Es ist ein erstaunliches Schauspiel. Die EU, einst als Friedensprojekt gefeiert, mutiert in der öffentlichen Debatte zunehmend zum Mutanten: Halb Demokratie, halb Technokratie, halb NGO-Förderverein. Ja, auch in Brüssel scheint man der Mathematik nicht mehr ganz zu trauen. https://www.nius.de/kommentar/news/milliarden-fuer-fragwuerdige-ngos-ein-beweis-fuer-europas-politische-verwahrlosung/6e1385a8-edf2-4d76-aa66-1f0dda0a136f
Manche Kommentatoren, denen ihre Freiheitsliebe aus allen Poren tropft, sehen in der Union einen supranationalen Leviathan, der mit Steuermilliarden durch die Lande zieht, um unter dem Deckmantel des Fortschritts neue Sendeformate für die moralisch Erleuchteten zu produzieren. Die öffentliche Meinung sei nicht etwa Ergebnis pluralistischer Debatte, sondern Produkt politisch finanzierter Meinungspflege. Von der Leyen, Habeck und Konsorten als Puppenspieler eines „hybriden Rechtsstaats“ – das klingt fast schon nach Netflix.
Und wie es sich für ein gutes Drehbuch gehört, gibt es auch einen dramaturgischen Höhepunkt: Der gläserne Bürger als Hauptfigur, seine Daten als Währung, sein Vertrauen als Kollateralschaden. Die EU als Kontrollmaschine, die mit KI, ESG und dem AI Act gleich auch noch das Denken standardisiert. Eine digitale Brüsseler Verwaltungseinheit, die weiß, was gut für uns ist – und vor allem: was nicht.
Wer das hinterfragt, gilt als Populist. Wer fragt, wie viele NGO-Millionen wofür verwendet werden, als Querulant. Wer sich darüber wundert, dass sich in Schlüsselpositionen mit schöner Regelmäßigkeit die Mittelmäßigkeit durchsetzt, wird zum Europafeind erklärt. Ein Schelm, wer da an strukturelles Versagen denkt. Oder an die unausgesprochene Karriereformel: Je weniger Profil, desto weniger Angriffspunkte.
Natürlich ist das alles überspitzt. Aber wie sonst soll man mit einem hybriden Staatswesen umgehen, das sich zwischen Regelungswut und Realitätsverlust immer häufiger selbst verliert? Vielleicht hilft Galgenhumor. Vielleicht hilft Klartext. Sicher hilft beides nicht bei der nächsten Förderanfrage.
Man kann die EU reformieren wollen, ohne sie gleich abschaffen zu wollen. Man darf sie kritisieren, ohne in die Ecke der ewig Gestrigen gestellt zu werden. Und man sollte die Frage stellen dürfen, wie viel demokratische Kontrolle ein Gebilde noch hat, in dem Kommissionen Gesetzesinitiativen einbringen, die Parlamente kaum stoppen können und NGOs sich im Schatten der Legitimation bequem eingerichtet haben.
Was bleibt? Vielleicht die Hoffnung auf eine Rückbesinnung auf den Rechtsstaat, der sich nicht selbst zur Steuerzentrale moralischer Umerziehung macht. Und auf Politiker, die ihren Posten nicht nur besetzen, sondern auch ausfüllen.