrüstung interessierte Lux besonders. Er war von ihrem Fund so begeistert, dass er gleich auch noch die Kamera meiner damaligen Lebensgefährtin mitnahm. Diese brauchte sie zwar für ihre berufliche Tätigkeit als Maklerin. Für Lux spielte dies allerdings keine Rolle.

Eigentlich durfte Lux kein Eigentum meiner Lebensgefährtin anrühren. Das war ihm jedoch egal. Die Uhren gingen in Sachsen anders. Dort galt das Prinzip der Sippenhaft.

Mit rechtsstaatlichen Grundsätzen hatte dies nicht das Geringste zu tun. Lux musste eigentlich nachweisen, dass die Kamera in meinem Eigentum stand. Und hierfür gab es nicht das geringste Indiz, zumal sich auf dem Speicherchip der Kamera Bilder von verschiedenen Wohnungen, die meine damalige Lebensgefährtin vermietete, befanden. Dies belegte eigentlich, dass es sich um ihre Kamera handelte. Aber was zählt schon geltendes Recht?

Meine Drohung, mich beim Insolvenzgericht zu beschweren, sorgte nur für ein müdes Lächeln. Lux machte zielstrebig weiter. Als nächstes pfändete er den MacBook meiner Lebensgefährtin, den sie ebenfalls für ihre Arbeit benötigte. Auf diesem Laptop befanden Präsentationen der zu vermietenden Wohnungen. Auch das interessierte Lux nicht.

Mit seiner Vorgehensweise versuchte er, einen Keil zwischen mich und meine Lebensgefährtin zu treiben. Sie sollte den Preis für ihre Loyalität mir gegenüber zahlen. Wenn die sächsische Justiz tätig wird, geht sie ein Problem gerne an der Wurzel an.

Wie ich in den folgenden Stunden feststellen musste, ging es aber noch um mehr. Die Aktion diente auch dazu, meine Rechtsanwaltskanzlei zu zerschlagen und mir jede Chance auf eine weitere Berufsausübung zu nehmen. Und das obwohl das Insolvenzverfahren noch lange nicht eröffnet war.

Mein vorläufiger Insolvenzverwalter schuf unumkehrbare Fakten. Denn eins war der sächsischen Justiz klar: Ich hatte als Rechtsanwalt lange gut verdient. Es bestand daher für meine Gegner die Gefahr, dass mir dies in den kommenden Monaten durch die Akquisition eines Großprojekts erneut gelingen könnte. Mit diesen Einnahmen wäre ich in der Lage gewesen, den Insolvenzantrag des Finanzamtes Grimma abzuwenden. Darauf wollte man es gar nicht erst ankommen lassen.

Es blieb nicht bei der Pfändung meiner Wertgegenstände. Dr. Fester erklärte mir, er sei auch gekommen, um den von mir geleasten Audi sowie meinen Motorroller mitzunehmen. Auf mein Auto war ich dringend angewiesen. Immerhin musste ich regelmäßig zu den Arbeitsgerichten in Erfurt, Berlin, Rostock und Dresden fahren, um meine Mandanten zu vertreten.

Fester meinte jedoch, er könne in der Sache nichts machen. Er habe einen klaren Auftrag meines vorläufigen Insolvenzverwalters. Im Fall des Leasingfahrzeugs war dies reine Schikane, denn dieses gehörte nicht mir, sondern der Leasingbank. Damit durfte es mein vorläufiger Insolvenzverwalter auch nicht verwerten. Auch dies spielte jedoch keine Rolle.

Wie sollte ich unter diesen Rahmenbedingungen noch als Anwalt arbeiten? Zur Beruhigung griff ich zu einem großen Glas Wodka. Es war das erste Mal in meinem Leben, dass ich so früh Hochprozentiges zu mir nahm. Aber ohne Wodka war die Welt schon lange nicht mehr zu ertragen.

Nachdem die Herren Lux und Fester mir erfolgreich den Tag ruiniert hatten, fuhren sie zu meinem Büro. Ich erfuhr hiervon durch einen Anruf meiner Sekretärin. Damit wurde die Zielrichtung des Angriffs erneut deutlich: Es ging um meine anwaltliche Tätigkeit. Man wollte mich zwingen, meine Arbeit lange vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens einzustellen und meine Mandanten im Stich zu lassen.

Was nun folgte kannte ich bereits. Schwere depressive Rückfälle traten innerhalb kürzester Zeit auf. Die ganze Aussichtslosigkeit meiner Lage wurde mir immer wieder aufs Neue bewusst. Ich konnte einfach nicht mehr.

Selbst zum Aufstehen brauchte ich morgens unendlich lange. Mein erster Griff galt meinen Psychopharmaka, auf die ich mich sofort stürzte. Ich warf zu diesem Zeitpunkt immer die doppelte Dosis ein. Aber immerhin töteten sie meine Gefühle fast vollständig ab. Den Rest erledigte der Wodka. Den Weg in meine Kanzlei fand ich dagegen nicht mehr.

Mittwoch, 24. November 2010

Auf Empfehlung meines vorläufigen Insolvenzverwalters reichte ich einen Insolvenzantrag beim Amtsgericht Leipzig ein und schuf damit endgültige Fakten. Für einen weiteren Kampf ums Überleben fehlte mir die Kraft. Ich hatte lange ergebnislos versucht, noch das Unmögliche zu schaffen. Um mich herum war es einsam und still geworden. Die innerliche Leere verschlang meine Seele.

Neben dem Eigenantrag beantragte ich außerdem die Restschuldbefreiung, damit mir – so wie es das Gesetz vorsieht – nach sechs Jahren meine Schulden erlassen werden. Hierzu füllte ich das im Internet verfügbare Formblatt aus, unterschrieb es, fuhr damit zum Insolvenzgericht und warf es in den Hausbriefkasten. Sicherheitshalber nahm ich meine Lebensgefährtin mit, damit diese den Einwurf des Insolvenzantrags bestätigen konnte.

Mein Misstrauen gegenüber der sächsischen Justiz konnte nicht größer sein. Trotz meiner schlechten Erfahrungen hatte ich es aber noch nie erlebt, dass Schriftstücke im Amtsgericht Leipzig verloren gingen. Mit dem Einwurf meines Insolvenzantrags fand ein wichtiger Teil meines Berufslebens seinen Abschluss. Ich hatte aufgegeben. Eigentlich konnte es nicht mehr schlimmer kommen.

Doch es kam schlimmer, viel schlimmer. Das, was ich nie für möglich gehalten hatte, trat ein. Mein Antrag auf Restschuldbefreiung ging auf den Fluren des Amtsgerichts Leipzig verloren. Dies jedoch sollte ich erst drei Monate später erfahren.

Samstag, 18. Dezember 2010

In den folgenden Tagen verschlechterte sich meine Gesundheit weiter. Mir war jeglicher Lebensmut abhandengekommen.

Die Perspektivlosigkeit und die Angst vor meinen rechtlich entfesselten, übermächtigen Gegnern setzte mir kräftig zu. Irgendwann kommt ein Punkt, an dem man nicht mehr aufstehen kann. Meine Depressionen verschlimmerten sich von Tag zu Tag, obwohl das kaum mehr möglich war. Gearbeitet hatte ich schon seit Wochen nicht mehr. Ich überließ die Dinge ihrem Schicksal.

Eigentlich war es ein belangloser Streit mit meiner damaligen Lebensgefährtin. Bei mir brachte er aber das Fass zum Überlaufen. In den Wochen zuvor hatte ich immer wieder an Selbstmord gedacht. Schon einmal unternahm ich einen Versuch. Offen war nur noch die Methode, mit der ich Hand an mich legen wollte. Eine Fortsetzung dieses beschissenen Lebens machte einfach keinen Sinn mehr.

Bei depressiven Menschen ist dieser Zeitpunkt kritisch. Der Abschied vom Leben wird als einzige Möglichkeit angesehen, um zu verhindern, dass die Dinge sich noch schlimmer entwickeln. Tod bedeutet ewige Verheißung, sagte ich mir damals immer wieder. Es war der logische Schritt, um weitere schlechte Erfahrungen mit tödlicher Sicherheit zu verhindern. Was hatte mir das Leben noch zu bieten? An eine Besserung glaubte ich schon lange nicht mehr.

In den Tagen zuvor war meine Verbindung zur Realität endgültig abgerissen. Die meisten Dinge nahm ich nicht mehr wahr. Zuhause saß ich in meinem Sessel und schaute trübsinnig vor mich hin. Und oft drank ich Wodka.

Gegen Abend verließ ich die Wohnung. Ich hatte meine Methode gefunden. Es war Tod durch Erfrieren. Das soll ein schöner Tod sein. Ich wollte endlich friedlich einschlafen.

Mein Weg sollte mich über die Prager Straße in ein Waldgebiet im 10 Kilometer entfernten Großpösna führen. In der Dunkelheit würde ich mich schnell verlaufen und den Wald nicht mehr lebend verlassen. Also marschierte ich los. Ich wusste, dass meine Lebensgefährtin mich in diesem Gebiet niemals vermuten würde.

Nachdem ich den Leipziger Süden erreicht hatte, bog ich in die Prager Straße ein. Zuvor hatte ich mich nur auf kleinen Nebenstraßen bewegt. Der Weg war beschwerlich, überall lagen Schnee und Eis. Es herrschte bittere Kälte. Die ehemalige Leipziger Messe, die trostlos und verödet zu meiner Rechten lag, ließ ich hinter mir und kämpfte mich weiter.

Irgendwann erreichte ich die Prager Straße 173, wo das Unfassbare geschah. Ich lief meinem Neurologen Meridonov in die Arme, der gerade aus seinem Auto ausstieg. Was trieb dieser an einem Samstag um diese Uhrzeit vor seiner Arztpraxis? Weiter konnte ich nicht, denn dann musste ich an ihm vorbei. Er hätte mich in der Dunkelheit bemerkt.

Wenn es schon mal schief geht dann läuft alles aus dem Ruder. Diese Begegnung rettete mir an diesem kalten Abend das Leben. Mein weiterer Weg war versperrt. Zögernd stoppte ich etwa 10 Meter von Meridonov entfernt, drehte mich um und überlegte. Nein, in ein Gespräch mit ihm wollte ich mich gar nicht erst verwickeln lassen. Wahrscheinlich hätte er mich sofort in die geschlossene Abteilung eines Krankenhauses einweisen lassen.

Durch die Kälte marschierte ich nun wieder zurück. Gegen 23 Uhr kam ich in meiner Wohnung an und traf auf meine völlig verzweifelte Lebensgefährtin. Offensichtlich hatte sie geahnt, was ich vorhatte und Freunde gebeten, nach mir zu suchen.

Ich weiß nicht was geschehen wäre, hätte ich meinen Neurologen an diesem Abend nicht getroffen. Wahrscheinlich wäre ich weitermarschiert, meinem Ziel nähergekommen und schließlich im Wald erfroren. Damals fielen die Temperaturen nachts bis auf minus 20 Grad.

Dienstag, 4. Januar 2011

Vor drei Wochen lud mich das Insolvenzgericht zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung. Die Ladung verband es gleich mit einer einschneidenden Drohung: Würde ich nicht freiwillig erscheinen – so das Insolvenzgericht – werde man mich verhaften und durch die Polizei vorführen lassen. Auf meine angeschlagene Gesundheit nahm das Gericht keine Rücksicht.

Heute sollte der Termin stattfinden. Es kam jedoch nicht dazu. Wegen meiner andauernden Depressionen war ich nicht verhandlungsfähig, so mein Neurologe Meridonov. Wenigstens auf ihn konnte ich immer zählen. Er versuchte nach Kräften, mich zu schützen.

Vor weiteren gerichtlichen Aktivitäten schützte mich dies allerdings nicht. Denn das Amtsgericht Leipzig erließ am heutigen Tage einen weiteren Durchsuchungsbeschluss gegen meine verwaiste Kanzlei. Längst hatte ich den Überblick über die Zahl der bis zu diesem Tag gegen mich erlassenen Durchsuchungsbeschlüsse verloren. Ich bezweifle, dass die sächsische Justiz vergleichbaren Fällen dieselbe Aufmerksamkeit zukommen ließ. Wahrscheinlich war ich längst Rekordhalter geworden.

Dienstag, 11. Januar 2011

Die Dinge nahmen ihren Lauf. Geringfügige Besserung brachte ein einwöchiger Urlaub, den meine Lebensgefährtin auf den Kanaren gebucht hatte. Meine Kinder waren mit uns geflogen und dadurch hellte sich meine Stimmung etwas auf.

