siehe ferner Der hybride Rechtsstaat – Teil 4 meines Tagebuchs – Die Gepflogenheiten des sächsischen Insolvenzverfahrens
Freitag, 26. Oktober 2012
Am heutigen Tag ging es mir etwas besser. Es gab auch diese Tage, an denen meine Depressionen nachließen und ich in der Lage war, mich meinen Problemen zu stellen.
Nun ging ich erstmals daran, meine Erlebnissen niederzuschreiben und dafür zu sorgen, dass sich diese nicht wiederholen. Handelte es sich wirklich um eine Aktion, die von meinen Gegnern in der sächsischen Justiz gesteuert wurde, oder um eine Vielzahl von Zufällen? Zugegebenermaßen glaubte ich an Letzteres nicht mehr. Meine Fragen forderten jedenfalls eine Antwort.
Ich würde mir später einmal große Vorwürfe machen, wenn ich nicht wenigstens den Versuch unternommen hätte, die Dinge aufzuarbeiten und bekannt zu machen. Zudem wollte ich eine Hintertür für die politische Kaste in Sachsen schließen, für den Fall, dass deren Vertreter später einmal auf die Ereignisse angesprochen werden. Politiker behaupten zum Selbstschutz gerne, keine Kenntnis von einem bestimmten Sachverhalt zu besitzen. So einfach wollte ich es meinen Gegnern jedoch nicht machen. Sie sollten gar nicht erst die Chance bekommen, sich später einmal herauszureden.
Also fasste ich in einer 20seitigen Dienstaufsichtsbeschwerde meine Erfahrungen in Sachsen zusammen und sandte diese an den sächsischen Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich persönlich. Ich schilderte meine Auseinandersetzungen mit den sächsischen Spielbanken, die Attacken der Staatsanwaltschaften in Leipzig und Dresden, die Vorgehensweise der Finanzämter in Leipzig und Grimma sowie das Zustandekommen und den Ablauf meines Insolvenzverfahrens. Vor allem das Verschwinden meines ersten Antrags auf Erteilung der Restschuldbefreiung hatte ich noch nicht verkraftet. Auch auf die enge Kooperation zwischen der sächsischen Justiz und der BILD kam ich zu sprechen. Daraus ergab sich für den sächsischen Ministerpräsidenten ein umfassendes Bild. Er konnte nun selbst entscheiden, ob sich eine Intervention oder gar eine Aufarbeitung lohnen.
Hoffnungen darauf, dass etwas geschehen würde, besaß ich keine. Ich konnte lediglich den Ministerpräsidenten veranlassen, die ganze Angelegenheit zu überprüfen, sei es auch nur, um sich selbst aus der Schusslinie zu bringen. Mein Schreiben leitete Tillich an die jeweiligen Fachressorts weiter. Das war wenigsten etwas. Damit gelangte es unter anderem an den Justizminister sowie die Präsidenten des Amtsgerichts Leipzig sowie des Oberlandesgerichts Dresden Hagenloch.
Samstag, 19. Januar 2013
Mit der Dienstaufsichtsbeschwerde allein begnügte ich mich allerdings nicht. Mein nächster Schritt galt dem sächsischen Landtag. Hierzu verfasste ich eine Petition.
Das Petitionsrecht steht in der Verfassung. Jeder Bürger kann sich bei seinem Landesparlament über seine Behandlung durch die öffentliche Hand beschweren und auf eine Abhilfe hinarbeiten. Es handelt sich hierbei allerdings nur um ein Placebo. Der Betroffene folgt meist seinem Gewissen, das es ihm nicht erlaubt, einfach einen Schlussstrich unter seine Erlebnisse zu ziehen.
Mit der Petition ist es wie mit einer Dienstaufsichtsbeschwerde. Sie kann formlos, ohne eine bestimmte Frist, also fristlos eingereicht werden und verläuft am Ende zwecklos.
Hiervon ging ich auch in meinem Fall aus. Meine Erwartungshaltung war zudem deshalb gering, weil mein ehemaliger Parteikollege aus der sächsischen FDP, der Landtagsabgeordnete Tino Günther, Vorsitzender des Petitionsausschusses war. Argwöhnisch fragte ich mich, ob meine Petition unter diesen Voraussetzungen überhaupt beim Landtag eingehen wird. Vielleicht war ich auch einfach nur ein gebranntes Kind.
Wegen meiner Zweifel versandte ich meine Petition außerdem an den Vertreter der Partei DIE LINKE im sächsischen Landtag, Klaus Bartl, der mich wenig später davon unterrichtete, die Petition erhalten zu haben. Bei dem Landtagsabgeordneten Bartl handelt es sich um einen der wenigen Politiker in Sachsen, der Betroffene in ihrem aussichtslosen Kampf gegen staatliche Willkür unterstützt.
Mittwoch, 27. Februar 2013
Es ist alles andere als schön, wenn sich böse Befürchtungen bestätigen. Nachdem ich über einen Monat nichts von meiner Petition gehört hatte – nicht einmal deren Eingang wurde mir bestätigt – wandte ich mich nicht mehr an den Vorsitzenden des Petitionsausschusses, sondern an den damaligen Präsidenten des sächsischen Landtags Dr. Rößler. Ich bat diesen darum, den Eingang meiner Petition zu bestätigen. Zu meinem Bedauern teilte mir der Landtagspräsident wenig später mit, meine Petition sei beim sächsischen Landtag nie eingegangen.
Das passte mal wieder hervorragend zu meinen Erfahrungen mit der herrschenden Kaste in Sachsen. Verlorengegangen war meine Petition mit Sicherheit nicht. Vielleicht wollte mein ehemaliger Parteikollege mir auch nicht weiterhelfen. Jedenfalls zweifle ich nicht daran, dass er die Petition erhalten hatte.
Freitag, 15. März 2013
Also wandte ich mich erneut an den sächsischen Landtag. Dieses Mal versandte ich meine Petition per Einschreiben, um den Zugang nachweisen zu können. Wenig später erhielt ich die Nachricht, meine Petition liege dem Petitionsausschuss vor. Er werde sich in den kommenden Wochen mit ihr befassen.
Das geschah dann sogar. Die Antwort, die ich erhielt, überraschte mich in ihrer Schärfe allerdings doch. Es sei bei meiner Behandlung alles mit rechten Dingen zugegangen. Vor allem Prof. Dr. Milbradt habe sich nichts vorzuwerfen, wie dieser selbst in einer Landtagsrede – die man mir gleich übermittelte – ausgeführt hatte.
Nun ja. Wenn Prof. Dr. Milbradt sich ein fehlerfreies Handeln bescheinigt, gab es daran für die Vertreter der CDU im Petitionsausschuss nichts zu zweifeln. Also wies der Ausschuss meine Petition mit den Stimmen der CDU ab.
Auf meine Dienstaufsichtsbeschwerde erhielt ich eine ähnliche Antwort. Sowohl die sächsische Justiz als auch die beteiligten Finanzämter hätten in meinem Fall nur geltendes Recht angewendet. Dies mag aus deren Sicht sogar stimmen.
Wovon träumten diese Herren eigentlich sonst?