Einen letzten Termin beim Arbeitsgericht Leipzig nahm ich noch wahr, dann war meine anwaltliche Laufbahn beendet. Es war nur ein Gütetermin, der vielleicht 10 Minuten dauerte. Zu mehr war ich nicht mehr in der Lage.

Nachdem dieser Termin vorbei war, verabschiedete ich mich vom Vorsitzenden Richter, dankte für die lange und gute Zusammenarbeit und bat ihn außerdem, seine Kolleginnen und Kollegen von mir zu grüßen. Für mich sei das heute meine letzte Vorstellung gewesen. Am morgigen Mittwoch würde ich eine neue Tätigkeit in der Schweiz antreten.

Dies war zwar falsch. Ich besaß jedoch nicht die Absicht, größere Spuren zu hinterlassen. Zu sehr hatten mich meine Peiniger in den letzten Jahren gequält. Ein Wechsel in die Schweiz, den ich schon immer vollziehen wollte, klang da plausibel. Schließlich trennte mich dort die Staatsgrenze von weiteren Angriffen aus Leipzig. Und diese musste sogar der Freistaat Sachsen akzeptieren. Außerdem war der Weg zu meinen in Allensbach lebenden Kindern von dort aus nur kurz.

In Wirklichkeit würde ich morgen in Ingolstadt die Stelle des Leiters der Rechtsabteilung in einem mittelständischen Unternehmen antreten. Damit bestand zum ersten Mal seit langem eine berufliche Perspektive.


 

Kapitel 2: Die Verweigerung der Restschuldbefreiung

Samstag, den 12. Februar 2011

Meinen Abschied von Leipzig habe ich nie auch nur eine Sekunde bereut. Im Gegenteil. Bis heute ist diese Stadt für mich ein rotes Tuch, der Inbegriff meiner schlechten Erfahrungen. Sicherlich liegt dies an meiner ganz persönlichen Sichtweise. Längst ging es für mich nur noch darum, meine Lebensgefährtin, eine gebürtige Leipzigerin, ebenfalls zum Abschied aus dieser Stadt zu bewegen.

Seit meinem Umzug nach Ingolstadt hatten wir uns nur noch am Wochenende gesehen. Das Wochenende am 12./13. Februar 2011 sollte mir allerdings in nachhaltiger Erinnerung bleiben – und zwar in seiner denkbar schlechtesten Form.

Als ich freitags abends in Leipzig ankam, informierte mich meine Lebensgefährtin über einen Anruf des Insolvenzgerichts. Dieses wies darauf hin, dass ich noch einen Antrag auf Restschuldbefreiung stellen müsse. Ohne ihn könne ich nach sechs Jahren keine Befreiung von meinen Schulden erlangen.

Ich war wie vor den Kopf geschlagen. Denn ich erinnerte mich noch gut an meinen Antrag vom 24. November 2011, den ich beim Insolvenzgericht eingeworfen hatte. War dieser etwa verloren gegangen? Das durfte beim besten Willen nicht geschehen. Ich war wütend wie schon lange nicht mehr. Was war denn in der sächsischen Justiz noch alles möglich?

An ein zufälliges Verschwinden meines Antrags vom November glaubte ich nicht. Vielmehr war ich davon überzeugt, dass ihn jemand verschwinden ließ.

Also stellte ich beim Insolvenzgericht einen zweiten Antrag auf Erteilung der Restschuldbefreiung. Die Restschuldbefreiung wird nur gewährt, wenn der Schuldner für die Dauer der sechsjährigen Wohlverhaltensphase im Insolvenzverfahren das Einkommen, das er oberhalb der Pfändungsfreigrenze verdient, abtritt. Hieraus werden dann die Gläubiger und die Verfahrenskosten bezahlt.

Aufgrund meiner katastrophalen Erfahrungen mit der sächsischen Justiz und der ständigen Verletzung grundlegender rechtsstaatlicher Prinzipien wies ich in dem Antrag deutlich auf die Gesetzeslage hin. Den entsprechenden Passus, wonach ich mein Einkommen oberhalb der Pfändungsfreigrenze abtrete, ergänzte ich durch folgenden Zusatz:

„Dies gilt, solange das Insolvenzverfahren lauft.“

Damit stellte ich klar, dass die Abtretung meines Einkommens nur für die Dauer des Insolvenzverfahrens gilt. Ich verwies also auf nichts anderes als geltendes Recht, das jedem, der in Insolvenz gerät, zusteht.

So wollte ich vermeiden, dass mein Insolvenzverwalter Rüdiger B. den pfändungsfreien Teil meines Einkommens ohne zeitliche Einschränkung verlangt. Mein Misstrauen gegenüber der sächsischen Justiz war zwischenzeitlich grenzenlos. Ich glaubte den Herren in den schwarzen Roben und den weißen Kragen gar nichts mehr. Längst brannten bei mir alle Alarmlampen hell.

Meinen Antrag auf Restschuldbefreiung verband ich mit einem geharnischten Brief, indem ich meine Behandlung durch das Insolvenzgericht rügte. Dieser schloss mit den Worten:

            „Ich persönlich glaube auch nicht an eine Restschuldbefreiung. Hier wird es längst klare Anweisungen von oben geben.“

Ich schaffte den Antrag zum Insolvenzgericht, wo ich ihn in Gegenwart meiner Lebensgefährtin in den Briefkasten einwarf. Nun galt es abzuwarten.

Montag, 22. Februar 2011

Es war ein neuer Arbeitstag, ein gutes Stück entfernt von Leipzig. Allein die räumliche Distanz war Balsam auf meine Wunden. Niemand in Leipzig außer meiner Lebensgefährtin wusste, wo ich mich aufhielt.

Am Vormittag rief sie mich an. Es gab Post vom Insolvenzgericht. Dieses habe das Insolvenzverfahren über mein Vermögen eröffnet und Rechtsanwalt Rüdiger B. zu meinem Insolvenzverwalter bestellt.

Donnerstag, 19. Mai 2011

Heute fuhr ich von Ingolstadt nach Frankfurt am Main, um mich mit meinem Insolvenzverwalter zu treffen. Es ging um eine Klärung diverser Sachverhalte.

Das Gespräch dauerte etwa zwei Stunden und verlief in freundlicher Atmosphäre, bis mir B. einen Beschluss des Insolvenzgerichts vorlegte. Dieser datierte auf den 22. Februar 2011 und hätte mir eigentlich von meinem damaligen Rechtsanwalt Gunnar Sch., der mich im vorläufigen Insolvenzverfahren vertreten hatte, zugestellt werden müssen. Nur hatte Rechtsanwalt Sch. genau dies unterlassen.

Für mich enthielt der Beschluss des Insolvenzgerichts Leipzig fürchterliche Nachrichten: Amtsrichter Hock verweigerte mir die begehrte Restschuldbefreiung. Die Begründung hierfür sprach einmal mehr für sich. Was ich nun las war ein glatter Hohn und der Gipfel einer entfesselten Justiz. Das Insolvenzgericht begründete die Verweigerung der Restschuldbefreiung mit meinem handschriftlichen Zusatz, mit dem ich mich auf geltendes Recht berufen hatte. Wörtlich hieß es in seiner Entscheidung:

            „Mit dem vom Schuldner angebrachten handschriftlichen Zusatz, mit dem der Schuldner nach Auffassung des Gerichts deren zeitliche Geltung auf das laufende Insolvenzverfahren beschrankt hat, ist die Abtretungserklärung aber unwirksam.“

Natürlich hatte ich die zeitliche Geltung der Abtretung auf das Insolvenzverfahren bezogen. Außerhalb der Insolvenz bzw. nach deren Beendigung bin ich nicht mehr verpflichtet, mein Einkommen an meine Gläubiger abführen. Genau so steht es in der Insolvenzordnung. Wo war ich hier überhaupt gelandet? Was für ein schlechter Film wurde gerade gespielt? Sicherlich ein übler Schmuddelfilm, und darin spielte Amtsrichter Hock die Hauptrolle.

Nun lernt jeder Student zu Beginn seiner Ausbildung, dass ein Richter auf bestehende Unklarheiten in Schriftstücken hinweisen muss, damit der Betroffene die Gelegenheit hat, Fehler abzustellen. Juristen sprechen in diesem Zusammenhang von einer gerichtlichen Hinweispflicht. Sie steht in der Zivilprozessordnung und stellt eine Ausprägung des verfassungsrechtlich garantierten Anspruchs auf rechtliches Gehör dar.

Der Richter am Insolvenzgericht Hock dachte allerdings nicht daran, einen derartigen Hinweis zu erteilten. Meinen Fehler konnte ich daher auch nicht mehr korrigieren.

Für mich war einmal mehr bezeichnend, wie wenig Recht Richter sprachen.

Und was noch viel schlimmer war: Von meinem Insolvenzverwalter erfuhr ich außerdem, dass das Insolvenzgericht den Beschluss über die Versagung meiner Restschuldbefreiung meinem Rechtsanwalt Sch. zugestellt hatte. Nur leitete ihn dieser nicht an mich weiter. Damit wurde der Beschluss rechtskräftig. Er war nicht mehr angreifbar.

Also blieben meine Schulden nach Ablauf des Insolvenzverfahrens bestehen. An das erste Insolvenzverfahren würde sich später ein zweites Verfahren anschließen. Finanziell bedeutete dies den absoluten Knock-out, die größt denkbare Katastrophe. Und das auf Lebenszeit. Meine eben erst neu gewonnene berufliche Perspektive hatte sich in Nichts aufgelöst.

Meiner Meinung nach hatte das Insolvenzgericht Leipzig nie vor, mir die Restschuldbefreiung zu gewähren. Deren Versagung machte noch aus einem anderen Grund Sinn: Sie verhinderte meine Rückkehr in den Anwaltsberuf. Voraussetzung für die Tätigkeit als Rechtsanwalt sind „geordnete Vermögensverhältnisse“. Im Fall einer Insolvenz liegen diese nicht vor. Aufgrund der dauerhaften Verweigerung meiner Restschuldbefreiung konnte ich nie wieder als Rechtsanwalt arbeiten. Damit beugte die sächsische Justiz der Gefahr vor, dass ich künftig wieder als Rechtsanwalt Prozesse gegen den Freistaat Sachsen führen würde. Letztlich verhängte das Insolvenzgericht damit ein lebenslängliches Berufsverbot.


 

Kapitel 3: Staatlicher Rufmord

Montag, 27. Juni 2011

Es dauerte nicht lange bis mich die Nachricht aus Leipzig erreichte. Es ging um einen Artikel in der heutigen BILD, der groß aufgemacht auf Seite 3 erschienen war. Dieser hatte es in sich.

Die BILD machte ihrem zweifelhaften Ruf wieder einmal alle Ehre. Es sind deren allmächtige Redakteure, die über menschliche Schicksale entscheiden, die definieren, was gut und was böse ist. Und das taten sie in meinem Fall wieder einmal durch meine persönliche Redakteurin Martina Kurtz. Eine Frau, die mit einem gewaltigen Maß an Selbstüberschätzung von sich immer behauptete, die Stimme des Volkes zu repräsentieren.

Kurtz ließ ihrer menschenverachtenden, wahrlich begrenzten Fantasie freien Lauf. Sie formulierte vernichtend: „Richter jagen Leipziger Ex-OB-Kandidat“ sowie „FDP-Ulrich Kessler nach Pleite offenbar untergetaucht“.[2] Weite Teile des Berichtes waren frei erfunden. Ich wurde als Lebemann, Aktfotograf, Porschefahrer und Pleitier gebrandmarkt. Das war wie in den vorangegangenen Pamphleten dieser Zeitung eine erneut öffentliche Hinrichtung. Steigbügelhalter meiner Exekution war das Insolvenzgericht Leipzig.

Martina Kurtz unternahm gar nicht erst den Versuch einer fairen Berichterstattung. Der Artikel war nichts anderes als eine schwere Verleumdung. Kurtz verwies auf frühere Strafverfahren, aus denen ich mich „wortreich“ herausgeredet haben soll. Damit unterstellte sie, ich habe Straftaten gegangen, am Ende jedoch über das nötige Maß an Glück verfügt und sei deshalb noch einmal davongekommen.

Natürlich wusste sie es besser, aber um die Wahrheit ging es ihr nie. Sie verzieh mir nicht, dass ich mich fünf Jahre zuvor wegen ihrer permanent wahrheitswidrigen Berichterstattung endgültig geweigert hatte, gegenüber der BILD noch irgendwelche Statements abzugeben. Bei der BILD galt dies jedoch als Hochverrat. Damit war ich zum „journalistischen“ Abschuss freigegeben. Und hierfür verwendete sie großkalibrige Munition.

Natürlich erreichte dieser Bericht sein Ziel. Jeder sollte wissen, dass ein Schwerkrimineller vor seiner Strafverfolgung das Weite gesucht hatte. Um die Wirkung des Berichts noch zu steigern, stellte ihn die BILD ins Internet ein. Seitdem musste man nur noch meinen Namen eingeben und fand diesen Artikel bei Google auf Platz 1.

Der Artikel war jedoch nur eine Seite der Medaille. Interessanter war die Frage, wie die BILD-Redakteurin an die Informationen herangekommen war. Aufgrund des Inhalts dieses Artikels stand fest, dass ein Vertreter des Insolvenzgerichts gegenüber der BILD aus dem Nähkästchen geplaudert haben musste.

Was dies für persönliche Konsequenzen für mich nach sich ziehen würde, musste dem Insolvenzgericht klar gewesen sein. Dennoch hielt es dies nicht davon ab, der BILD hochsensible Informationen zuzuspielen.

Es war nicht schwierig herauszufinden, wo die undichte Stelle im Insolvenzgericht lag. Es genügte ein einziger Anruf. Das Telefon nahm die Rechtspflegerin M. ab. Was ich mir von ihr anhören musste, war kaum zu glauben. Ja, sie habe mit der BILD gesprochen. Ich sei für das Insolvenzgericht nicht erreichbar gewesen, also wandte man sich an die BILD und vertraute darauf, dass mir dieser Artikel zu Ohren kommt. Ich würde mich dann schon melden, fuhr sie fort.

Für M. schien dies ein ganz normaler Vorgang zu sein. Sie widmete keine Sekunde der Frage, ob nicht mein allgemeines Persönlichkeitsrecht eine Weitergabe derart sensibler Informationen an die Boulevardpresse ausschloss. An Armseligkeit ist dies sicherlich nicht mehr zu überbieten. Und das von einem Vertreter der sächsischen Justiz.

Ich weiß auch nicht, ob sie sich überhaupt Gedanken darüber machte, wie die Berichterstattung der BILD ausfallen würde. Es interessierte sie zudem nicht im Mindesten, wie sich dieser Artikel und seine Veröffentlichung im Internet auf meinen Beruf und mein dem Gericht bekannten schlechten Gesundheitszustand auswirken würde. Mit der Veröffentlichung verlor ich jedenfalls meine Stelle in Ingolstadt.

Beruflich blieben seitdem mehr als 600 Bewerbungen ohne Ergebnis, trotz einer guten Qualifikation. Lediglich in zwei Fällen fand ich eine, wenn auch nur kurzfristige Beschäftigung. Damit erwies M. den Gläubigern in meinem Insolvenzverfahren einen Bärendienst. Ohne eine Anstellung gab es natürlich auch kein pfändbares Einkommen. Daran schien M. nicht gedacht zu haben. Vielleicht standen für sie aber auch nur andere Motive im Vordergrund.

Gesundheitlich löste das Insolvenzgericht Leipzig erneut die schlimmsten Depressionen aus, die ich seit langem durchlebte. Aber daran vergeudete M. keinen Gedanken. Vielmehr erhöhte sie den Druck und lud mich zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung nach Leipzig vor, um ein paar offene Fragen meines Insolvenzverwalters zu klären. Wie bei allem, was aus Leipzig kam, führte das zu einem gesundheitlichen Kollaps. Ich ging zu meiner Ingolstädter Neurologin Dr. Mehnert und ließ mich krankschreiben.

Die Vorlage des ärztlichen Attests reichte M. jedoch nicht, um den Termin zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung abzusagen. Sie verlangte die Stellungnahme eines Amtsarztes über meine Verhandlungsfähigkeit. Wenn ich nicht beim Insolvenzgericht erscheine, werde sie mich verhaften und zwangsweise vorführen lassen, äußerte M. kaltschnäuzig. Einen entsprechenden Antrag auf Erlass eines Haftbefehls habe sie bereits vorbereitet. Erfahrungsgemäß werde dieser vom zuständigen Richter sofort unterschrieben. Wenigstens in dieser Hinsicht arbeitete das Insolvenzgericht professionell. Für dieses Gericht war ich vogelfrei.

Mit ihrer Drohung versetzte das Insolvenzgericht meiner Gesundheit jedenfalls einen schweren Schlag. Ich war mir sicher, dass die Leipziger Justiz seit langem schon nur nach einem Vorwand suchte, um mich verhaften zu lassen. Sicherlich hätte man mich nur allzu gern hinter schwedischen Gardinen sehen, also dort, wo ich aus der Sicht meiner Gegner auch hingehöre. Das mag Paranoia sein, ist jedoch ein wesentlicher Teil meiner Krankheitsgeschichte. Seit mehr als einer Woche war ich nun nicht mehr ansprechbar, aß kaum etwas und schlief ebenso wenig. Die meiste Zeit lag ich nur noch apathisch auf der Couch im Wohnzimmer meiner Ingolstädter Wohnung rum.

Der Schachzug des Insolvenzgerichts Leipzig ging allerdings nach hinten los. Vielmehr musste es seiner Vorgehensweise Tribut zollen. An dem Tag, an dem ich die eidesstattliche Versicherung in Leipzig abgeben sollte, erschien ich stattdessen beim Gesundheitsamt in Ingolstadt, wo ich Frau Dr. Büchl meine Geschichte erzählte. Ich traf auf eine sehr kompetente und empathische Ärztin. Bei ihr hinterließ ich einen derart desaströsen Eindruck, dass sie mich sofort ins Klinikum Ingolstadt zur stationären Behandlung einweisen wollte. Sie stand kurz davor, einen Krankenwagen zu rufen.

Im Klinikum Ingolstadt empfahl sie mich dem Neurologen Dr. Scholz, einer Koryphäe auf seinem Gebiet. Gleichzeitig informierte sie das Insolvenzgericht Leipzig darüber, dass ich aufgrund schwerster Depressionen den Termin zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung, zu dem die Rechtspflegerin M. sicherlich auch die BILD eingeladen hatte, nicht wahrnehmen könne. Sie bestätigte damit das von mir zuvor vorgelegte ärztliche Attest meiner Neurologin.

Damit platzte der zweite Versuch des Insolvenzgerichts, mich zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung zu zwingen. Glaubte man dort wirklich den Attesten meiner Ärzte nicht? Oder hatte man zwischenzeitlich sogar ferndiagnostische Fähigkeiten und eine eigene Sichtweise auf meine psychische Erkrankung entwickelt? Ich bewerte die Vorgehensweise des Leipziger Insolvenzgerichts auch heute noch als absolute Schikane.

Donnerstag, 24. November 2011

Seit drei Monaten war ich in Ingolstadt in Behandlung meiner Neurologin Dr. Cordula Mehnert, eine engagierte Ärztin mit ausgezeichnetem Leumund. Sie hatte mich medikamentös neu eingestellt und erste Therapieansätze entwickelt.

Aus ihrer Sicht war ich bei der Berufswahl „falsch abgebogen“. Von Haus aus eher künstlerisch veranlagt, hätte ich mich nie für das harte Studium der Rechtswissenschaften und den Anwaltsberuf entscheiden dürfen. Sie riet mir, zu meinen Wurzeln zurückzukehren.

Am heutigen Tag nahm ich wieder einen Termin bei meiner Neurologin wahr. Es ging erneut um meine Verhandlungsunfähigkeit. Anfang Dezember sollte ich am Landgericht Leipzig einer Verhandlung beiwohnen.

In der Zeit nach meinem Wegzug hatte ich auf alles, was mit Leipzig zusammenhing, einen gewaltigen Hass entwickelt und massive Fluchtreflexe ausgebildet. Zu einer objektiven Aufarbeitung meiner Erlebnisse war ich schon lange nicht mehr in der Lage. Jede Nacht litt ich unter massiven, immer wiederkehrenden Albträumen, die mich nervlich zerrissen.

Natürlich erkannte Frau Dr. Mehnert die Zusammenhänge. Es ging ihr darum, mich von negativen Reizen so gut wie möglich abzuschotten. Sie glaubte zudem nicht daran, dass ich selbst in der Lage war, die grundlegenden Dinge in meinem Leben zu ordnen.

Daher stellte sie beim Amtsgericht Ingolstadt den Antrag, mir einen rechtlichen Betreuer zur Seite zu stellen. Wenig später setzte das Betreuungsgericht Frau Rechtsanwältin Ihm als Betreuerin ein. Diese war fortan vor allem für meine finanziellen, rechtlichen und gesundheitlichen Belange zuständig, selbst für die Bearbeitung meiner Post. Da ich über keinerlei Einkünfte verfügte und nicht mehr krankenversichert war, beantragte sie für mich beim Jobcenter Ingolstadt Hartz-IV, was ohne weiteres genehmigt wurde.

Außerdem attestierte mir Frau Dr. Mehnert meine dauerhafte Verhandlungsunfähigkeit. Diese wurde ein halbes Jahr später vom Ingolstädter Landgerichtsarzt Dr. Steinkirchner bestätigt.

Die verhängte rechtliche Betreuung sowie die von ihr attestierte Verhandlungsunfähigkeit blockierten damit weitgehend die ständigen Attacken der Leipziger Justiz, die in der Folgezeit etwas ratlos erschien. Nun musste man meinen schlechten Gesundheitszustand zur Kenntnis nehmen.

Überhaupt liefen in Ingolstadt die Uhren anders. Zum ersten Mal seit vielen Jahren hatte ich den Eindruck, dass man mir wirklich helfen wollte. Ich fand nun auch als Mensch Beachtung.

Hierin lag der elementarste Unterschied zwischen Sachsen und meiner neuen, oberbayerischen Heimat. Während die bayerischen Behörden mit einem hohen Professionalitätsgrad aufwarteten und wirklich etwas für mich taten, ging es in Sachsen nur darum, den rechtlich möglichen Handlungsspielraum auf dem Weg zu meiner vollständigen Vernichtung auszuschöpfen. Die sächsische Justiz traf ihre Entscheidungen immer gegen den Menschen, wie mir eine nach München emigrierte Leipzigerin einmal erzählte. In Sachsen fragte niemand nach, was man für mich tun konnte. Die Vertreter in den Machtpositionen dieses Bundeslandes waren zu sehr im obrigkeitsstaatlichen Denken verhaftet und verfuhren dementsprechend mit ihren Bürgern.

Leider war ich kein Einzelfall. Viele Personen machten ähnliche Erfahrungen im Umgang mit der sächsischen Justiz. Dass keine Landschaften blühen konnten, wenn man die Blüten bei jeder sich bietenden Gelegenheit mit dem juristischen Fallbeil abschneidet, steht auf einem ganz anderen Blatt. Im Verlauf dieser Zeit ist mir endgültig klargeworden, dass der Aufholprozess in Sachsen auch aus menschlicher Sicht nicht gelingen konnte. Hierfür gab es einfach nicht genug Potenzial.

Meine Zeit als Aufbauhelfer war ohnehin mit meinem Wegzug aus Leipzig beendet. Ich hatte dort 18 Jahre meines Lebens gelassen, aus meiner heutigen Sicht eine unglaubliche, durch nichts gerechtfertigte Verschwendung von Energie und Lebenszeit. Was ich in mein neues Leben mitnahm waren viele schlechte Erfahrungen und die schwierige psychische Aufarbeitung meiner Erlebnisse. Auf Beides hätte ich gerne verzichtet. In dieser Zeit entstand mein fester Wille, nie wieder nach Sachsen zurückzukehren.

Mittwoch, 7. Dezember 2011

Auf diesen Tag hatte ich lange hingearbeitet. Es war einer der wenigen Lichtblicke in meinem Leben. Noch in Leipzig besuchte ich die öffentlichen Abende der Freimaurerloge Minerva. Deren Mitglieder standen für eine andere Welt als diejenige, die ich außerhalb ihrer wehrhaften Mauern kennengerlernt hatte. Hier gab es keine vorgefassten Meinungen oder Denunziationen hinter meinem Rücken.

Die Mitglieder dieser Freimaurerloge waren offen und neugierig. Sie interessierten sich für den Menschen, nicht für das, was über ihn geredet oder geschrieben wurde. In Leipzig war diese Loge zu meiner Heimat geworden. Meine Erhebung in den Freimaurerstand scheiterte allerdings an meinem Umzug nach Ingolstadt. Bis heute blieb mir die Loge Minerva in bester Erinnerung.

In Ingolstadt entschied ich mich für die Loge „Theodor zur festen Burg“. Es handelte sich um eine kleine Loge, die für jeden Interessierten offenstand. Auch deren Abende besuchte ich regelmäßig. Weil sich deren Mitglieder meine Aufnahme vorstellen konnten, erhielt ich vom Meister vom Stuhl die Nachricht, meine Erhebung in den Freimaurerstand solle nun stattfinden. Dies löste zum ersten Mal richtige Freude aus.

Doch es sollte anders kommen. Vor meiner Erhebung in den Freimaurerstand googelte mich ein Logenmitglied und stieß dabei auf den Bericht in der BILD vom 27. Juni 2011. Dieser sorgte für erheblichen Gesprächsbedarf. Immerhin wurde ich darin als Person gebrandmarkt, die von Richtern gejagt wurde und gegen die die Staatsanwaltschaft Leipzig mehrfach ermittelte. Von der Berichterstattung ließen sich einige Mitglieder der Loge beeinflussen, weshalb mein Aufnahmetermin kurzfristig abgesagt wurde.

Psychisch nahm mich das stark mit. Die Freimaurerloge war für mich ein Zufluchtsort. Dies hatte sich nun geändert. Nun fühlte ich mich ausgestoßen. In Ingolstadt spürte ich wieder einmal, wie weit der Atem der sächsischen Justiz und der BILD-Leipzig reichen.

Für mich war das Thema Freimaurerei damit beendet. Ich wollte der Loge „Theodor zur festen Burg“ eine belastende Auseinandersetzung über meine Person ersparen und zog meinen Aufnahmeantrag zurück. Seitdem habe ich nie wieder eine Freimaurerloge betreten.

Freitag, 20. Juli 2012

Auch wenn die Leipziger Gerichte erst einmal Ruhe gaben, verlief mein Genesungsprozess nicht ungestört. Leider interessierte sich mein Insolvenzverwalter Rüdiger B. ebenfalls nicht für meine schlechte Gesundheit. Natürlich betrachtete er seine Tätigkeit rein administrativ. Gesundheitlich wäre es jedoch besser gewesen, wenn er weniger radikale Wege gewählt hätte.

Langsam unternahm ich wieder erste Gehversuche und bemühte mich um Ordnung in meinem Leben. Die Arbeitssuche trat bald in den Mittelpunkt.

Hier bestand Handlungsbedarf. Der im Juni 2011 von der BILD veröffentlichte Artikel drohte meine Bemühungen im Keim zu ersticken. Weitere Anhänger der perfiden Berichterstattung hatten diesen Bericht im Internet gespiegelt, weshalb die gegen mich veröffentlichten Vorwürfe weit verbreitet waren.

Für meine anstehende Bewerbungsphase war dies absolut tödlich. Jeder Personaler wird diejenigen Kandidaten, die in die engere Wahl kommen, im Internet recherchieren. Aufgrund der Berichterstattung der BILD konnte ich nicht auf ein positives Echo zu meinen Bewerbungen hoffen.

Google hatte sich trotz mehrfacher Nachfragen geweigert, den BILD-Bericht zu entfernen. Nach Auffassung des Internetriesen bestand ein öffentliches Interesse an der Vermittlung eben dieser Informationen. Für Google gab es also ein Recht zur Denunziation. Selbst eine Klageandrohung führte nicht zu einem Einlenken. Auf einen Rechtsstreit wollte ich mich jedoch nicht einlassen. Hierzu fehlten mir Kraft und Geld.

Ein Bekannter schlug mir eine andere Form der Internetbereinigung vor. Hierbei ging es um Artikel, die positiv über mich berichteten. Diese wollte er auf seinen eigenen Internetseiten veröffentlichen und die Beiträge mehrfach publizieren. Er würde dafür sorgen, dass die neuen Berichte innerhalb kürzester Zeit bei Google vorne gelistet werden und damit die negative Berichterstattung der BILD verdrängen.

Die Idee fand ich gut, also machten wir uns an die Arbeit. Einige erste Berichte waren bereits veröffentlicht, um das Ranking der Beiträge zu testen. Darin war nachzulesen, dass ich zwischenzeitlich Vorträge über Immobilien in Süddeutschland hielt. Das traf zwar nicht zu, die Artikel meines Bekannten waren jedoch schnell in den Hitlisten von Google zu finden.

Dort fand sie mein Insolvenzverwalter Rüdiger B. dann ebenso schnell. Aus der Berichterstattung schloss er unmittelbar auf einen neuen Job als Referent und damit auf Einnahmen aus dieser Tätigkeit. Natürlich hätte B. vorher bei mir nachfragen können, ob es diese Einkünfte wirklich gab. Hierauf verzichtete er jedoch. Er machte sich nicht die Mühe, die Angelegenheit durch Rücksprache mit mir aufzuklären.

Stattdessen wandte er sich direkt an das Jobcenter Ingolstadt und informierte dieses über meine angebliche Nebentätigkeit sowie die daraus resultierenden Einkünfte. Demzufolge solle mir das Jobcenter die Hartz-IV-Zahlung entziehen, womit mir wieder einmal die Lebensgrundlage genommen worden wäre. Sein Schreiben war die übliche Verfahrensweise, wie ich sie aus Leipzig kannte. Erst mit scharfer Munition schießen und dann – falls es noch etwas aufzuklären gab – vielleicht noch recherchieren.

Natürlich ging das Jobcenter den Vorwürfen meines Insolvenzverwalters nach und befragte meine Betreuerin Ihm. Diese stellte den Sachverhalt richtig. Ich bin mir sicher, dass das Ganze in Leipzig anders ausgegangen wäre. Dort wäre man sicherlich der Empfehlung meines Insolvenzverwalters ohne meine vorherige Anhörung gefolgt.

Es war leicht, hinter dem Rücken eines Betroffenen unwahre Tatsachen zu verbreiten. Besonders dramatisch war dies in meinem Fall, zumal ich erst aufgrund des Hartz-IV-Bezuges wieder krankenversichert war. Deshalb verzieh ich meinem Insolvenzverwalter diesen Tiefschlag nie. Ohne eine Krankenversicherung standen meine Genesung und vielleicht auch mein Leben auf dem Spiel.

[1]              Leipziger Volkszeitung vom 17. September 2010, Seite 17

[2]              www.bild.de/regional/leipzig/schulden/richter-jagen-leipziger-ex-ob-kandidat-18534700.bild.html

Der hybride Rechtsstaat – Teil 3 meines Tagebuchs – Finanzämter als Steigbügelhalter des Obrigkeitsstaates

Wenn man die Machtverhältnisse in Sachsen kennt ist es kein Wunder, dass ich im Zusammenhang mit den Spielbankenprozessen Ärger mit den Finanzämtern bekam.

Sachsens ehemaliger Ministerpräsident Milbradt ordnet staatliche Verleumdungskampagne an – Teil 1 meines Tagebuchs

Das Imperium schlägt zurück: Zur Unabhängigkeit einer Anklagebehörde – Teil 2 meines Tagebuchs

Dem eigentlichen Chef der sächsischen Spielbanken, der ehemalige Finanzminister und spätere Ministerpräsident Prof. Dr. Milbradt, unterstehen auch die sächsischen Finanzämter. An Zufälle glaube ich nicht.

Hier nun die Schilderung meiner Auseinandersetzungen mit den sächsischen Finanzämtern:

Kapitel 1: Vom Jäger zum Gejagten

In den ersten fünf Jahren meiner Anwaltstätigkeit war mein Verhältnis zu den sächsischen Finanzämtern unbelastet. Einer intensiveren Betreuung erfreute ich mich ab dem Zeitpunkt, als die Auseinandersetzungen um die sächsischen Spielbanken eskalierten und sich das sächsische Finanzministerium von Prof. Dr. Milbradt mit meiner Personalie befasste. Auch hier werden meine Gegner sicherlich jede Zufälle verneinen.

Von heute auf morgen geriet ich in den Fokus meines Heimatfinanzamtes, ohne dass mir die Zusammenhänge klar waren. Ich wurde mit neuen, für mich nicht nachvollziehbaren Steuerforderungen konfrontiert. Im Ergebnis handelte es sich nur um das Vorspiel für die weitere Entwicklung, deren Tempo immer schneller wurde und die zunehmend an Dramaturgie gewann.

Heute glaube ich nicht an einen Zufall. Vielmehr gehe ich von einer zentralen Steuerung durch meine Gegner in Sachsen aus. Als Einzelfall sehe ich mich dabei nicht. Bereits vor und nach mir machten widerspenstige Personen Erfahrungen mit den sächsischen Finanzämtern, den Steigbügelhaltern der politischen Kaste. Nicht nur in meinem Fall wurden die Finanzämter zur Ausschaltung von Gegnern instrumentalisiert[1].

Dass die Finanzämter als verlängerter Arm des sächsischen Finanzministeriums handelten, steht für mich fest. Genauso überzeugt bin ich davon, dass sich die involvierten Finanzbehörden stets auf eine ordnungsgemäße Behandlung meiner Person berufen werden. Natürlich haben sie am Ende alles richtiggemacht. Aus ihrer Sicht mag das sogar zutreffen.

Die Attacken der sächsischen Finanzämter wurden ein Teil meines Lebens bzw. des nun folgenden Kampfes ums Überleben. Dabei waren der Kreativität der Finanzämter keinerlei Grenzen gesetzt. Fortan machten sie die unterschiedlichsten Steuerforderungen geltend.

In meinem Fall ging es nicht nur darum, Steuern um jeden Preis festzusetzen, auch wenn man dabei das Huhn, das goldene Eier legt, schlachtet. Geradezu bezeichnend war die Art und Weise, wie Steuergesetze (nicht) angewendet wurden.

Oft genug haben Finanzämter Steuerzahler bis an die Grenzen ihrer Belastbarkeit und darüber hinaus geschröpft. Am Ende liegen die Steuerätze der Betroffenen deutlich über den gesetzlich maximal zulässigen Höchstgrenzen. Rechtsstaatlich ist diese Vorgehensweise sicherlich nicht.

 

Dienstag, 21. März 2000

Leider beschäftigten mich nicht nur die sächsischen Staatsanwaltschaften. Vielmehr musste ich auch an einer anderen Front kämpfen. Während mein Verhältnis zu den sächsischen Steuerbehörden lange unbeschwert war, änderte sich dies ab dem Zeitpunkt, als die Prozesse um den Erhalt des klassischen Spiels bei den sächsischen Spielbanken begannen.

Wir erinnern uns: der damalige sächsische Finanzminister und spätere Ministerpräsident Prof. Dr. Milbradt war persönlich für die Geschicke der Spielbanken zuständig. Ihm unterstanden jedoch auch die sächsischen Finanzämter. Meiner Meinung nach war es alles andere als ein Zufall, dass ich nun ins Visier der sächsischen Steuerbehörden geriet.

Zeitgleich mit den Auseinandersetzungen um die sächsischen Spielbanken sandte mir das Finanzamt Leipzig einen geharnischten Steuerbescheid. Es forderte neben den normalen Steuern weitere 200.000 DM an Einkommenssteuern, ohne dass ich mehr Geld verdient hätte. Damit lagen meine Steuern auf derselben Höhe wie meine Einnahmen, was einem Steuersatz von 100 % entspricht. Gerecht ist dies sicherlich nicht. Ungewöhnlich trotz der vielfach gerühmten vermeintlichen Steuergerechtigkeit aber auch nicht.

Was war geschehen?

Der gegen mich gerichtete Vorwurf des sächsischen Finanzministeriums, wonach ich Kopf einer kriminellen Vereinigung war, führte zu einer Trennung von meinen damaligen Kollegen. Beide waren als Insolvenzverwalter tätig und abhängig von Aufträgen der sächsischen Justiz. Eine weitere Zusammenarbeit mit mir stellte aufgrund meines neu gewonnenen, zweifelhaften strafrechtlichen Nimbus keine wirkliche Option für sie dar. Für mich führte die Trennung allerdings zu einem schweren Rückschlag.

Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich meine Steuern immer brav bezahlt. Dem Finanzamt Leipzig kam die Trennung von meinen Kollegen wie gerufen. Es vertrat die Auffassung, meine Kollegen hätten mir einen Teil der gemeinsamen Kanzlei verkauft. Und dabei sei ein zu versteuernder Veräußerungsgewinn entstanden.

Von einem Verkauf eines Teils der Kanzlei konnte überhaupt nicht gesprochen werden, zumal diese als reines Profit-Center organisiert war. Die einzelnen Dezernate der Kanzlei bildeten selbständige Einheiten. Es gab ein Insolvenzdezernat, ferner ein Wirtschaftsrechtdezernat. Jeder Kollege arbeitete und kaufte auf eigene Rechnung. Die Gewinne aus der Anwaltstätigkeit wurden demjenigen Anwalt zugeordnet, der sie verdiente.

Ich verließ die Kanzlei nur mit dem, was mir gehörte und was ich vorher selbst bezahlt hatte. Mit einem Verkauf eines Teils der Kanzlei hatte dies nicht das Geringste zu tun. Schließlich gab es weder einen Kaufvertrag noch einen Kaufpreis, den ich anlässlich meines Ausscheidens zahlen musste.

All das interessierte das Finanzamt Leipzig wenig. Es erfand die Mär vom Veräußerungsgewinn, den ich anlässlich der Trennung erzielt habe. Und für diesen müsse ich zusätzliche Einkommenssteuern zahlen. Obwohl jegliche Hinweise für den Verkauf eines Teils der Kanzlei fehlten, behauptete das Finanzamt, meine Kollegen hätten den mir gehörenden Teil der Kanzlei an mich verkauft. Und dabei sei eben ein hoher Gewinn bei mir entstanden.

Man muss es sich noch einmal auf der Zunge zergehen lassen. Meine Kollegen sollen den mir gehörenden Teil der Kanzlei an mich verkauft haben. Das war starker Tobak und bereits zivilrechtlich ausgeschlossen. Hierbei handelte es sich um eine außergewöhnlich gewagte Konstruktion des Finanzamtes.

Ich fragte mich damals oft wie man auf eine derart abwegige Idee kommen konnte. Mit einer rechtsstaatskonformen Steuerfestsetzung hatte dies nichts zu tun.

Bei diesem vermeintlichen Verkauf verschrieb sich das Finanzamt dem Grundsatz, möglichst hohe Steuern zu erheben. Daher sollte ich nun zusätzliche Einkommenssteuern in Höhe von 200.000 DM zahlen.

Um diesen Betrag zu rechtfertigen musste der vermeintliche Veräußerungsgewinn bei etwa 500.000 DM liegen. Dieser Wert war völlig aus der Luft gegriffen. Es gab hierfür nicht die geringsten Anhaltspunkte. Wieso sollte ein Veräußerungsgewinn vorliegen, wenn ich gleichzeitig die Mandate meiner Kollegen verliere? Wäre dies nicht gegenzurechnen?

Der Steuerbescheid war natürlich sofort vollstreckbar. Dies führt vor allem bei Rechtsanwälten schnell zu einer Katastrophe, insbesondere bei hohen Steuerforderungen: Ist man nicht in der Lage, die Steuerforderung zu begleichen – auch wenn sie zu Unrecht besteht – gilt man für die Finanzämter als zahlungsunfähig. Unsolide Finanzen können bei Rechtsanwälten schnell zum Entzug ihrer Zulassung führen. Finanzämter verstehen leider keinen Spaß, selbst wenn es um die Eintreibung frei erfundener Steuern geht. Für sie mutiert man an dieser Stelle schnell zu einem Steuerbetrüger. Und das darf natürlich nicht ohne Konsequenzen bleiben.

Die sächsischen Finanzämter sind besonders geübt darin, einen Insolvenzantrag zu stellen und berufliche Existenzen zu vernichten. Die Zahlungsunfähigkeit und damit der wirtschaftliche Tod können daher bereits mit Zugang des Steuerbescheids eintreten. Ein Toter ist nicht mehr in der Lage, kritische Fragen zu stellen und beim Finanzgericht zu klagen. Das Finanzamt schafft so seine eigenen Fakten.

Selbstverständlich belastete mich diese Situation schwer. Zu meinen geänderten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen kam nun auch noch eine hohe Steuerforderung hinzu. Es war, als wüsste das Finanzamt, wo es seine Daumenschrauben ansetzen muss.

Natürlich legte ich gegen den Steuerbescheid Einspruch ein und beantragte die sofortige Aussetzung der Vollziehung.

Montag, 12. November 2001

Das Finanzamt Leipzig ließ sich von seiner Konstruktion in der Folgezeit nicht abbringen. Ich sollte für den (nicht) entstandenen Veräußerungsgewinn bluten. Nur bei seiner Berechnung gab es Bewegung. Es schien, als würden dem Finanzamt hier die Ideen ausgehen. Anscheinend hatte es zu hoch gepokert.

Nach zähem Kampf reduzierte das Finanzamt seine Forderung auf knapp 30.000 DM, die ich widerwillig zahlte. Die Konstruktion des steuerpflichtigen Veräußerungsgewinns empfand ich als Erpressung. Für mich handelte es sich um eine Sondersteuer, für die jede gesetzliche Grundlage fehlte. Damit erhöhte sich mein individueller Steuersatz deutlich. Rechtlich zulässig war dies aus meiner Sicht nicht.

Auch aus einem anderen Grund verstehe ich diese Vorgehensweise nicht: Warum hatte das Finanzamt seine Steuerforderung zunächst derart hochgeschraubt, wenn sich so wenig Substanz hinter seinen Berechnungen verbarg? Besaß man nicht einen Anspruch auf eine ordnungsgemäße, nachvollziehbare Steuerfestsetzung? Oder wollte das Finanzamt eine möglichst große Verhandlungsmasse für eine spätere Einigung mit dem Steuerpflichtigen generieren?

Die Vorgehensweise des Finanzamtes Leipzig erinnerte mich an meine Erfahrungen mit der Staatsanwaltschaft, welche gerne anklagte, um anschließend für die Einstellung eines Strafverfahrens hohe Beträge einzufordern. Das besaß in Sachsen offensichtlich Methode. So wurde man gezwungen, dem Staat möglichst weit entgegen zu kommen und einen – wenn auch völlig überhöhten – Beitrag zur Sanierung der maroden Staatskassen zu leisten. Diese Praxis erschien mir mehr als fragwürdig.

Leider interessieren sich die sächsischen Finanzämter nicht für die Auswirkungen dieser Vorgehensweise auf die Betroffenen oder die wirtschaftlichen Auswirkungen auf den Standort Sachsen. Anlass, ihre Politik zu ändern, besteht für sie jedenfalls nicht.

Ich dachte, mit meiner Zahlung würde Ruhe einkehren. Es handelte sich jedoch um eine trügerische Hoffnung, denn das Finanzamt Leipzig hatte gerade erst begonnen, sich auf mich einzuschießen. Erneut unterschieden sich seine Strategien nicht von denen der Staatsanwaltschaft. An Zufälle glaube ich hier nicht. Schließlich entstanden meine Probleme mit der Staatsanwaltschaft und den Finanzämtern zum selben Zeitpunkt. Eine Verbindung kann ich natürlich nicht beweisen. Für mich liegt sie jedoch auf der Hand.

Montag, 13. Januar 2003

Auch in der Folgezeit machte das Finanzamt Leipzig durch eine hohe Kreativität bei der Erfindung neuer Steuern auf sich aufmerksam. Es beabsichtigte gar nicht erst, zu einer fairen Behandlung meiner Person zurückzukehren oder mich in Ruhe zu lassen.

Nach der Trennung von meinen Kollegen schloss ich mich mit meinem damaligen Steuerberater G. zu einer Rechtsanwalts- und Steuerkanzlei zusammen. Auch diese Kanzlei war als Profit-Center organisiert. Die Struktur hatte sich somit nicht geändert. Eine gemeinsame Kasse, in welche die Unternehmensergebnisse fließen sollten, gab es demzufolge nicht. Jeder war für sich selbst – auch gegenüber dem Finanzamt Leipzig – verantwortlich.

Was den Standort der neuen Kanzlei angeht, hatten wir uns klar verbessert. Wir residierten nun zentral in der Innenstadt von Leipzig in der Petersstraße, oberhalb von Hugendubel im dritten Stock. Es waren schöne Räumlichkeiten, die ich damals gefunden hatte.

Nun läutete das Finanzamt eine neue Phase ein, die mich bis an die Grenzen meiner zeitlichen und finanziellen Belastbarkeit in Anspruch nahm. Heute halte ich einen unfassbaren Umsatzsteuerbescheid in den Händen. Danach – so der Vorwurf – waren mir für den Zeitraum 2000 bis 2002 Umsatzsteuern in Höhe von mehr als 600.000 DM zu Unrecht erstattet worden. Diesen Betrag forderte das Finanzamt Leipzig zurück und kündigte die sofortige Zwangsvollstreckung an.

Doch wie kam es dazu? Als Unternehmer war ich von der Zahlung der Umsatzsteuer befreit. Meine Vertragspartner, insbesondere meine Lieferanten, berechneten mir ihre Leistungen und addierten die Mehrwertsteuer auf. So wie dies bei jedem Unternehmer der Fall ist. Ich bezahlte den Betrag und forderte vom Finanzamt die Mehrwertsteuer zurück. Normalerweise verlief dieser Vorgang reibungslos. Dies war auch lange Jahre der Fall.

Nun änderte das Finanzamt seine Vorgehensweise. Was früher gängige Praxis war, wurde nicht länger akzeptiert. Nach Auffassung des Finanzamtes richteten sich die Rechnungen meiner Lieferanten und sonstigen Vertragspartner an meine Kanzlei, nicht jedoch an mich selbst. Demzufolge könne nur die Kanzlei die Umsatzsteuer zurückfordern, also mein Kollege G. und ich gemeinsam. Im vorliegenden Fall hatte jedoch nur ich allein die Erstattung der Mehrwertsteuer beantragt. Dies sei unzulässig. Infolgedessen hätte ich für die vergangenen drei Jahre die Umsatzsteuer zu Unrecht geltend gemacht. Damit stellte das Finanzamt die bislang gebilligte Praxis auf den Kopf. Ich war fassungslos ob dieser Begründung.

Ich versuchte, das Finanzamt Leipzig zu einem Einlenken zu bewegen, denn unter dem Strich war nicht einmal ein Schaden entstanden. Ich hatte keinen Pfennig zuviel erhalten. Schon gar nicht 600.000,00 DM. Dass ich keine Umsatzsteuer schuldig geblieben war, wusste das Finanzamt natürlich. Was sollte das Ganze also? Mir war wirklich nicht klar, wieso das Finanzamt hier eine Baustelle eröffnete. Um eine ordnungsgemäße Steuerfestsetzung konnte es dabei unmöglich gehen.

Das Finanzamt war wieder nicht zu einem Einlenken bereit. Nicht einmal hinsichtlich der Höhe der Steuerforderung gab es Bewegung. In seiner Unnachgiebigkeit lag sein Markenzeichen, ein sicherlich deutschlandweit festzustellendes Phänomen, das dunkel an den Obrigkeitsstaat erinnert.

Das Finanzamt ließ mich ins Messer laufen. Natürlich hätte es gleich zu Beginn des Veranlagungszeitraums meine Umsatzsteuervoranmeldungen bzw. meine Umsatzsteuererklärungen beanstanden können. Ich gehe sogar davon aus, dass das Finanzamt zunächst die gelebte Praxis akzeptierte. Was dann genau zu einem Umdenken führte, kann ich nur vermuten.

Nun sollte ich 600.000 DM Umsatzsteuern zahlen, Geld, das ich natürlich nicht hatte. Die Politik des Finanzamtes beförderte mich innerhalb kürzester Zeit von einem normalen Steuerbürger zu einem Insolvenzkandidaten. Selbstverständlich legte ich gegen diesen exorbitant hohen Steuerbescheid Einspruch ein.

Es blieb mir nichts Anderes übrig als sämtliche Rechnungen meiner Vertragspartner aus den Jahren 2000 bis 2002 umschreiben zu lassen. Sie sollten nicht mehr auf den Kanzleinamen, sondern auf meinen eigenen Namen lauten. Meinen Kunden, die mit meiner Kanzlei Verträge eingegangen waren, war das natürlich nur schwer zu vermitteln.

Man kann sich leicht vorstellen, was für einen bürokratischen Aufwand das Finanzamt damit auslöste. Jede noch so kleine Rechnung, sei es über Toilettenpapier, Kopierpapier, Bleistifte bis hin zu Rechnungen über Leasingraten mussten umgeschrieben werden. Im Ergebnis handelte es sich um etwa 2.000 Exemplare.

Das Finanzamt wollte sogar neu ausgestellte Rechnungen meiner Vertragspartner sehen. Dass sich einige von ihnen bereits in Insolvenz befanden bzw. nicht mehr existierten, war dem Finanzamt nur recht. In diesem Fall würde es weiter auf der Rückzahlung der Umsatzsteuer bestehen.

Natürlich war ich nicht der Lage, einen derartigen Aufwand zeitlich neben meiner normalen Anwaltstätigkeit zu betreiben. Über einen Zeitraum von neun Monaten befassten sich zwei Mitarbeiterinnen nur mit der Rechnungskorrektur. Allein die hierdurch ausgelösten Personalkosten waren immens. Sie lagen bei etwa 75.000 DM, die ich am Ende zusätzlich tragen musste.

Schließlich war uns die Sisyphusarbeit gelungen. Wir ließen alle Rechnungen korrigieren. Dort, wo ein Unternehmen nicht mehr existierte, nahmen wir selbst die notwendigen Korrekturen vor. Dem Finanzamt fiel dies nicht einmal auf. Wahrscheinlich hat es die korrigierten Rechnungen nicht einmal geprüft.

Am Ende muss man natürlich die Sinnfrage stellen. Was hatte dem Finanzamt Leipzig all seine Hartnäckigkeit gebracht? Gar nichts, lautet die ebenso knappe wie richtige Antwort. Nach Umschreiben der Rechnungen konnte ich die Umsatzsteuer geltend machen. Nicht einmal Zinsen durfte das Finanzamt für den Zeitraum bis zur Rechnungskorrektur einfordern. Denn dies war aufgrund eines ministeriellen Erlasses verboten.

Also wofür das alles? Um einem Unternehmer vor Augen zu halten, dass Leipzig eben doch keine verlässlichen Rahmenbedingungen bereitstellt, um wirtschaftlich erfolgreich arbeiten zu können? Dass jeder Unternehmer die Entstehung unvorhersehbarer Sekundärkosten befürchten muss? Damit ein Betroffener sieht, wie schnell er aufgrund von Steuerbescheiden vor der Insolvenz stehen kann? Um Verhandlungsmasse zu schaffen? Oder vielleicht doch nur als Schikane. Die blühenden Landschaften bestanden anscheinend nur in den Räumen der sächsischen Finanzämter bzw. in den Köpfen erfindungsreicher Finanzbeamter. Das einzige was hier blühte war ihre Fantasie.

Ein Unternehmen, welches sich nur noch mit der Abwehr unberechtigter Steuerforderungen befasst, kann unternehmerisch nicht erfolgreich tätig sein, also Gewinne erzielen. Und damit reduzieren sich künftig zu zahlende Steuern. Am Ende sprechen wir über ein klassisches Eigentor. Die Finanzbeamte betrieben aus meiner Sicht jedenfalls eine sehr eigenwillige Form der Beschäftigungstherapie. Am Ende ging dieser Angriff des Finanzamtes Leipzig ins Leere.

Die nächste Attacke des Finanzamtes ließ allerdings nicht lange auf sich warten. Dieser Angriff fiel noch heftiger aus. Er zeigt, wie ostdeutsche Finanzämter mit ihrer Kurzsichtigkeit wichtige Investitionen für einen dauerhaften wirtschaftlichen Aufschwung torpedieren. Im Ergebnis waren die gewaltigen Verzögerungen beim Aufbau Ost also hausgemacht.

Donnerstag, 15. Juli 2004

Der zurückliegende Ärger mit dem Finanzamt Leipzig war noch nicht vergessen. Zwischenzeitlich hatte ich mich beruflich wieder neu orientiert und mit dem Steuerberater und Wirtschaftsprüfer Prof. Dr. K. eine neue Kanzlei gegründet. Wir wollten unsere Beratungstätigkeit kräftig ausweiten und neue Kanzleistandorte gründen. Der Schwerpunkt unserer Tätigkeit sollte allerdings in Sachsen bleiben. Bereits diese Entscheidung versprach Ärger.

Neben Leipzig wollten wir Chemnitz und Bautzen als Kanzleistandorte entwickeln, daneben Ostberlin und München. Die Expansion würde eine Menge Geld kosten, denn die einzelnen Standorte mussten erst noch aufgebaut werden. Vor allem das Mobiliar und die IT forderte den Einsatz erheblicher finanzieller Mittel.

Nun ging es darum, diese Expansion steuerrechtlich abzusichern. Wir wollten mit den voraussichtlich anfallenden Investitionskosten Steuerforderungen des Finanzamtes Leipzig reduzieren und zwar so, dass wir nicht gleichzeitig investieren und hohe Steuern zahlen mussten.

Für unsere Investitionen stellte das Einkommenssteuergesetz auch ein passendes Instrument zur Verfügung, nämlich die sogenannte atypisch stille Beteiligung. Im Grunde handelt es sich dabei um einen Vertrag, welcher die zu erwartenden Investitionen absichert und die Zahlungspflichten des Investors regelt. Auf der Grundlage dieser Vereinbarung ist eine Verrechnung von Investitionen mit aktuellen Steuerzahlungen möglich. In den alten Bundesländern funktioniert dieses Modell seit Jahrzehnten reibungslos.

Mit ihm ermuntert der Gesetzgeber Unternehmer zu einer höheren Investitionstätigkeit. Diese ist politisch erwünscht, zumal sie zur Stärkung der Wirtschaft beiträgt und neue Arbeitsplätze schafft. Aber anscheinend wurde diesem Wunsch in Sachsen anders Rechnung getragen.

Für die einzelnen Standorte verständigten wir uns auf einen genauen Investitionsplan und holten hierfür die notwendigen Kostenvoranschläge unserer Lieferanten ein. Die anteilig von mir zu tragenden Investitionskosten lagen bei etwa 600.000 €. Die für die steuerliche Veranlagung notwendigen Unterlagen reichte ich bei den jeweiligen Finanzämtern ein.

Donnerstag, 21. April 2005

Leider hatte ich die Rechnung wieder einmal ohne den Wirt gemacht. Die Finanzämter in Leipzig, Ostberlin, Chemnitz und Bautzen verweigerten mir die begehrte Steuerabschreibung. Sie waren ausschließlich darauf fixiert, den klammen neuen Bundesländern möglichst hohe Einnahmen zu sichern.

Damit verträgt sich eine Förderung von Investitionen sicherlich nicht. Das Einkommenssteuergesetz enthält zwar die Grundlage für die steuerliche Absetzbarkeit. Der erfindungsreiche Finanzbeamte in den neuen Bundesländern legt dieses jedoch nach eigenem Gutdünken aus.

Aber was genau war eigentlich geschehen? Die in den neuen Bundesländern gelegenen Finanzämter wandten die mich begünstigenden steuerrechtlichen Regelungen einfach nicht an. Darin lag ein klarer Verstoß gegen rechtsstaatliche Rahmenbedingungen. Natürlich muss die steuerliche Veranlagung ordnungsgemäß erfolgen. Da es sich bei den Einkommenssteuern um Bundesgesetze handelt darf die steuerliche Veranlagung in den einzelnen Bundesländern auch nicht unterschiedlich sein. Hinsichtlich dieser Praxis besaßen die Finanzämter in Sachsen sowie in Ostberlin jedoch ganz eigene Vorstellungen.

Nur für unseren Standort in München bekamen wir vom dortigen Finanzamt grünes Licht. In Bayern sah man unsere Investitionstätigkeit positiv und unterstützte die Unternehmer nach besten Kräften. Vielleicht war das Finanzamt München bei der Anwendung der einschlägigen steuerrechtlichen Regelungen auch nur objektiver und professioneller. Man dachte hier langfristig.

Die Politik der ostdeutschen Finanzämter stellte für uns keine Lappalie dar. Dass ein Finanzamt die Anwendung von Vorschriften, die den Steuerzahler entlasten, unterlässt, ist kein Bagatelldelikt. Was nützt es, wenn der Gesetzgeber die Förderung der Investitionstätigkeit steuerrechtlich absichert, diese Regelungen jedoch von den Finanzämtern in Sachsen und Ostberlin ignoriert werden?

Jedenfalls verstärkte sich mein Eindruck, dass einige Bundesländer in Wirklichkeit nicht an der Förderung ihrer Wirtschaft und der Schaffung von Arbeitsplätzen interessiert waren. Warum denn auch. Zwar führen weniger Unternehmensansiedlungen zu geringeren Steuereinnahmen. Ländern wie Sachsen und Berlin war dies egal. Am Ende erhielten sie über den Länderfinanzausgleich Transferzahlungen der reichen Bundesländer, vor allem aus Bayern. Sie mussten daher auch nicht wirtschaftsfreundlich agieren. Für sie war es wichtiger, Investoren die Abschreibungsmöglichkeiten zu verweigern und die Steuerzahler zur Ader zu lassen. Ein derartiges Verhalten kurzsichtig zu nennen ist stark untertrieben.

Es reicht nicht, ständig von blühenden Landschaften zu sprechen, man muss von staatlicher Seite auch die Voraussetzungen hierfür schaffen. Die Politik der Finanzämter in Sachsen und Ostberlin empfand ich als äußerst kurzsichtig.

Doch damit nicht genug. Den ostdeutschen Finanzämtern genügte es nicht, die Steuerabschreibung zu verweigern. Sie berechneten nun auch für die Folgejahre höhere Vorauszahlungen auf die künftig zu erwartende Einkommenssteuer, da die Investitionskosten unberücksichtigt blieben. Dies schränkte den für Investitionen zuständigen Finanzrahmen weiter ein.

Damit multiplizierten sich die Steuerforderungen der Finanzämter schnell um das Drei- bis Vierfache. Dass ein Unternehmer nicht gleichzeitig investieren und hohe Steuern zahlen kann, stellt eine Binsenweisheit dar. Bei den Finanzämtern in Sachsen und Ostberlin stieß ich allerdings auf taube Ohren.

Die Folgen dieser Kurzsichtigkeit spürte ich schnell am eigenen Leibe. Das Finanzamt Leipzig schickte mir für das Jahr 2004 einen Steuerbescheid und verlangte die Zahlung von 300.000 € Einkommenssteuer innerhalb kürzester Zeit.

Einmal mehr befand ich mich in einem Kampf um mein wirtschaftliches Überleben. Zur Finanzierung unserer Expansion und die Gründung neuer Standorte fehlten nun die nötigen finanziellen Mittel. Ich nahm von diesem Projekt Abstand. Arbeitsplätze konnten daher auch keine mehr entstehen.

Eigentlich sollte mir das eine Lehre sein, auf Investitionen in Sachsen zu verzichten. Besser noch wäre es gewesen, dort jede unternehmerische Betätigung sofort einzustellen, es sei denn, man war stark suizidgefährdet.

Lange dachte ich damals über einen Wegzug aus Sachsen nach und begann, erste Gespräche mit einer Unternehmensberatung aus Zürich zu führen. Ich überlegte, ob es nicht besser wäre, in die Schweiz zu wechseln, wo Finanzämter und Steuerzahler kooperativ zusammenarbeiten. Die steuerlichen Rahmenbedingungen in den neuen Bundesländern waren für jede solide unternehmerische Planung tödlich. Leider fehlte mir damals die notwendige Konsequenz.

Kapitel 2: Umzug nach Großbothen

Dienstag, 14. März 2006

Für einen Wegzug aus Sachsen war ich noch nicht reif, auch wenn meine Erfahrungen mit dem Finanzamt Leipzig nicht schlimmer sein konnten. Die Hoffnung stirbt nun einmal zuletzt.

Ich entschied mich zu einer Änderung meines Wohnsitzes, um mich der Gier des Finanzamtes Leipzig zu entziehen. Schlechter als in Leipzig konnten die Dinge nicht mehr laufen. Das jedenfalls stand für mich fest. Also meldete ich mich in Großbothen an. Damit war künftig das Finanzamt Grimma für mich zuständig.

Mein Steuerberater W. hatte mich nachdrücklich vor diesem Umzug gewarnt. Er betonte, das Finanzamt Grimma sei noch investitionsfeindlicher als das Finanzamt Leipzig. Es sei zudem für die Vielzahl von Insolvenzanträgen bekannt, die es jährlich gegen Unternehmen und Privatpersonen stellt, welche Steuerforderungen nicht befriedigen können, egal ob diese berechtigt waren oder nicht. Von diesem Finanzamt ginge eine reine Zerstörungswut aus.

Leider schenkte ich seinen Worten keinen Glauben. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass ein anderes Finanzamt noch entschiedener gegen mich vorgeht. Am Ende setzte ich mich über die Bedenken meines Steuerberaters hinweg. Das war ein schwerer, nicht mehr gut zu machender Fehler.

Wenn man in Anbetracht meiner Erfahrungen mit dem Finanzamt Leipzig glaubt, es könne nicht mehr schlimmer kommen, irrt man sich gewaltig. Was ich im Fall des Finanzamtes Grimma erleben musste, stellt alles in den Schatten. Bei ihm handelt es sich um eine besondere Erscheinungsform des spätmittelalterlichen Obrigkeits- und Steuererhebungsstaates. Das Finanzamt Grimma besaß hinsichtlich der Interpretation steuerlicher Regelungen ganz eigene Vorstellungen. Und diese zeigte sich vor allem darin, wie es mit den Steuerzahlern umging.

Freitag, 16. Juni 2006

Die ersten Monate nach meinem Umzug herrschte glücklicherweise Ruhe. Ich konnte erst einmal durchatmen.

In den vergangenen Jahren hatte ich mein unternehmerisches Engagement ausgeweitet. Aufgrund des von den sächsischen Staatsanwaltschaften gegen mich geführten Krieges erschien es mir zu risikoreich, mich allein auf meine Anwaltstätigkeit zu beschränken. Ich wollte unabhängiger von meinem Beruf werden und mich breiter aufstellen. Dazu wollte ich neue Geschäftsfelder eröffnen.

Bekannte rieten zum Erwerb denkmalgeschützter Immobilien, die ich sanieren sollte. Aus steuerlicher Sicht handelt es sich wegen der steuerrechtlichen Abschreibungsmöglichkeiten um lohnenswerte Projekte. Die Immobilienpreise in Leipzig befanden sich zu diesem Zeitpunkt im Keller. Ein erstes Objekt in der Shakespearestraße 56 konnte ich preisgünstig erwerben. Dort wollte ich auf einer Gesamtfläche von 1.100 qm Wohnungen für Studenten errichten.

Investitionen in Denkmalschutzprojekte werden steuerlich auf zehn Jahre abgeschrieben. Hinzu kommen die gezahlten Darlehenszinsen, die ebenfalls berücksichtigt werden. Im Fall der Shakespearestraße 56 waren das allein Abschreibungen im Umfang von fast 100.000 € pro Jahr. Dementsprechend würde sich die von mir zu zahlende Einkommenssteuer deutlich reduzieren.

Neben der Shakespearestraße 56 erwarb ich noch das Nachbarhaus (Shakespearestraße 54) sowie das Eckhaus in der Shakespearestraße 26. Damit einher gingen Gesamtinvestitionen von etwa 2,5 Millionen €, also ein gewaltiges Abschreibungsvolumen. Normalerweise hätten diese Projekte allein dazu geführt, dass ich in den kommenden Jahren keine Steuern mehr zahlen musste. Auch Arbeitsplätze wurden so dauerhaft gesichert.

Ich beließ es jedoch nicht bei diesen Immobilienkäufen. Ein damals (noch) sehr guter Freund von mir, Lap K., fragte mich, ob ich nicht mit ihm Biogasanlagen bauen wolle. Diese wurden von staatlicher Seite massiv gefördert und ihre Einnahmen auf 20 Jahre garantiert. Die Investitionskosten lagen zwischen 2 und 3,5 Millionen € pro Anlage. Den größten Teil der Finanzierung würden Spezialbanken übernehmen.

Wirtschaftlich versprachen mir meine Projekte Unabhängigkeit. Ich war damit in der Lage, meinen Lebensunterhalt auch ohne die Einnahmen aus meiner Anwaltskanzlei zu finanzieren. Damit wurde ich unabhängiger von Attacken der Staatsanwaltschaften und der Öffentlichkeitsarbeit der sächsischen Justiz in der Boulevardpresse.

Mein Investment in Biogasanlagen konnte ich über atypisch stille Beteiligungen abschreiben, also über diejenige steuerliche Konstruktion, auf die ich bereits bei der Ausweitung meiner anwaltlichen Tätigkeit zurückgegriffen hatte. Vielleicht war es ein Fehler, in Sachsen ein zweites Mal auf diese steuerliche Konstruktion zu vertrauen, doch nun war für die steuerliche Bewertung nicht mehr das Finanzamt Leipzig zuständig. Für die ersten vier Projekte schloss ich entsprechende Verträge ab und schuf damit die Voraussetzungen für ihre steuerliche Absetzbarkeit.

Damals glaubte ich fest daran, dass meine Investitionen vom Finanzamt Grimma berücksichtigt werden. Immerhin hatte ich bereits viel Geld in die einzelnen Biogasprojekte gesteckt. Meine Zahlungen waren daher nachweisbar. Eine erste Anlage in Liptitz befand sich bereits im Bau. Eine weitere, in Malkwitz, sollte wenig später folgen. Das Finanzamt konnte die Existenz dieser Projekte daher unmöglich bestreiten.

So war es wenig überraschend, dass das Finanzamt Grimma meine atypisch stillen Beteiligungen bestätigte und meine Vorauszahlungen auf die Einkommenssteuer entsprechend reduzierte. Mein Steuerkonzept ging auf, meinem Vermögensaufbau und damit meiner neu gewonnenen Unabhängigkeit standen nichts mehr im Wege. Ich kam endlich einmal dazu, an der Steuerfront tief durchzuatmen.

Dienstag, 13. Mai 2008

Doch leider machte ich auch dieses Mal die Rechnung ohne den Wirt. Meine Projekte weckten die Begehrlichkeit des Finanzamtes Grimma und veranlassten dort ein Umdenken. Ich würde, so die Argumentation des Finanzamtes, nun deutlich höhere Einnahmen erzielen, was wegen der hohen Anlaufverluste nicht stimmte. Denn in der Errichtungsphase warfen meine Projekte noch keine Einnahmen ab. Auch hätte ich – so das Finanzamt weiter – viel Geld in diese Projekte gesteckt. Wer derart vermögend ist müsse auch hohe Steuern zahlen.

Irgendetwas schien bei dieser Argumentation mit der Anwendung der einschlägigen steuerrechtlichen Vorschriften nicht zu stimmen. Mir ging es um eine ordnungsgemäße Anwendung der Steuergesetze und nicht darum, eine Neiddebatte mit dem Finanzamt zu führen. Dort entschieden allerdings rein subjektive Erwägungen über meine steuerliche Veranlagung. Ob ich überhaupt Gewinne erzielt hatte, war für die Steuerfestsetzung nicht mehr entscheidend. Ich sollte Steuern zahlen, weil mich das Finanzamt für leistungsfähig hielt. Mit einer rechtsstaatlichen Steuerfestsetzung hatte das nichts zu tun.

Allen steuerrechtlichen Regelungen zum Trotz suchte das Finanzamt Grimma nach Möglichkeiten, hohe Einkommenssteuern gegen mich festzusetzen. Nachweislich hatte ich mehr als 1,3 Mio. € aus eigenen Mitteln in die Biogasprojekte gesteckt. Auch in meine Immobilienprojekte war viel Geld geflossen. Daran konnte unmöglich gezweifelt werden. Das waren Kosten, die steuerlich berücksichtigt werden mussten!

Aus der Sicht des Finanzamtes Grimma reichte jedoch allein die Einstufung als „einkommensstarker Unternehmer“ aus, um mich zu hohen Steuerzahlungen zu zwingen, ja ich war sogar verpflichtet, diese zu leisten. Dass ich ein Vermögen im Vertrauen auf die Geltung steuerrechtlicher Regelungen und die Tragfähigkeit meines Steuerkonzepts investiert hatte, es damit auch nicht mehr für Steuerzahlungen zur Verfügung stand, spielte für das Finanzamt keine Rolle. Es glaubte fest daran, ich könne mein Geld gleich zweimal ausgeben. Das Finanzamt suchte fortan nach Möglichkeiten, mir die steuerliche Absetzbarkeit meiner Investitionen zu verweigern.

Schlagartig änderte das Finanzamt Grimma nun seine Politik. Obwohl es meine atypisch stillen Beteiligungen zunächst anerkannt hatte, versagte es mir nun rückwirkend sämtliche Steuervergünstigungen ab dem Jahr 2006. Und was noch schlimmer war: Es setzte rückwirkend hohe Vorauszahlungen auf die Einkommenssteuer für die vergangenen Jahre fest. Damit multiplizierten sich die von mir zu zahlenden Steuern. Bei dieser Betrachtung lag mein individueller Steuersatz jenseits von 150 %.

Das Ergebnis dieser Borniertheit konnte ich in verschiedenen Steuerbescheiden nachlesen. Von heute auf morgen verlangte das Finanzamt Einkommenssteuern in Höhe von etwa 550.000 €. Das war eine Summe, die ich unmöglich aufbringen konnte. Was glaubte das Finanzamt Grimma eigentlich, wieviel Geld man in Sachsen verdienen konnte?

Es fiel mir damals schwer, die Zusammenhänge zu verstehen. Wieso kann ein Finanzamt rückwirkend Vorauszahlungen für die Einkommenssteuer verlangen, wo die jeweiligen Geschäftsjahre bereits abgeschlossen waren? Und wieso ging das Finanzamt dabei davon aus, dass sich mein Einkommen jährlich um mehr als 25 % erhöhen würde? Was war mit meinen Investitionen, denn immerhin hatte ich meine Einnahmen für meine Projekte verwendet, so wie es das Einkommenssteuergesetz forderte? Was nützen einem also die ganzen Regelungen über Steuermodelle, wenn diese vom Finanzamt nicht angewendet werden? Ich befand mich jedoch fest in den Händen des steuerrechtlichen Obrigkeitsstaates.

Und hierin liegt die Crux der Geschichte. Es ging längst nicht mehr darum, ob die bestehenden Steuergesetze meine Investitionstätigkeit förderten. Es ging den Finanzämtern vielmehr darum, eine Begründung zu finden, welche deren steuerliche Abzugsfähigkeit unterband.

Bizarrerweise verlangte das Finanzamt mit der Neufestsetzung meiner Steuern auch noch Zinsen für die vergangenen Jahre, obwohl es bislang meine Steuermodelle anerkannt hatte. Das erschien mir mehr als fragwürdig zu sein.

Es war ein einziges Desaster. Wieder einmal stand ich mit dem Rücken zur Wand. Dieses Mal war nicht meine anwaltliche, sondern meine Investitionstätigkeit der Auslöser für das stürmische Fahrwasser, in das ich geraten war. Da half es auch nicht weiter, dass ich mit meiner Investitionstätigkeit zahlreiche Arbeitsplätze schuf. Den sächsischen Finanzämtern waren Arbeitsplätze egal.

Die Vorgehensweise meines Finanzamtes erinnerte mich stark an die Staatsanwaltschaft. Man baute möglichst hohe Verhandlungspositionen auf, um den Betroffenen dann zu einem Entgegenkommen zu erpressen. Ging man nicht auf diese Strategie ein, hatte man keine Überlebenschance.

Mein Steuerberater W. konnte sich ebenfalls keinen Reim auf die Steuerfestsetzungen des Finanzamtes Grimma machen. Intensive Verhandlungen, führten nicht zu einer Änderung dieser Politik. Dann müsse ich halt Insolvenz anmelden, so die Sachbearbeiter im Finanzamt.

Wieder einmal blieb mir nur der Weg zum Finanzgericht.

Dienstag, 16. Dezember 2008

Nach welchen Maßstäben die Steuerfestsetzung in Sachsen erfolgt, habe ich nie verstanden. Immer noch bin ich davon überzeugt, dass hierfür persönliche Motive bzw. der lange Arm meiner Gegner im sächsischen Finanzministerium eine nachhaltige Rolle spielten. Es ging meiner Meinung nach nicht mehr um Steuergerechtigkeit, sondern um Politik.

An der Steuerfront ging es rauf und runter. Die See wurde immer rauer. Es herrschte intensiver Schriftverkehr, vor dem Finanzgericht tobte ein erbitterter Kampf. Mein Steuerberater erzielte schließlich einen Teilerfolg. Das Finanzamt Grimma reduzierte seine Steuerforderung auf etwa 320.000 €.

Die Hälfte dieses Betrags bestand aus Zinsen und Säumniszuschlägen, mit denen das Finanzamt die Steuerforderung künstlich aufgebläht hatte. Die sächsischen Finanzämter ließen wirklich nichts unversucht, um den Steuerzahler wie eine nasse Zitrone auszuquetschen. Dennoch war ich weder bereit noch in der Lage, diese Steuerforderung zu bezahlen.

Am Ende leistete ich eine Teilzahlung, womit sich die Steuerbelastung auf unter 200.000 € reduzierte. Über den verbliebenen Betrag wollte ich eine Entscheidung des Finanzgerichts erzwingen.

Montag, 8. Februar 2010

Inzwischen hatte das Finanzgericht Leipzig in einer Verfügung auf die Absetzbarkeit meiner Biogasinvestitionen hingewiesen. Das Finanzamt Grimma interessierte sich dafür jedoch wenig. Es ging auf seine Art mit dem Hinweis des Finanzgerichts um. Es forderte für die zurückliegenden Jahre ständig neue Nachweise, um auf diesem Wege meine Steuerabschreibungen zu torpedieren. Damit stellte es immer höhere Hürden auf.

Hierin liegt eine beliebte Methode entfesselter, dem Obrigkeitsstaat verpflichteter Finanzämter. In Grimma war diese besonders ausgefeilt.

Vorschriften über die steuerliche Absetzbarkeit von Investitionen lassen sich dadurch leicht aushebeln, dass man deren Anwendungsbereich immer mehr verkürzt, bis schließlich nichts mehr von der nach dem Gesetz bestehenden Absetzbarkeit übrigbleibt. Gerade bei der rückwirkenden Forderung von Vorauszahlungen auf die Einkommenssteuer stellt diese Vorgehensweise ein probates Mittel dar. Besonders dann, wenn das Finanzamt für die Vergangenheit Unterlagen fordert, die es gar nicht geben kann, weil sie zur Absicherung der Investitionen nicht erforderlich waren.

Auf diese Weise konnte man den Anwendungsbereich steuerlich entlastender Regelungen nach Gutdünken manipulieren.

Im Fall meiner Biogasinvestitionen verlangte das Finanzamt Grimma, dass ich insgesamt vier unterzeichnete Werkverträge über die Errichtung der Anlagen vorlege. Es wusste genau, dass nur zwei dieser Verträge existierten. Wir planten unsere Anlagen zeitlich nacheinander, die einzelnen Projekte, insbesondere die Planungskosten musste ich jedoch vorfinanzieren.

Bei jedem Projekt ging es zunächst um die Beschaffung einer Finanzierung. Sobald diese stand, konnten wir die notwendigen Werkverträge abschließen. Alles andere wäre klarer Betrug gewesen. Denn ohne eine tragfähige Finanzierung waren wir nicht zahlungsfähig. Zu eben diesem Betrug versuchte mich das Finanzamt Grimma zu zwingen.

Es stellte Hürden auf, die von keinem Investor erfüllt werden konnten. In diesem Fall ist es leicht, die steuerliche Absetzbarkeit rückwirkend zu versagen. Dem Investor wird so jede Verteidigungsmöglichkeit genommen.

Doch nicht nur das: Das Finanzamt Grimma setzte abermals einen drauf. Langsam wurde das Ziel seines Handelns immer deutlicher. Nachdem seine Veranlagungspolitik immer noch nicht ausgereicht hatte, mich zu einem Insolvenzantrag zu zwingen, verschärfte es noch einmal die Auseinandersetzungen. Es ging dazu über, neue Steuerforderungen zu erfinden.

Ab dem Jahr 2010 forderte das Finanzamt Grimma vierteljährliche Vorauszahlungen auf die Einkommenssteuer in Höhe von 80.000 €. Ich sollte also ein in der Zukunft liegendes, nicht nachgewiesenes Einkommen versteuern. Um Vorauszahlungen in dieser Höhe zu leisten musste mein Quartalsgewinn etwa 200.000 € erreichen. Das schaffte nicht einmal der Chef der Deutschen Bank in Leipzig.

Diese Vorauszahlung war ebenso absurd wie ausgeschlossen, insbesondere, weil das Finanzamt Grimma wusste, dass ich aufgrund meiner psychischen Erkrankung meiner Anwaltstätigkeit kaum noch nachging. Woher sollten also die Einnahmen kommen? Weder die Biogasanlagen, noch die Denkmalimmobilien erzielten zu diesem Zeitpunkt Gewinne.

Von welchen Größenordnungen ging das Finanzamt also aus? Ich lebte in Sachsen, nicht in Monaco!

Damit war endgültig klar, welches Ziel das Finanzamt Grimma verfolgte. Es wollte nämlich nicht, dass ich die festgesetzten Steuern bezahlen kann. Daher waren diese auch utopisch hoch. Über die festgesetzten Vorauszahlungen auf die Einkommenssteuer in Höhe von 80.000 € pro Quartal sollte ich in die Insolvenz getrieben werden.

Dass hier jegliche Berechnungsgrundlage fehlte, interessierte das Finanzamt nicht. Es verlangte die Zahlung von Einkommenssteuern in Höhe von 420.000 € und drohte die Zwangsvollstreckung an, sollte ich nicht innerhalb von 10 Tagen zahlen.

Wie sich dieser Betrag zusammensetzte, blieb mir verborgen, denn Bescheide, die eine derartige Steuerlast belegen, wurden mir nie übermittelt. Darin lag ein weiterer Versuch des Finanzamtes, nämlich den, mir jeglichen Rechtsschutz zu nehmen. Ohne einen Steuerbescheid gab es nichts, was ich finanzgerichtlich angreifen konnte.

Nach Aussage meines Steuerberaters durfte das Finanzamt aufgrund meiner zahlreichen Abschreibungen allenfalls einen Betrag zwischen 5 und 10 T€ einfordern. Die Leiterin der Abteilung Zwangsvollstreckung im Finanzamt Grimma, die überaus rücksichtslose A., meinte jedoch zynisch, ich habe in der Vergangenheit gut verdient. Demzufolge sei ich in der Lage, die geforderten Einkommenssteuern zu bezahlen. Das war ein klarer Rechtsbruch.

Für meine Investitionen wurde ich am Ende sogar bestraft.

Montag, 1. März 2010

Seinen Kurs, mich in die Insolvenz zu treiben, verfolgte das Finanzamt Grimma weiter. Nun erschienen zwei Finanzbeamte mit einem gerichtlichen Durchsuchungsbeschluss in meiner Kanzlei, um die Einrichtung zu pfänden. Das Finanzamt wollte mir die Grundlage für meine anwaltliche Tätigkeit entziehen. Ohne meine Möbel und die wertvolle Bibliothek war ein Weiterarbeiten sinnlos.

Womit die beiden Finanzbeamten nicht gerechnet hatten war meine geänderte Lebensplanung. Die Attacken der Staatsanwaltschaft und der Finanzämter hatten mich endgültig zermürbt. Eine solide Basis für meine berufliche Arbeit in Sachsen sah ich längst nicht mehr.

Meine Planungen, in die Schweiz umzuziehen und dort einen neuen Lebensabschnitt zu beginnen, hatte ich unter dem starken Druck des Finanzamtes Grimma wiederaufgenommen. Meine Kanzlei wollte ich aufgeben. Mein ehemaliger Traumberuf war längst zu einem schlimmen Albtraum verkommen.

Mehrfach war ich durch ich die Hölle gegangen. Seit langem plagten mich die schlimmsten Albträume. Jede Nacht versuchte mein Unterbewusstsein, meine Erlebnisse aufzuarbeiten, was jedoch nicht gelang. Oft genug wurde ich schreiend wach. Selbst die schweren Psychopharmaka halfen nicht weiter.

Ein Jahr zuvor hatte ich den ersten wichtigen Schritt vollzogen und meine Kanzlei an meinen Anwaltskollegen N. verkauft. In der Anfangszeit wollte ich diesen noch begleiten, dann aber umziehen. Mein Leben in Leipzig war nicht mehr zu ertragen.

Die beiden Finanzbeamten, die nun vor mir standen, mussten unverrichteter Dinge mit verbissenen Minen wieder abziehen, nachdem ich ihnen den Kaufvertrag mit N. vorgelegt hatte. Ihre Pfändung war damit gescheitert.

Der Durchsuchungsbeschluss, den sie mir übergaben, war der vierte, der in wenigen Jahren gegen mich erlassen wurde. Für die sächsische Justiz war es längst zur Routine geworden, Durchsuchungsbeschlüsse gegen mich abzusegnen. Inzwischen ist deren Zahl auf neun angestiegen. Selbst Schwerstkriminelle hatten nicht mit einer derartigen Flut von Razzien zu kämpfen.

Die Orgie dieser Beschlüsse traf tief in die offenen Wunden meiner posttraumatischen Belastungsstörungen. Seit langem fühlte ich mich in meinen eigenen Räumen nicht mehr sicher. Sobald es an der Tür klingelte, rechnete ich mit dem Schlimmsten. Meistens blieb meine Tür daher verschlossen. Auch die Post las ich kaum mehr. Bis heute leide ich an den staatlichen Gewaltexzessen.

Donnerstag, 18. März 2010

Ich sah keine Möglichkeit mehr, das Finanzamt in Verhandlungen oder vor dem Finanzgericht zu einer ordnungsgemäßen Steuerfestsetzung zu bewegen. Also schrieb ich den sächsischen Staatsminister der Finanzen Umland an und bat diesen um die Niederschlagung meiner Steuerforderungen. Seine Einschaltung war für mich auch aus einem anderen Grund wichtig. Ich wollte verhindern, dass das Finanzministerium später erklärt, es habe meinen Vorgang nicht gekannt.

Hilfe erhielt ich vom sächsischen Finanzminister natürlich nicht. Vielmehr erklärte er wenige Wochen später, bei meiner steuerlichen Behandlung sei alles mit rechten Dingen zugegangen. Offensichtlich litt auch er unter einem steuerlichen Festsetzungswahn. Damit unterstützte er den Kurs des Finanzamtes Grimma, was dieses natürlich sogar in seiner Vorgehensweise bestärkte. Vielleicht waren meine Hoffnungen auf eine Intervention zugunsten meiner Person auch zu hochgeschraubt.

Erneut feuerte ich meine Steuerberater an, mit Hochdruck an der Absenkung meiner Einkommenssteuern zu arbeiten. Nach wie vor hatte das Finanzamt Grimma bei seiner Steuerfestsetzung weder meine Biogasinvestitionen noch die aus den Immobilienprojekten resultierende Abschreibung berücksichtigt. Irgendwo hoffte ich immer noch auf einen Durchbruch. Ich wollte die Realität einfach nicht wahrhaben.

Das Finanzamt Grimma blieb allerdings bei seiner rein ergebnisorientieren Handlungsweise. Es setzte die Vorauszahlungen so hoch an, dass eine Zahlung ausgeschlossen war. Es verfolgte andere Ziele. Aus diesem Grund wurden meine Anträge auf Absenkung der Vorauszahlungen und Berücksichtigung meiner Abschreibungen gar nicht erst bearbeitet.

So wundert es nicht, dass das Finanzamt Grimma – um alle Eventualitäten auszuschließen – in der Folgezeit weitere Vorauszahlungen auf die Einkommenssteuer geltend machte. Es hielt die Steuerforderungen bewusst hoch, um mir gar nicht erst die Möglichkeit zu geben, das sich immer stärker abzeichnende Drama abzuwenden.

Montag, 2. August 2010

Das Finanzamt Grimma lenkte auch in der Folgezeit nicht ein. Nun sah es den Zeitpunkt gekommen und stellte beim Amtsgericht Leipzig einen Insolvenzantrag über mein Vermögen. Es begründete diesen mit vermeintlichen Steuerforderungen in Höhe von 380.055,10 € und einer daraus resultierenden Zahlungsunfähigkeit. Schließlich sei sogar ein früherer Vollstreckungsversuch gescheitert.

Ein erheblicher Teil dieser Forderungen waren Zinsen. Allein die Verspätungszuschläge beliefen sich auf 57.216,00 €. Verspätungszuschläge dürfen normalerweise nur verlangt werden, um den Steuerpflichtigen zu Steuerzahlungen verleiten. Ist dieser jedoch zahlungsunfähig – wovon das Finanzamt Grimma in meinem Fall ja offensichtlich ausging – dürfen Verspätungszuschläge nicht erhoben werden.

Aber auch das störte das Finanzamt nicht weiter. Bis zuletzt weigerte es sich, meine Abschreibungen zu bearbeiten.

Am Ende half aller Kampf nicht. Wirtschaftlich und psychisch war ich erledigt. Meine letzten Kräfte, soweit überhaupt noch vorhanden, lösten sich in Luft auf.

 

[1]              www.welt.de/print-welt/article535320/Sachsens-Kronprinz-unter-Druck.html; Jürgen Roth, Spinnennetz der Macht, 2013, S. 93 ff.

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